Therapie

E. Lares:Was gibt es Neues in Sachen Diabetes?

Die moderne Diabetestherapie wird von vier wesentlichen Säulen getragen: optimale Schulung des Patienten, regelmäßige Selbstkontrollen, bedarfsgerechte Ernährung und Pharmakotherapie. Besonders wichtig ist eine intensive Aufklärung und Schulung des Patienten und oft auch der Angehörigen. Die Apotheke ist ein guter Ort, um fachliche Kenntnisse zu übermitteln und über Neuerungen zu informieren. Auf dem Seminar in Bad Mergentheim am 11. März 2000 wurde "Neues in Sachen Diabetes" vorgestellt und interessante Aspekte zu Modediäten und Spätfolgen vermittelt, die in die Diabetes-Beratung einfließen können.

In den beiden letzten Jahrzehnten wurden immense Fortschritte in der Diabetestherapie gemacht. Forscher in aller Welt sind bemüht, durch Neuentwicklungen die Behandlung von Patienten mit Diabetes mellitus weiter zu verbessern und somit den Umgang mit der Krankheit zu erleichtern. In erster Linie geschieht dies im Bereich der Hilfsmittel zur Blutzuckerkontrolle und Insulinapplikation und der Pharmakotherapie.

Inhalierbares Insulin: Aufnahme über die Lunge ist möglich

Alle Versuche, das Insulin bukkal, transdermal, nasal oder sogar rektal zu applizieren, verliefen bislang erfolglos. Erfolgversprechend dagegen erscheint im Moment inhalierbares Insulin, das sich schon in Phase III der klinischen Prüfung befindet. Neu entwickelte Vernebler ermöglichen eine sichere, effektive und vor allem klinisch reproduzierbare Applikation von Insulin über die Lunge. Das Insulin wird fein zerstäubt (Partikeldurchmesser ein bis vier Mikrometer), etwa 36 Prozent verbleiben in der Lunge.

Die bisherigen Studien zeigten einen signifikanten Abfall der HbA1c-Werte, wenn Insulin neben oralen Antidiabetika zusätzlich inhaliert wurde. Der HbA1c-Wert beziffert den Anteil von glykolisiertem Hämoglobin, der beim Nicht-Diabetiker zwischen fünf und acht Prozent liegt, beim Diabetiker aber bis auf 20 Prozent ansteigen kann. Er ist ein Maß für die Güte der Blutzuckereinstellung.

Problem der oralen Verfügbarkeit

Insulin in Form von Tabletten einzunehmen, ist leider noch nicht möglich - und dabei wäre gerade die orale Verfügbarkeit ein großer Fortschritt. Das Peptidhormon wird jedoch zum größten Teil schon im oberen Gastrointestinaltrakt zerstört und im Darm nur schlecht resorbiert. Die zeitgleiche Einnahme von Protease-Inhibitoren oder eine Mikroverkapselung der Insulinmoleküle mit pH-sensitiven Schutzüberzügen haben sich bislang nicht bewährt. Resorptionsverstärker und Substanzen zur Permeabilitätssteigerung der Darmschleimhaut führten zwar zu einer verbesserten Insulinresorption, jedoch stieg die Gefahr, dass auch toxische Darminhalte vermehrt resorbiert werden.

L-783,281: der Weg zur ersten "Insulinpille"?

L-783,281 ist eine nicht-peptiderge Substanz mit Insulin-ähnlicher Wirkung und wird von einem Pilz namens Pseudomassaria produziert. Sie wird im Verdauungstrakt nicht abgebaut und gut resorbiert. Nach der Diffusion durch die Zellmembran bindet L-783,281 am inneren Teil des Insulinrezeptors und aktiviert auf diese Weise die gleiche intrazelluläre Signalkaskade wie das Insulin. Sollte die Substanz selektiv für den Insulinrezeptor sein und sich in klinischen Prüfungen als sicher erweisen, könnte dies der Weg zur ersten "Insulinpille" sein.

