Praxis

W. Schlemmer:Reisen und Gesundheit 2000

Der Ferntourismus boomt. Immer mehr Menschen reisen in Gebiete unserer Erde, in denen Gesundheitsgefahren auf den unerfahrenen Touristen lauern. Die reisemedizinische Beratung, auch in der Apotheke, wird daher immer wichtiger. Der dritte Tübinger Tag der Reisemedizin am 26. Februar 2000 und das erste Forum Reisen und Gesundheit im Rahmen der Internationalen Tourismusbörse (ITB) am 10./11. März 2000 in Berlin boten rund 30 Referate aus allen Gebieten der Reisemedizin. In zwei Teilen bringen wir eine Zusammenfassung der für die Apotheke relevanten Themen. Den zweiten Teil veröffentlichen wir in einer der nächsten Ausgaben der DAZ.

Aktuelle Informationen vom "Centrum für Reisemedizin"

Der Hauptveranstalter des ersten Forums Reisen und Gesundheit in Berlin war das Centrum für Reisemedizin Düsseldorf (CRM), unter Leitung von Prof. Dr. Erich Kröger. Das CRM wurde 1988 in Eigeninitiative einer Gruppe tropenmedizinisch erfahrener Ärzte als gemeinnütziges Institut gegründet. Selbstgestellte Hauptaufgabe ist, die zahlreichen für die Beratung der Reisenden relevanten Veröffentlichungen und Meldesysteme zum Weltinfektionsgeschehen und zu Gesundheitsrisiken zu bündeln und für Fach- und Laienpublikum verständlich aufzubereiten. Die vom CRM aufgebaute Datenbank ermöglicht aktuellere und präzisere Aussagen zum Beispiel über regionale Epidemien oder Veränderungen des Malariarisikos durch klimatische Veränderungen als es zum Beispiel medizinische Lehrbücher tun können. Gegen eine Servicegebühr stellt das CRM diese Auswertung Ärzten und Apotheken zur Verfügung. Da für die Beratungen der Reisenden mit den aktuellen Informationen des CRM Spezialwissen erforderlich ist, bildet das CRM seit 1991 Ärzte, Praxispersonal und Apotheker auf dem Gebiet der Reise- und Tropenmedizin aus, die Fortbildungsseminare schließen mit Prüfung und Zertifikat ab. Laut Professor Kröger haben bereits 1500 deutsche Apotheken ein solches Zertifikat, das sich auf einen oder mehrere Mitarbeiter der Apotheke bezieht (siehe hierzu auch die Kästen).

Krank nach Rückkehr aus den Tropen - was ist zu beachten?

In Deutschland seltene Krankheiten wie Malaria tropica, Typhus, Amoebiasis, Leptospirose, Kala-Azar und Katayama-Fieber werden in der Diagnose meist erst bei Komplikationen berücksichtigt und enden nicht selten letal, obwohl sie im Frühstadium durchaus hätten geheilt werden können.

Am Ableben der Betroffenen sind als wesentliche Faktoren der unaufgeklärte Patient, die Missachtung prophylaktischer Maßnahmen durch Arzt und Patient, das Unterschätzen möglicher fulminanter Krankheitsverläufe bei klinisch und labortechnisch wenig bedrohlich erscheinendem Status und die Zurückhaltung im Einholen von Fachkonsilien beteiligt.

