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APV-Kongress: Pharmaindustrie – eine boomende Hightech-Branche

BERLIN (apv). "Die forschende Arzneimittelindustrie ist eine international tätige, zukunftsträchtige Hightech-Branche", erklärte Apotheker Dr. Günther Hanke, Präsident der Arbeitsgemeinschaft für Pharmazeutische Verfahrenstechnik e. V. (APV) anlässlich des "3rd World Meeting on Pharmaceutics, Biopharmaceutics and Pharmaceutical Technology" in Berlin. Rund 1000 pharmazeutische Experten aus 40 Ländern trafen sich vom 3. bis 6. April zu diesem internationalen Kongress der von der APV mit Sitz in Mainz sowie deren französischer Partnergesellschaft "Association de Pharmacie Galénique Industrielle" (APGI) veranstaltet wurde.

Bei einem Pressegespräch im Rahmen des Kongresses äußerte sich Hanke zur Situation der Pharma-Forschung in Deutschland und Europa. Die pharmazeutische Industrie in Deutschland beschäftige rund 121 000 Menschen, von denen allein 74 000 bei forschenden Arzneimittelherstellern tätig seien. Um deren Arbeitsplätze zu erhalten, investiere die pharmazeutische Industrie durchschnittlich 5,2 Prozent ihres Jahresumsatzes und liege damit deutlich vor anderen Industriezweigen. Ein wesentlicher Faktor für den Pharma-Standort Deutschland ist nach Hankes Auffassung der hohe Ausbildungs- und Wissensstand der Beschäftigten. Die APV wolle mit ihrem breiten Angebot an wissenschaftlichen Seminaren und Kongressen mit dazu beitragen, diesen hohen Ausbildungs- und Wissensstand zu erhalten.

Misere an deutschen Universitäten

Über die desolate Lage der deutschen Hochschulen äußerte sich Prof. Dr. Rainer H. Müller vom Fachbereich Pharmazie der Freien Universität Berlin anlässlich dieses Kongresses in Berlin. Geldknappheit, Mittelkürzungen, hohe Studentenzahlen im Verhältnis zu den vorhandenen Ressourcen und fehlende Flexibilität der Universitäten durch Einbindung in zu starre gesetzliche Rahmenbedingungen, wie öffentliches Dienstrecht oder Haushaltsvorschriften der öffentlichen Hand, kennzeichneten die Situation der deutschen Universitäten.

Die Ursachen für die Misere sieht Müller sowohl in Versäumnissen und Fehlplanungen des Staates als auch in dem von den Universitäten selbst zu verantwortenden ungenügenden oder zu langsamen Strukturwandel. Wenn der Staat die notwendigen Aufgaben nicht mehr leisten könne, müsse er auch unpopuläre Entscheidungen treffen und sozialverträgliche Studiengebühren einführen. Die Politik stehe vor der Entscheidung, entweder schlecht ausgestattete Universitäten und demzufolge schlecht ausgebildete Akademiker zu haben oder die Realitäten einzusehen und eine Zusatzfinanzierung über Studiengebühren zu realisieren.

Glucosebestimmung ohne Blutentnahme

Für viele Diabetiker, die regelmäßig ihren Blutzuckerspiegel messen müssen, ist der Nadelstich in die Fingerkuppe ein unangenehmes Alltagsritual. Sie können jetzt hoffen, dass ihnen diese Prozedur schon bald erspart bleibt: Auf dem Kongress wurde ein Verfahren vorgestellt, das den Glucosespiegel über das Gewebe misst und so die lästige Blutentnahme aus der Fingerkuppe überflüssig macht. Das Verfahren wurde im Arbeitskreis von Prof. Dr. Richard H. Guy im Forschungszentrum der Universitäten Genf und Lyon (Centre Interuniversitaire de Recherche et d'Enseignement "Pharmapeptide") in Archamps, Frankreich entwickelt und befindet sich derzeit in der Phase der klinischen Erprobung.

Nach Abschluss einer in Kürze beginnenden größeren Studie solle für das Verfahren, so Guy, unter dem Namen "GlucoWatch" die Zulassung durch die amerikanische Food & Drug Administration (FDA) beantragt werden. Bei der neuen Methode werden, wie Guy es ausdrückt, Substanzen aus dem Körper über die Haut "zurückgewonnen" und so einer messtechnischen Erfassung mittels spezieller Sensoren zugänglich gemacht. Dieses Prinzip wird inzwischen außer zur Glucosebestimmung auch zur quantitativen Erfassung anderer bioaktiver und körpereigener Substanzen eingesetzt.

Neue Behandlung von Gehirntumoren

Einige Gehirntumore gehören zu den aggressivsten Krebsarten überhaupt. Sie führen meistens in kürzester Zeit zum Tode, da es gegen sie noch keine wirksame Behandlungsmethode gibt. Beim internationalen Kongress der Arbeitsgemeinschaft für Pharmazeutische Verfahrenstechnik (APV) wurden erstmals Ergebnisse vorgestellt, nach denen bei Ratten die besonders aggressiven Glioblastome 101/8 mit Hilfe der so genannten Nanotechnologie zu 40 Prozent geheilt werden konnten. Diese Tumore galten bisher als nicht behandelbar und sind normalerweise innerhalb von zehn bis 20 Tagen tödlich. Die Nanotechnologie arbeitet mit Partikeln aus biologisch abbaubaren makromolekularen Materialien deren Durchmesser kleiner als ein tausendstel Millimeter ist. Diese Partikel werden als Träger für Arzneistoffe eingesetzt.

Hauptanwendungsziel ist die gezielte Steuerung des an sie gebundenen Arzneistoffs in ein bestimmtes Organ oder Gewebe. Zu diesen Stoffen gehört Doxorubicin, das bisher nicht gegen Gehirntumoren verwendet werden konnte, obwohl es ansonsten eines der wirksamsten Antikrebsmittel ist. In einer Kooperation des Instituts für Pharmazeutische Technologie der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt mit einer Moskauer Arbeitsgruppe fand man heraus, dass dieser Arzneistoff durch die Bindung an bestimmte, mit einem Überzug versehene Nanopartikel über die Blut-Hirn-Schranke hinweg ins Gehirn gelangte und in ersten Versuchen 40 Prozent der Ratten mit einem Glioblastom heilte.

Rund 1000 pharmazeutische Experten aus 40 Ländern trafen sich vom 3. bis 6. April in Berlin zum "3rd World Meeting on Pharmaceutics, Biopharmaceutics and Pharmaceutical Technology". Der internationale Kongress, der von der Arbeitsgemeinschaft für Pharmazeutische Verfahrenstechnik (APV) und ihrer französischen Partnergesellschaft APGI veranstaltet wurde, stellte die Pharmaindustrie als boomende Hightech-Branche vor.

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