Berichte

Pharmaziegeschichtliches Seminar

Am 1. Mai veranstaltete die Landesapothekerkammer Baden-Württemberg das 21. Pharmaziegeschichtliche Seminar in Tübingen unter der Leitung von Prof. Dr. Armin Wankmüller.

Oldenburger Apotheken

Der Apotheker und Genealoge Wolfgang Büsing aus Oldenburg berichtete über die Geschichte der Oldenburger Apotheken. Die erste öffentliche Apotheke der norddeutschen Residenzstadt wurde von dem regierenden Grafen 1598 gegründet. Zehn Jahre später ging diese Apotheke in Privatbesitz über. Bis 1637 erfolgten zwei weitere Apothekengründungen, und 1651 erhielten die drei Apotheken ein Privileg, das sie vor weiterer Konkurrenz in Oldenburg und Umgebung schützte. Danach blieben die drei Apotheken bis ins 20. Jahrhundert hinein unter sich. Die gesicherten wirtschaftlichen Verhältnisse spiegeln sich in stattlichen Apothekengebäuden und in wahren "Apothekerdynastien" wider, die über mehrere Generationen hinweg im Besitz der Apotheken waren. Genannt seinen die Familien Dugend und Kelp.

Im Gegensatz zu den meisten norddeutschen Städten war der Rat der Stadt Oldenburg nie im Besitz einer eigenen Apotheke. Andererseits nahmen die Apotheker, die der gehobenen Bürgerschicht angehörten, städtische Ehrenämter wahr und leisteten ihren Beitrag zur Selbstverwaltung der Stadt.

Die Württembergische Pharmakopöe von 1847

Apothekerin Mali Wetenkamp, Doktorandin in Tübingen, berichtete über das Thema ihrer pharmaziegeschichtlichen Dissertation, die Pharmakopöe für das Königreich Württemberg von 1847. Bereits 1822 hatte das württembergische Ministerium des Inneren das Medizinalkollegium beauftragt, die Grundzüge für eine neue Pharmakopöe zu entwerfen, die die 1798 erschienene, längst veraltete 6. Ausgabe der Pharmacopoea Wirtenbergica als amtliches Arzneibuch ersetzen sollte. Zur Ausarbeitung der Pharmakopöe wurde eine eigene Kommission eingesetzt. Deren Entwurf wurde 1845 gedruckt, damit sich alle Apotheker und Ärzte Württembergs ausführlich damit befassen konnten, um dann ihrerseits Verbesserungsvorschläge zu machen. Nun verging noch gut ein Jahr, bis die neue Pharmakopöe im Druck erschien, allerdings nicht, wie damals üblich, in lateinischer, sondern in deutscher Sprache.

Die Wahl der Sprache war von allen Beteiligten intensiv diskutiert worden. Während die Medizinische Fakultät in Tübingen sich für die deutsche Sprache aussprach, befürchteten die praktizierenden Ärzte, dass die württembergischen Pharmazeuten bald nicht mehr in der Lage wären, lateinisch abgefasste Vorschriften zu verstehen. Ähnlich argumentierte das Medizinalkollegium: "Die Promulgierung einer ausschließlich in deutscher Sprache verfassten Pharmakopöe würde unfehlbar die Folge auf die Pharmazeuten haben, dass sie in derselben eine Berechtigung für sich zur Vernachlässigung der lateinischen Sprache ... erkennen würden."

Dem widersprach das Innenministerium: Man könne voraussetzen, dass jemand, der sich zu Erlernung des Apothekerberufs entschieden hat, über eine ausreichende gymnasiale Ausbildung und somit über lateinische Grundkenntnisse verfügt. Dieser Meinung schloss sich das Medizinalkollegium an: "Die in Württemberg bestehenden Gesetze machen gehörige Kenntnisse in der lateinischen Sprache zu einer Hauptbedingung der Zulassung zur Erlernung der Pharmazie, und den Ausweis über die Erhaltung dieser Kenntnisse zur Bedingung der Fähigkeitserklärung für eine Gehilfenstelle."

Was die Naturwissenschaften betrifft, so tendierten die Meinungen dahin, dass sich chemische Prozesse in deutscher Sprache, botanische Beschreibungen aber in lateinischer Sprache am verständlichsten ausdrücken ließen. Schließlich setzte das Innenministerium gegen manchen Widerstand per Erlass die deutsche Version durch, sodass Württemberg als erster deutscher Staat ein amtliches Arzneibuch in deutscher Sprache erhielt. Es ist 1989 als Reprint nachgedruckt worden und im Buchhandel erhältlich.

Die Entdeckung des Morphins

Dr. Klaus Meyer, der Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie, referierte über Friedrich Wilhelm Sertürner (1783-1841), den Entdecker des Morphins. Sertürner war ein etwa 20-jähriger Apothekergehilfe in Paderborn, als ihm die bahnbrechende Isolierung des wirksamen Prinzips im Opium, das er selbst "Morphium" nannte, gelang. Sertürner charakterisierte die neue kristallisierbare Reinsubstanz und führte mit ihr pharmakologische Untersuchungen an einem Hund durch. Seine Entdeckung, die er 1805 in Trommsdorffs Journal der Pharmacie veröffentlichte, stieß jedoch in der Fachwelt auf Kritik, weil damals nur Säuren als pflanzliche Wirkstoffe bekannt waren, während Sertürner (richtig) behauptete, dass das Morphin eine Base sei.

Erst gut zehn Jahre später erkannte man, dass Sertürner mit dem Morphin den ersten Vertreter einer ganzen Klasse von pflanzlichen Sekundärstoffen, nämlich der Alkaloide, entdeckt hatte. Von diesen Alkaloiden war das Chinin anfangs bei weitem das wichtigste. Morphin wurde zwar auch in einigen Arzneibüchern monographiert, spielte aber wegen seines emetischen Potenzials in der medizinischen Praxis vorerst keine große Rolle. Erst nachdem der französische Chirurg Charles-Gabriel Pravaz eine neue Injektionsspritze erfunden hatte, mit der Morphin parenteral verabreicht werden konnte, setzte sich Morphin als wichtiges, oft unentbehrliches Analgetikum durch.

Auf seinem weiteren Berufsweg ließ sich Sertürner zunächst in Einbeck, dann in Hameln als Apotheker nieder. Er befasste sich weiterhin mit wissenschaftlichen Problemen, z.B. mit der Entstehung der Cholera, doch blieben ihm weitere epochale Entdeckungen versagt. cae

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