  • Malaria: Bei den gut analysierten deutschen Malariatoten waren meistens alle der genannten Faktoren mit verantwortlich. die Letalität der Malaria ist in Deutschland mit 2,5 Prozent weiterhin signifikant höher als in vergleichbar entwickelten Ländern. Hier hat der aufgeklärte Reisende im Vergleich zu seinem Arzt offenbar bessere Fortschritte gemacht. Ebenfalls war die Inzidenz der importierten Malaria trotz zunehmender Reisetätigkeit in den letzten Jahren rückläufig. Die Notwendigkeit einer individuell angepassten Malariaprophylaxe sowie der Malariafrühdiagnostik und -therapie nach Maßgabe der DTG-Leitlinien muss aber weiterhin betont werden. Nachholbedarf besteht in der Aufklärung der "erfahrenen Tropengänger", die meistens keine Ratschläge von in Deutschland praktizierenden Ärzten akzeptieren.
  • Typhus: Der Typhus abdominalis tritt in Deutschland ganz überwiegend als Reisekrankheit auf. Wegen des typischerweise bis auf die Aneosinophilie unauffälligen Blutbildes und des klinisch wenig ergiebigen Befundes, wird die mittels Blutkultur leicht zu stellende Diagnose häufig verzögert.
  • Amoebiasis: Die invasive Amoebiasis äußert sich am häufigsten als fulminante Amoebenkolitis oder als Amoebenleberabszess. Die Amoebenkolitis wird rasch lebensbedrohlich, wenn sie unter der Annahme einer chronisch entzündlichen Darmkrankheit immunsuppressiv behandelt wird. Der Amoebenleberabszess, der als Kolliquationsnekrose rasch an Größe zunehmen und perforieren kann, wird insbesondere dann differentialdiagnostisch nicht angemessen berücksichtigt, wenn wegen einer langen Inkubationszeit ein vorangegangener Tropenaufenthalt als hinweisende Anamnese nicht beachtet wird.
  • Leptospirose: Die Leptospirose wird erst bei Komplikationen typisch, wenn sie sich nämlich als Weil-Krankheit mit Ikterus und Blutungsneigung präsentiert. Eine antibiotische Therapie ist aber nur im Frühstadium erfolgreich. Nach Fernreisen soll daher die anamnestische Schlüsselfrage nach einem Binnenwasserkontakt nicht nur der Schistosomiasis, sondern auch der Leptospirose gelten. Noch zu wenig bekannt ist, dass Leptospiren mit den üblichen Blutkulturen nicht nachgewiesen werden können.
  • Katayama-Fieber: Das Katayama-Fieber (akute Schistosomiasis, akute Bilharziose) äußert sich typischerweise etwa sechs Wochen nach Kontakt mit Binnengewässern in Bilharziosegebieten als akute fieberhafte Erkrankung mit Leber-Milz-Vergrößerung, Atembeschwerden, Eosinophilie (Vermehrung der eosinophilen Granulozyten im peripheren Blut) und Urtikaria (Nesselsucht).
  • Kala-Azar: Die zeitgerechte Diagnostik der visceralen Leishmaniasis, der Kala-Azar, wird häufig dadurch behindert, dass die Patienten wegen des eher schleichenden Krankheitsverlaufes mit zunehmenden panzytopenischen Blutbildveränderungen und kontinuierlich zunehmender Splenomegalie, nicht selten in hämatologisch-onkologischen Fachabteilungen landen. So kommt es sogar in Großkliniken der Maximalversorgung durchaus immer wieder vor, dass die Diagnose, wenn überhaupt, erst postmortal gestellt wird, obwohl die infektiologisch-klinische und -labortechnische Expertise vor Ort verfügbar gewesen wäre. Auch hier wird auf die im Vergleich zur parazytologischen Diagnostik bequemere und empfindlichere PCR-Diagnostik, vorzugsweise mit Knochenmark, verwiesen. Die systemische Therapie mit liposomalem Amphotericin B hat im Gegensatz zur traditionellen Therapie mit Meglumin oder Stibogluconat praktisch keine arzneimittelbedingte Letalität mehr. Die simultane immunmodulatorische Therapie mit Interferon-Gamma begünstigt den Heilungsverlauf zusätzlich.
  • Diarrhö: Für den akuten Durchfall sind meistens bakterielle Infektionen oder durch bakterielle Toxine verunreinigte Nahrungsmittel verantwortlich (z. B. Escherichia, Campylobacter, Salmonella, Shigella, Bacillus spp.). Seltener ist die fulminante Amoebencolitis, die klinisch und endoskopisch der Colitis ulcerosa ähnelt, die Ursache. Gelegentlich führt auch die Giardiasis (Lambliasis, Infektion mit Giardia lamblia) zu einer akuten Diarrhö.
  • Hautveränderungen (Dermatosen): sind bei jedem dritten Tropenreisenden der Grund für eine ärztliche Konsultation. Dabei stehen bakterielle Infektionen mit Streptokokken und Staphylokokken im Vordergrund (Pyroderma), die meistens eine systemische antibiotische Therapie entsprechend der mikrobiellen Sensibilitätsprüfung benötigen. Die Pilzinfektionen werden in der Reisemedizin am häufigsten durch harmlose Formen repräsentiert (Tinea, Pityriasis versicolor). Einige tropentypische Dermatosen wie Myiasis (Fliegenmadenbefall), Tungiasis (Sandflohbefall), Scabies (Krätze) und Larva migrans cutanea (Wurmlarvenbefall) können vom Kundigen durch Blickdiagnose identifiziert und effektiv behandelt werden. Langsam entstehende und persistierende Hautläsionen sollen bioptisch mit Hilfe spezialisierter Laboratorien abgeklärt werden, damit insbesondere eine Leishmaniasis und Mycobacteriosen (zum Beispiel Buruli-Ulcus) nicht übersehen werden.

