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Tolle Tage in Stuttgart. Die Interpharm 2000 - sie war wirklich ein Fortbildungsfest, und das an allen drei Tagen.

Viel beachtet schon der Start am Freitag: das Suchtforum, gemeinsam von der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg und vom Deutschen Apotheker Verlag veranstaltet, zog mehr als 400 Besucher an. Der Südwestrundfunk machte das Thema Sucht und das Suchtforum der Apotheker zum Tagesthema. Referenten wurden interviewt. Und Referenten und Apotheker aus dem Arbeitskreis Sucht der LAK stellten sich am Hörertelefon den Fragen der interessierten SWR1-Hörer. Bei der abschließenden Diskussionsrunde war klar: wer die Apotheker bislang auf diesem Feld eher für Randfiguren gehalten hatte, sah sie nun mit ins Zentrum gerückt.

Karin Wahl, die LAK-Präsidentin, und Christiane Fahrmbacher-Lutz, vertraten die Pharmazie kompetent und schlagfertig - wie zuvor schon, als Referenten, Dr. Hermann Liekfeld und Dr. Ernst Pallenbach. Christa Nickels, Staatssekretärin im Gesundheitsministerium und Drogenbeauftragte der Bundesregierung, und der Suchtforscher Professor Karl Mann, Inhaber des bislang einzigen Lehrstuhls für Suchtforschung, zeigten sich beeindruckt. Ich bin sicher: dieser Tag wird Folgen haben - in den Köpfen, in den Einstellungen, über die Pharmazie hinaus. Aber, so ist zu hoffen, auch in der Pharmazie.

Selbstbewusstsein, Vertrauen in unsere Möglichkeiten, ist angesagt. Das zeigte auch der weitere Verlauf der Interpharm. Fortbildung auf Top-Niveau, auch jenseits eingefahrener Bahnen, zeigte neue Horizonte für die Pharmazie. Dort liegen Chancen, die allerdings nicht sicher sind, die verspielt werden können - auch durch eine selbst zerstörerische, larmoyante Schwarzmalerei. Darauf sollten wir nicht hereinfallen.

Wo liegen wirkliche Bedrohungen? E-Commerce, speziell der Internet-Versand von Arzneimitteln, wird in diesem Zusammenhang immer wieder angeführt. Ich denke, hier ist mehr Gelassenheit angezeigt. Dass E-Commerce in Europa wirklich durchschlägt, wesentlich mehr als z. B. der traditionelle Versandhandel, ist eher unwahrscheinlich. Eine Ausnahme mag der "B2B"-Bereich ("business to business") sein. Die Endverbraucher zeigen sich bislang eher abweisend - und das, obwohl kapitalstarke Konzerne mächtig Druck machen. Sie fürchten (wohl zu Recht), dass die gegenwärtigen Spekulationsblasen platzen könnten. Gerade für den Arzneimittelmarkt gilt: E-Commerce verspricht dort die Lösung von Problemen, die niemand hat.

Auch die zweite Drohkulisse erscheint wenig überzeugend. Amerika wird dabei als glühendes Vorbild für unser Gesundheitswesen hingestellt. Unsere soziale Krankenversicherung sei von vorgestern und nur noch ein Auslaufmodell. Richtig ist: rund 40 Millionen Amerikaner sind überhaupt nicht krankenversichert, die Versorgung ist teuer und außerhalb der großen Zentren oft elend schlecht, nur relativ wenige profitieren wirklich von den Möglichkeiten der Hochleistungsmedizin. Vor diesem Hintergrund sollten wir eher beherzigen, was uns der amerikanische Gesundheitsökonom Uwe Reinhardt empfiehlt: "Die Deutschen sollten ihr Gesundheitssystem reformieren, wie Krokodile Liebe machen: sehr, sehr vorsichtig".

Klaus G. Brauer

Highlights für die Pharmazie

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