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Bündnis für Gesundheit: Eckpunkte für Reform

Bonn (im). Blieben die Budgets der Krankenkassen auf Dauer an die Grundlohnsumme gebunden, werde das Gesundheitswesen von der volkswirtschaftlichen Gesamtentwicklung abgekoppelt. Dann würde sich der Gesundheitssektor womöglich unterhalb des Zuwachses des Bruttoinlandproduktes entwickeln. Darauf hat das Bündnis für Gesundheit 2000 bei der Vorstellung seiner Eckpunkte einer künftigen Reform am 24. Mai in Berlin aufmerksam gemacht. Die 38 Organisationen, darunter die der Apotheker, hoben hervor, dass es zum ersten Mal ein übereinstimmendes Positionspapier aller Gesundheitsberufe Ų und damit der 4,2 Millionen Beschäftigten dieses Sektors Ų gibt. An die Politik erging die Forderung, den Versorgungsbedarf patientenorientiert und nicht budgetabhängig zu definieren.

Gesundheitsziele nötig

Im Eckpunktepapier wird die Orientierung an Gesundheitszielen unter Einbeziehung der Patienten für nötig gehalten. Mit zunehmender Lebenserwartung der Bevölkerung ergäben sich Veränderungen im Krankheitsspektrum, die berücksichtigt werden müssten. Ein zusätzlicher Versorgungsbedarf zeichne sich bei den Volkskrankheiten Diabetes, Asthma, Rheuma und Krebs ab. Versorgungsdefizite in der Arzneitherapie gebe es bei Multipler Sklerose, Hepatitis B/C sowie AIDS. Darüber hinaus gebe es noch Unterversorgung etwa der Schmerzpatienten. Auch werde beispielsweise über die Hälfte aller depressiven Patienten nicht ausreichend behandelt.

Alle Beteiligten sollten gemeinsam den Gesundheitssektor auf Unter-, Über- und Fehlversorgung überprüfen. Der Fortschritt im Gesundheitswesen und die demografische Entwicklung hätten zu einer Leistungsdynamik geführt, die mit der Mobilisierung vermeintlicher "Wirtschaftlichkeitsreserven" allein nicht mehr aufzufangen sei. So bewirkten zum Beispiel die Arzneibudgets Rationierung und verzögerten die Einführung von Innovationen. Die Budgets berücksichtigten weder die Innovationskomponente noch die bei einigen Krankheitsbildern bestehende Unterversorgung.

Mehr Eigenverantwortung

Das Bündnis für Gesundheit mahnt mehr Eigenverantwortung der Versicherten an. Gesundheitsförderung und Prävention hätten heute schon einen höheren Stellenwert als vor 20 Jahren. Das gehöre ausgebaut.

Zusätzliche Mittel

Das Bündnis für Gesundheit hält darüber hinaus zusätzliche Finanzmittel für die gesetzliche Krankenversicherung für nötig. Anstelle der ausschließlichen Anbindung der Kassen-Einnahmen an Löhne und Gehälter sollten andere Quellen hinzugezogen werden. Auf einen brisanten Faktor wird hingewiesen: Blieben die Ausgabentöpfe dauerhaft an die Grundlohnsumme gebunden, werde das Gesundheitswesen von der volkswirtschaftlichen Gesamtentwicklung abgekoppelt. Dann würde sich der Gesundheitssektor womöglich unterhalb des Zuwachses des Bruttoinlandproduktes entwickeln.

Gesundheitsleistungen müssten leistungsgerecht bezahlt werden. Unzumutbar seien die Haftungsregelung der Ärzte bei Budgetüberschreitung ebenso wie die Millionen unbezahlter Arbeitsstunden. Darüber hinaus seien auf dem Frauen-Arbeitsmarkt Gesundheitswesen schon jetzt niedrige Tarifgehälter an der Tagesordnung, heißt es weiter.

Leistungen abspecken

Der Leistungskatalog solle entrümpelt werden. Vor allem Mutterschafts- und Sterbegeld oder Haushaltshilfen gehörten steuerfinanziert. Allerdings solle das medizinisch Notwendige abgesichert bleiben. Durch Wahlmöglichkeiten könne der Versicherte seinem individuellen Bedürfnis nach Gesundheitsleistungen entsprechen. Im Bereich der Wellnessbewegung sollten Leistungen erschlossen werden, die außerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung finanziert werden.

Selbstbehalt nötig

Eine sozialverträgliche Selbstbeteiligung wird für nötig gehalten. Chronisch Kranke und einkommensschwache Patienten sollten jedoch vor Härten geschützt werden.

Das Bündnis für Gesundheit 2000, in dem auch die Apotheker mitwirken, hat seine Eckpunkte für eine künftige Reform des Gesundheitswesens vorgestellt. Damit haben sich erstmals alle Gesundheitsberufe auf ein gemeinsames Positionspapier geeinigt. Darin appellieren sie an die Eigenverantwortung der Versicherten und fordern u.a. eine Entrümpelung des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung.

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