Ärztliche Vorsorgeempfehlungen für Trekking in großen Höhen

Neben Unfällen, allgemeinen Gesundheitsstörungen und reisetypischen Erkrankungen stehen höhentypische Gesundheitsstörungen im Vordergrund. Sauerstoffmangel kann dabei nicht nur zu den verschiedenen Formen der akuten Höhenkrankheit führen (akute Bergkrankheit AMS = Acute Mountain Sickness), Höhenhirnödem (HACE = High Altitude Cerebral Edema) und Höhenlungenödem (HAPE = High Altitude Pulmonary Edema) mit gefährlichen Wasseransammlungen in Gehirn oder Lunge, sondern auch indirekt gefährlich werden bei Vorerkrankungen des Herz-Kreislaufsystems, der Atmungsorgane, aber vor allem auch durch Kälteschäden, Thrombosen und Thromboembolien. Beispielsweise erreichen von den vielen Touristen, die jährlich den ca. 6000 Meter hohen Kilimandscharo besteigen wollen, nur 15 Prozent den Gipfel. Die weltweite Inzidenz der akuten Höhenkrankheit liegt bei 30 bis 50 Prozent. Niemand muss höhenkrank werden, wenn er die taktischen Regeln zur ungestörten Anpassung beachtet:

Die Reaktion des Körpers auf den verminderten Luftdruck und damit auch verminderten Sauerstoffteildruck in der Einatmungsluft (hypobare Hypoxie) ist zeitabhängig. Nur bei langsamer Exposition erfolgt eine ungestörte Anpassung. Der Zeitbedarf ist individuell verschieden, nicht vorhersehbar und hängt ab vom aktuellen Gesundheitszustand, der Ausgangshöhe, der Geschwindigkeit des Aufstiegs, dem relativen Höhenunterschied, der absolut erreichten Höhe, aber nicht vom Ausdauertrainingszustand. Akklimatisation erfolgt stets stufenweise ab einer Schwellenhöhe von 2500 und nur bis 5300 Meter. Maßgeblich ist immer die Schlafhöhe. Sie sollte immer unter der bisher höchst erreichten Tageshöhe liegen und Höhendifferenzen von 600 Metern nicht übersteigen. Die körperliche Belastung muss immer im sicher aeroben Leistungsbereich, das heißt deutlich unterhalb der Ausdauerleistungsgrenze liegen. Viele vergessen: Höhe bedeutet automatisch Zunahme der Belastung für den Körper bei gleichem Tempo.

Je besser jemand trainiert ist, desto besser ist seine Sauerstoffbewertung in der arbeitenden Muskelzelle. Wenn der Atem schneller wird, sollten jedoch gerade Anfänger am besten mit Hilfe der individuellen Pulszahl kontrollieren, ob sie gerade ihre Leistungsgrenze erreicht haben. Der Puls sollte dabei auf keinen Fall schneller sein als nach folgender Faustregel berechnet: 220 minus Lebensalter x 0,7 bis 0,8. Auch ohne die Höhe seines Pulses zu kennen, gibt es eine einfache Möglichkeit, die körperliche Belastung in Grenzen zu halten. Solange noch eine Unterhaltung möglich ist, ist die Sauerstoffverwertung im Körper noch optimal.

Maßgeblich für Tempo und Höhentaktik einer Gruppe ist Akklimatisationsfähigkeit und niemals die Leistungsfähigkeit. Nur beschwerdefrei höher steigen und chronisch unterfordern! Medikamentöse Akklimatisationshilfen sind bei richtiger Taktik nicht erforderlich. Risikofaktoren sind vor allem bestimmte Herz- und Lungenkrankheiten und eine bekannte individuelle Höhenunverträglichkeit. Auslösende Faktoren sind Missachtung der Spielregeln "Nie zu schnell zu hoch", Atemwegsinfekte, Durchfall, zentral dämpfende Medikamente (Schlafmittel, Schmerzmittel, Codein, Alkohol) und Angst (unprepared to travel in Asia).

