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Zurück aus San Francisco, zurück aus einer anderen (Pharmazie-)Welt. In der kalifornischen Stadt mit der berühmten Hängebrücke fand der erste Weltkongress der Pharmazeutischen Wissenschaften statt, der Millennium-Kongress. Eingeladen hatten sieben große pharmazeutische wissenschaftliche Gesellschaften. Erstes Fazit des Kongresses:

Geboten wurde pharmazeutische Wissenschaft vom Feinsten, High-end-Forschung aus pharmazeutischen Disziplinen. Nur leider wenig aus good old germany. Das Kongressgeschehen - inhaltlich und von der Zahl der Teilnehmer her - dominierten die Vereinigten Staaten und Japan. Bewegte man sich in dieser Kongresswelt der pharmazeutischen Wissenschaften, drängten sich mir Fragen auf: Hat die einst große deutsche Pharmazie mit ihren berühmten Namen und Epoche machenden Entdeckungen den Anschluss an die neue Welt verpasst? Spielt deutsche pharmazeutische Hochschulforschung auf dem internationalen Parkett keine Rolle mehr? Oder überhaupt: Woran liegt es, dass wir auf internationalen Kongressen so wenig präsent sind?

Diese Fragenkette lässt sich weiter fortführen: Fehlen bei uns die klugen Köpfe, fehlt es an Geld, ist die Struktur der deutschen Hochschule reformbedürftig, liegt es an der mangelnden Zusammenarbeit mit der Industrie? Oder ist unsere Bildungspolitik der letzten Jahre schuld? Liegt es an der mangelnden Fähigkeit, sich englisch auszudrücken? Wurde unser Kapital in Deutschland, die Ausbildung, vernachlässigt? Werden pharmazeutische High-tech-Unternehmen die Greencard für wissenschaftliche Mitarbeiter fordern? Von San Francisco aus gesehen ist Deutschland zur pharmazeutischen Provinz abgestiegen. Ich will es nicht glauben.

Immerhin, ein paar wenige Pharmazeuten aus Deutschland haben erkannt, wie wichtig es ist, sich international zu präsentieren. Zum Beispiel Professor Schunack, Berlin, der einen beeindruckenden Plenarvortrag aus seinem Forschungsgebiet hielt. Oder Professor Blume, der schon am Anfang seiner beruflichen Laufbahn Kontakte zum Ausland aufgebaut hat und sie pflegt. Oder Professor Kissel aus Marburg, der weiß, wie wichtig es ist, Kontakte zur Industrie und zum Ausland zu unterhalten. Oder Professor Dingermann, der ebenfalls auf vielen ausländischen Kongressen präsent ist und dem zu verdanken ist, dass die Doktorandentagungen der DPhG auf die Beteiligung ausländischer Doktoranden ausgedehnt wurde und auch in Frankfurt die Tagungssprache Englisch ist.

Natürlich gibt es neben diesen Namen noch weitere Hochschulpharmazeuten, die an zahlreichen anderen ausländischen Kongressen teilnehmen - nur es gibt auch diejenigen, die so gut wie nie den Dunstkreis ihres Instituts verlassen haben. Das, so meine ich, lässt sich auf Dauer nicht durchhalten, dann nämlich heißt es tatsächlich: Anschluss verpasst.

Auch das ist San Francisco: Einerseits pharmazeutische High-end-Forschung, andererseits dann Drugstore-Chain-Pharmacy à la Walgreens, Rite Aid oder Eckerts - die andere Seite der schönen neuen Welt. Doch man darf auch hier nicht nach dem äußeren Schein gehen. Denn pharmazeutische Beratung wird in den meisten Drugstores intensiv in der prescription corner geleistet. Und klinische Pharmazie - der Apotheker am Krankenbett - ist für nicht wenige US-Pharmazeuten kein Schlagwort, sondern Realität. Also doch schöne neue Welt?

Bleiben wir in Deutschland: Zahlreiche bekannt gewordene Fälle illegaler Rezeptzuweisungen zwischen Ärzten und Patienten über den Kopf des Patienten hinweg haben die ABDA alarmiert. Gesetzesverstöße, so eine Resolution des Gesamtvorstands, sollen konsequent aufgeklärt werden. Hier sind auch die staatlichen Aufsichtsbehörden gefordert. Ich denke, es ist höchste Zeit!

Schöne neue Welt dank Lectinologie und Gentechnologie? Machen Sie sich selbst ein Bild, lesen Sie den Beitrag zur Lectinologie und schmunzeln Sie über unser nachösterliches Cartoon.

Peter Ditzel

Anschluss an die schöne neue Welt?

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