Bergsteiger ohne Höhenerfahrung müssen die Frühzeichen einer gestörten Anpassung kennen (Kopfschmerzen, die nicht auf Schmerzmittel reagieren), Gangunsicherheiten und fehlende Koordination von Bewegungsabläufen und plötzlicher Leistungsabfall) und sofort mit Rast auf gleicher Höhe reagieren sowie bei Verschlechterung gleich absteigen. Die Notfalltherapie schwerer Verlaufsformen mit Sauerstoff, hyperbarer Kammer, Nifedipin und Dexamethason kann niemals den einzig rettenden rechtzeitigen Abtransport ersetzen. Unter richtiger Beratung und Höhentaktik bleiben über 80 Prozent der risikobelasteten Personen bei künftigen Unternehmungen symptomfrei.

Ärztliche Vorsorgeempfehlung für den Tauchsporturlaub

Der Taucher setzt sich Gesundheitsgefahren aus, die aus dem von der Tauchtiefe abhängigen höheren Umgebungsdruck, der unphysiologischen Pressluftatmung, vom umgebenden Medium Wasser sowie von der dort vorherrschenden Flora und Fauna ausgehen. Neben einer guten körperlichen Leistungsfähigkeit sind Kenntnisse der physikalischen und physiologischen Vorgänge beim Tauchen in Verbindung mit Sicherheitsbewusstsein und Verantwortungsgefühl wesentliche Voraussetzungen dafür, dass bei den Tauchgängen keine, vor allem keine lebensbedrohlichen Komplikationen auftreten. Die technische Ausrüstung des Tauchers ist bei entsprechender Wartung und sorgfältiger Handhabung inzwischen äußerst sicher geworden, so dass fast alle Zwischenfälle beim Tauchen auf menschlichen, physiologischen oder psychologischen Unzulänglichkeiten des Tauchers beruhen.

Neben einer grundsätzlichen Tauchtauglichkeit, die durch eine ärztliche Untersuchung festgestellt werden muss, bestimmt die Tagesform des Tauchers, ob ein Tauchgang unternommen werden kann oder nicht. Tauchgänge dürfen nur bei absolutem Wohlbefinden und umeingeschränkter körperlicher Leistungsfähigkeit durchgeführt werden. Bereits ein grippaler Infekt oder eine durchzechte Nacht können zur Tauchuntauglichkeit führen. Sowohl beim Abtauchen als beim Auftauchen muss konsequent auf Druckausgleich geachtet werden.

Abhängig von Tiefe und Dauer des Tauchganges müssen dann auch die Pausen zur Dekompression eingehalten werden, um einer grundsätzlich lebensbedrohlichen Dekompressionskrankheit vorzubeugen. Neben Tabellen helfen dabei auch die modernen Tauchcomputer. Um trotz korrekter Dekompression nach einem Tauchgang keine Gefahr einer Dekompression einzugehen, sollten zwischen dem letzten Tauchgang und der Flugreise mindestens 12, besser 24 Stunden liegen.

Jetlag - der richtige Umgang mit der Zeitverschiebung

Nach Flügen über mehrere Zeitzonen können Symptome des Jetlag, das heißt Störungen der inneren Uhr auftreten. Sie äußern sich in Befindlichkeitsstörungen wie Schlafstörungen, Konzentrations- und Aufmerksamkeitseinschränkungen, aber auch Körperfunktionen sind davon betroffen. Dies gilt für die Nierenfunktionen, die Körpertemperatur, die Konzentration von körpereigenen Hormonen bis hin zur Beeinflussung des Herz-Kreislaufsystems.

Ursache der Störungen ist, dass fast alle somatischen und mentalen Funktionen durch innere Uhren gesteuert werden. Bei allen Säugern, einschließlich des Menschen, ist die "Hauptuhr" in einem Kerngebiet des Hypothalamus, dem Nucleus suprachismaticus (SCN) zu lokalisieren. Die Funktionen des SCN müssen - wie alle neuronalen Strukturen - ausreifen und, was für die Jetlag-Symptomatik von Bedeutung ist, können nicht sofort wie eine Armbanduhr auf die "neue" Zeit am Zielort umgestellt werden.

Untersuchungen beim fliegenden Personal haben gezeigt, dass nach einer Zeitzonenverschiebung von sechs Stunden (Flug Frankfurt - New York) rhythmische Körperfunktionen wie die Körpertemperatur, der Schlaf-Wach-Rhythmus, die Cortisolkonzentration, zwei bis siebzehn Tage brauchen, um sich den neuen Zeitstrukturen anzupassen. Es bestehen also sehr große Unterschiede in der individuellen Synchronisationsgeschwindigkeit. Die Symptome des Jetlag ergeben sich aus der zeitlich unterschiedlichen Geschwindigkeit der Anpassung verschiedener körpereigener Rhythmen. Jetlag führt zu einer "internen Desynchronisation" von Rhythmen, solange diese Rhythmen nicht wieder mit den Umweltsignalen und untereinander synchronisiert sind.

Aber es gibt Hilfen, die eine schnellere Anpassung ermöglichen. Folgende Verfahren und Maßnahmen werden angewendet:

  • Vor dem Abflug täglich seine Schlafenszeit um eine Stunde verschieben, um damit den Jetlag abzumildern. Nachteil: Dieses Verfahren stört zu sehr den gewohnten Tagesablauf am Heimatort, es ist kaum praktizierbar.
  • Die so genannte Jetlag-Diät von Charles Ehret - bei Flug nach Westen: proteinreiche Nahrung, nach Osten: kohlenhydratreiche Nahrung - ist weder wissenschaftlich eindeutig untermauert noch praktikabel.
  • Die Einnahme von Melatonin (wirksame Dosis 3 mg) - ein körpereigenes Hormon, das beim Menschen de facto nur nachts ausgeschüttet wird und als Zeitgeber der Ruhephase wirkt - kann die Jetlag-Symptomatik verringern und die Anpassungszeit am Zielort verkürzen, wirkt jedoch nicht bei allen Menschen. Darüber hinaus ist Melatonin in der Bundesrepublik nicht als Arzneimittel zugelassen. In den USA ist es ein Nahrungsergänzungsmittel und unterliegt damit nicht den strengen arzneimittelrechtlichen Bestimmungen. Daher: Vorsicht!
  • Körperliche Aktivität (nicht-photischer Zeitgeber) am Zielort, auch wenn die eigene innere Uhr "Nacht" anzeigt, kann helfen, sich schneller an die neuen Umweltsignale anzupassen.
  • Exposition auf "helles Licht" (photischer Zeitgeber) am Zielort ist ebenfalls geeignet, sich an die neuen Licht-Dunkel-Signale anzupassen. Dabei ist im einzelnen zu beachten, dass "Licht" zu verschiedenen Phasen des 24-Stunden-Tages körpereigene Rhythmen vor- oder nachverschieben kann. Abflugzeit, Flugdauer und Ausmaß der Zeitzonenverschiebung sind somit auf entsprechende Skalen einzukalkulieren

Strategien gegen Flugangst

Nie war das Fliegen so sicher wie heute und dennoch leidet mindestens jeder Dritte in der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland mehr oder weniger an Flugangst. Schätzungen zufolge geht man davon aus, dass ca. 60 Prozent aller Flugpassagiere in irgendeiner Form während des Fliegens ein Unbehagen verspüren. Da die Flugangst ein breites Spektrum an Intensität und Qualität hat, müssen entsprechende Strategien gegen die Flugangst - um effektiv zu sein - gezielt, das heißt der jeweiligen Intensität und Form von Flugangst angemessen, eingesetzt werden.

Im wesentlichen lassen sich zwei große Gruppen von Flugangstbetroffenen unterscheiden. Die einen leiden unter der Befürchtung des Absturzes und entwickeln Katastrophengedanken. Bei der anderen Gruppe bestehen Befürchtungen im Zusammenhang mit der eigenen Befindlichkeit im Flugzeug im Vordergrund. Menschen, deren Befürchtungen sich in erster Linie um den Absturz drehen, leiden häufig unter Flugangst als konditionierter (erlernter) Angst oder sie haben Flugangst infolge fehlender Informationen und aufgrund eines erhöhten Kontrollbedürfnisses.

Bei der zweiten Gruppe wird die Flugangst mehr durch Höhenangst, agoraphobische Symptome oder klaustrophobische Aspekte beeinflusst. Bei der Pseudo-Flugangst liegt der Flugangst in Wirklichkeit ein verdrängter Konflikt vor, der mit der Flugsituation als solcher nichts zu tun hat. Die Vielfalt der unterschiedlichen Aspekte verlangt für eine erfolgreiche Bewältigung der Flugangst einen differenzierten Zugang.

Als erster Schritt zur Überwindung von Flugangst ist es in vielen Fällen einfach notwendig, fehlende Informationen zu erhalten. Als Aktivstrategien zur Angstbewältigung können die "progressive Muskelentspannung", Atemtechniken, kognitive Umstrukturierungsmaßnahmen, Imaginations- und Ankertechniken sowie Ablenkung oder eine gezielte Wahrnehmungslenkung oder die Technik des Gedankenstopps unter anderem eingesetzt werden.

Oft lohnt es sich für Betroffene, sich mit Selbsthilfebüchern bei weniger stark ausgeprägter Flugangst auseinander zu setzen oder ein Seminar für entspanntes Fliegen zu besuchen. Inzwischen wird auch schon vereinzelt bei der Flugangsttherapie mit virtuellen Welten gearbeitet, die im therapeutischen Setting einige Vorteile haben. Bei starker und schon länger auftretender Flugangst wird man meistens nicht ohne fachliche Unterstützung von Psychotherapeuten auskommen.

Lässt sich bei einer Flugangst ein Hinweis auf eine komplexere Angstproblematik erkennen, dann sollte diese in einer Einzeltherapie bearbeitet werden. Erklärt eine psychiatrische Krankheit die Angstsymptomatik, muss eine entsprechende Therapie durchgeführt werden, ebenso wenn der Angst eine organische Ursache zugrunde liegt. Auch eine medikamentöse Behandlung sollte nicht unkritisch erfolgen und möglichst in Zusammenarbeit mit einem Arzt.

Gifttierunfälle - vorbeugende Maßnahmen und Erste Hilfe

Man unterscheidet zwei Gruppen von Gifttieren: Tiere, die aktiv mit Hilfe eines Stachels (Biene, Skorpion), durch Mundwerkzeuge (Spinne) oder Zähne (Schlange) ihr Gift injizieren und jene, die passiv giftig sind, über keinen speziellen Giftapparat verfügen, aber in ihrem Körper Gifte enthalten oder speichern. Ihr Gift muss durch Verzehr aufgenommen werden, um zu wirken.

Unter den Meerestieren verursachen Quallen mit ihren Nesselzellen schmerzhafte Verletzungen und im Falle der australischen Seewespe auch tödliche Vergiftungen. Einige Fische, wie der Steinfisch, können dem Menschen gefährlich werden, wenn er mit ihrem giftigen Flossenstrahl in Kontakt kommt. Doch sind Vergiftungen nach dem Verzehr von Meerestieren sicher von größerer Bedeutung wie z. B. Muschel- oder Fischvergiftungen (Ciguatera), die auf gespeicherte Gift aus Algen zurückgehen. Hiervon können mitunter ganze Reisegruppen betroffen sein.

Begegnungen mit Gifttieren auf dem Land, mit Skorpionen, Spinnen oder Schlangen, und daraus resultierende Vergiftungen betreffen den Reisenden vergleichsweise selten. Wichtig ist jedoch, dass sich jeder, der auf unkonventionelle Art auf Reisen geht, informiert, was er in dem betreffenden Reiseland an Gifttieren zu erwarten hat. Eine schützende Kleidung (festes Schuhwerk und lange Hosen) ist beim Wandern in unübersichtlichem Gelände von großem Nutzen. Sich umsichtig verhalten, darauf zu achten, wohin man greift, worauf man sich setzt, nachts den Weg gut ausleuchten, trägt dazu bei, Gifttiere rechtzeitig zu erkennen und sie zu meiden.

Erste-Hilfe-Maßnahmen sollten sich auf das Ruhigstellen das betroffenen Körperteils, der Beruhigung des Patienten und auf den raschen Transport zum nächsten Arzt beschränken. Antisera, falls vorhanden, sind vor allem für Schlangenbisse ein wichtiges Antidot. Vom Mitführen entsprechender Antiseren ist jedoch grundsätzlich abzuraten. Sie gehören in die Hand des Arztes, jede Selbstanwendung ist lebensgefährlich. Die meisten Präparate müssten außerdem bei 4 °C aufbewahrt werden.

Wichtiger ist es, im "Fall der Fälle" alle Möglichkeiten zu nutzen, rasch ärztliche Hilfe zu erreichen. Denn insgesamt betrachtet ist das Risiko, auf einer Urlaubsreise einen Autounfall zu erleiden oder sich bei einer Klettertour ein Bein zu brechen, wesentlich höher als einen Biss oder Stich eines Gifttieres zu erleiden.

Reisen im Alter

Mit der wachsenden Anfrage von Senioren nach aktiven, erlebnisorientierten Fernreisen haben sich wichtige Aufgabenstellungen für die reisemedizinische Beratung ergeben. Bei der Beurteilung funktionaler Fähigkeiten und Defizite ist auf relevante geriatrische Symptome wie zum Beispiel eine mögliche Beeinträchtigung der Mobilität, eine vermehrte Sturzgefährdung, Inkontinenzbeschwerden, Einschränkungen kognitiver Fähigkeiten usw. zu achten. Mit Blick auf die besonderen Bedingungen des Reisealltags kommt der bisherigen Alltagsbewältigung der Menschen (wie die Benützung von Kommunikations- und öffentlichen Verkehrsmitteln, der Fähigkeit, Finanzen zu handhaben usw.) große Bedeutung zu. Für eventuelle Zwischenfälle im Ausland kann es hilfreich sein, einen internationalen Notfallausweis beziehungsweise ein Attest auszustellen, in dem Grunderkrankungen, wichtige Untersuchungsbefunde und zuletzt verordnete Arzneimittel angeführt sind.

Auf ausreichende Zeit für die Akklimatisierung, geeignete Bekleidung, Sonnenschutzmaßnahmen, eine reichliche Flüssigkeitszufuhr sowie Nebenwirkungen bestimmter Arzneimittel ist hinzuweisen. Da eine Exsikkose aufgrund von Durchfallerkrankungen für ältere Menschen stets eine erhebliche Gefährdung darstellt, sind eine sorgfältige Wasser- und Nahrungsmittelhygiene sowie frühzeitige Rehydrierungsmaßnahmen im Erkrankungsfall von großer Bedeutung.

Angesichts einer vermehrten Thrombose- und Emboliegefährdung sind bei längeren Flügen sowie Bus- oder Bahnreisen bestimmte Verhaltensregeln anzuraten und das Tragen von Kompressionsstrümpfen sowie die Gabe von Heparin in Betracht zu ziehen. Neben den aktuellen Empfehlungen für die Schutzimpfungen und - je nach Reiseregion - einer medikamentösen Malariaprophylaxe sind bei älteren Menschen auch Impfungen gegen Influenza und Pneumokokken indiziert.

Es ist zu bedenken, dass einige Infektionskrankheiten im Alter häufig zu schweren Krankheitsverläufen mit teilweise auch atypischen Symptomen führen. In diesem Zusammenhang sollte auch die Wichtigkeit eines ausreichenden Versicherungsschutzes, der auch einen nötigen Rücktransport in Notsituationen abdeckt, Erwähnung finden. Während Hinweise auf bestimmte Gefährdungen in einem offenen Beratungsgespräch nicht fehlen sollten, kann eine ausschließlich auf Risiken und Verbote ausgerichtete Beratung zu unnötigen Ängsten führen und Menschen von oft lang ersehnten Vorhaben - als wertvoller Teil ihrer Lebensgestaltung - abhalten.

Fernreisen von nierenkranken Kindern und Erwachsenen

Während der gesunde Mensch weitgehend unabhängig von seiner Umgebung leben kann, ist der nierenkranke Patient auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr und -ausscheidung angewiesen, um die harnpflichtigen Substanzen unkonzentriert ausscheiden zu können. Begleitende Erkrankungen wie eine arterielle Hypertonie oder der Verlust von Eiweiß über die Nieren komplizieren die Lage der Patienten weiter und erfordern eine differenzierte und regelmäßige Therapie.

Die besonderen Anforderungen von Fernreisen mit ihren zeitlichen, thematischen und diätetischen Belastungen werden von Patienten mit Nierenerkrankungen schlechter toleriert. Flüssigkeitsmangel tritt sehr viel leichter ein und kann zu einer weiteren Verschlechterung der Nierenfunktion führen. Die bei langen Flügen bekannte Ödembildung in den abhängigen Partien der Reisenden ist dann kein Hinweis für eine Überwässerung, sondern Auswirkung etwa einer Hypoproteinämie oder der gefäßerweiternden Wirkung von Antihypertensiva. Mit der abnehmenden Leistung der Nieren ist eine immunologische Abwehrschwäche verbunden, die den Patienten empfänglicher gegenüber Infektionen macht, zugleich aber auch Impfungen keinen entsprechenden Eigenschutz entwickeln lässt.

Patienten, die sich regelmäßig einem Nierenersatzverfahren unterziehen müssen, sind auf die Dialyseeinrichtungen auch in der Ferne angewiesen. Dazu ist eine gute Organisation einer solchen Reise Voraussetzung. Es gibt inzwischen fast rund um den Globus die Möglichkeit, sich hämodialysieren zu lassen oder sich die Beutel für die Bauchfelldialyse nachschicken zu lassen. Spezielle Reiseunternehmen (zum Beispiel Liebels Dialyse-Holidays oder Euro-Dial Schiffsdialyse) bieten den Patienten entsprechende technische und ärztliche Hilfe, so dass eine weitgehende Programmvielfalt einschließlich Kreuzfahrten zu allen begehrten Zielen geboten wird.

Während bis vor zehn bis fünfzehn Jahren Patienten mit Nierenerkrankungen gezwungen waren, zu Hause ein sehr eingeschränktes Leben zu führen, steht diesen aufgrund eines sehr weitreichenden und organisierten Netzes fast die ganze Welt offen.

Reisen mit Kindern in die Tropen

Grundsätzlich ist vor kurzdauernden, touristisch orientierten Reisen in tropische Länder mit Säuglingen und Kleinkindern abzuraten. Während Abenteuerreisen meist ein nicht verantwortbares gesundheitliches Risiko für das Kind darstellen, ist eine längerfristige berufliche Ausreise allerdings in der Regel so zu organisieren, dass sich das Risiko auf ein vertretbares Maß minimieren lässt.

Bei der Beratung vor der Reise müssen folgende Punkte besprochen werden:

  • Ernährung (eine altersentsprechende geeignete Ernährung muss sichergestellt sein - bei dem gestillten Säugling kein Problem - aber was tun, wenn die Mutter unterwegs krank wird und nicht stillen kann?
  • Sonnenschutz (bei Kindern von großer Wichtigkeit, da die Melatoninspiegel in der relativ dünnen Haut niedrig sind)
  • Kleidung (zum Beispiel festes Schuhwerk, um in feucht-warmen Gebieten vor Würmern zu schützen, die durch die Haut eindringen oder in trocken-heißen Gebieten zum Beispiel vor Skorpionen).

Zur Vorbereitung auf eine Fernreise gehört es natürlich auch, die komplette Durchimpfung gegen Tetanus, Polio, Diphtherie, Masern, Mumps sowie bei Säuglingen gegen Keuchhusten und Hämophilus influenzae Typ B zu überprüfen. Bei den Reiseimpfungen gelten prinzipiell die gleichen Empfehlungen wie bei Erwachsenen, bei der Hepatitis A dient die Impfung bei Kindern unter acht Jahren hauptsächlich der Vermeidung von Umgebungsinfektionen nach Rückkehr.

Unter den auf Fernreisen erworbenen Erkrankungen gehört die Malaria zu den häufigsten - auch bei Kindern. Die Malaria kann einen tödlichen Ausgang haben, wenn nicht frühzeitig die Diagnose gestellt und eine adäquate Therapie eingeleitet wird. Da keine der prophylaktischen Maßnahmen einen hundertprozentigen Schutz bietet, sollte grundsätzlich von Reisen mit Kindern in Malariagebiete abgeraten werden. Wenn trotzdem eine Reise in Malariagebiete unternommen wird, sollten auch bei Kindern ein Mückenschutz und in jedem Lebensalter auch eine Chemoprophylaxe durchgeführt werden.

Kastentext: Service des CRM

Der Service des CRM für reisemedizinische Beratungsstellen umfasst

  • das CRM-Handbuch zur reisemedizinischen Beratung (halbjährlich aktualisiert), Preis ca. 230 Mark jährlich
  • den 14-tägigen Infodienst Reisemedizin aktuell
  • elektronische Medien, Faxabrufservice und Internetservice für angeschlossene Beratungsstellen.

    Kastentext: Service für Reisende

    Die Serviceleistungen für den Reisenden bestehen aus

  • Reise-Gesundheitsbrief, abrufbar über Tel. (0211) 90 4 2 90 oder Internetservice www.crm.de
  • Ärztlicher Dienst, Tel. (019) 88 38 83 (DM 3,60/Min)

    Kastentext: Flugangstseminare in Deutschland

    Seminare für entspanntes Fliegen, Deutsche Lufthansa AG, Agentur Texter-Millot GmbH, Hohenstaufenstraße 1, 80801 München, Tel. (089) 39 17 39, Telefax (089) 33 60 04.

    Quelle: Nach Vorträgen von Prof. Dr. Jürgen Knobloch, Tübingen; Dr. Wolfgang Schaffert, Siegsdorf; PD Dr. Heinz Jürgen Deuber, Erlangen; Prof. Dr. Björn Lemmer, Mannheim, Dr. Helmut Müller-Ortstein, Berlin; Prof. Dr. Dietrich Mebs, Frankfurt/Main; Dr. Helmut Scherbaum, Tübingen, Prof. Dr. Teut Risler, Tübingen; PD Dr. Gerd-Dieter Burchard, Berlin.

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