Glucagon-ähnliche Peptide: Behandlung des übergewichtigen Typ-2-Diabetikers

Das so genannte Glucagon-like-Peptide-1 (GLP-1) ist ein körpereigenes Hormon und wird in großen Mengen in den Zellen des Dünn- und Dickdarms produziert. Die Wirkung von GLP-1 ist direkt vom Blutzuckerspiegel abhängig. Ist dieser hoch, so wirkt GLP-1 regulierend. Ist er allerdings niedrig oder normal, so zeigt sich kein Effekt. Eine Hypoglykämiegefahr, wie sie bei anderen Antidiabetika gefürchtet wird, würde folglich nicht bestehen. GLP-1 wirkt insulinotrop und hemmt die Glucagonfreisetzung, außerdem verzögert es die Magenentleerung und dämpft das Hungergefühl. Aufgrund dieser Eigenschaften würde es sich besonders zur Behandlung des übergewichtigen Typ-2-Diabetikers eignen.

Nachteilig ist die kurze Halbwertszeit des Moleküls von nur etwa zwei Minuten. Es wird von der endogenen Dipeptidyl-Peptidase IV (DPP IV) abgebaut. Daher werden GLP-1-Derivate gesucht, die bei gleicher Wirksamkeit weniger schnell degradiert werden. Eine weitere Möglichkeit, die Halbwertszeit zu verlängern, wäre die Kombination mit Inhibitoren der DPP IV.

Neues Verzögerungsinsulin HOE-901 steht kurz vor der Zulassung

HOE-901 (Aventis) ist ein gentechnisch hergestelltes Insulinanalogon mit veränderter Aminosäuresequenz. Die B-Kette am Carboxylende wurde um zwei Arginine verlängert und das Asparagin in Position A21 durch Glycin ersetzt. Diese Strukturvariationen machen das Molekül im physiologischen pH-Bereich schwer löslich. Zusätzlich bilden sich nach der Injektion ins Gewebe Präzipitate, die zu einer verzögerten Aufnahme des Insulinanalogons in den Blutkreislauf führen. HOE-901 hat eine Wirkdauer von etwa 24 Stunden und muss nur einmal am Tag injiziert werden. Das Insulinanalogon steht kurz vor seiner Zulassung.

Das Insulin detemir von Novo Nordisk besitzt ebenfalls eine verzögerte Wirkung. Diese wird hier durch die Acetylierung einer aliphatischen Seitenkette erreicht, durch die das Insulin nach rascher Resorption an Plasmaproteine gebunden und dann verzögert freigegeben wird. Auch auf diesem Weg werden gleichmäßige Konzentrationen an freiem Insulin erreicht. Insulin detemir muss zweimal täglich injiziert werden und befindet sich bereits in der klinischen Erprobung.

Ideal wäre eine kontinuierliche Blutzuckermessung

Bislang messen Diabetiker ihre Blutzuckerwerte im Abstand von mehreren Stunden, meist viermal täglich. Eine bessere Einstellung und Kontrolle wäre jedoch mit einer kontinuierlichen Bestimmungsmethode möglich. Dies könnte über eine Messung in der Interstitialflüssigkeit erreicht werden, da die dortigen Glucosekonzentrationen mit dem Blutzucker korrelieren. Dazu wurden bereits zwei Verfahren entwickelt, der Glucosesensor der Firma Minimed und die Mikrodialyse. Beide haben jedoch noch nicht die Präzision erreicht, dass anhand der Messergebnisse eine genaue Insulindosierung möglich wäre.

Ein System zur Blutzuckermessung der Firma SpectrX wird derzeit in den USA erprobt. Die Bauchhaut wird dabei mit Laserstrahlen perforiert. Über diese Perforationsstellen wird dann Gewebeflüssigkeit in eine Kammer des Gerätes gesaugt, in der die Glucosemessung stattfindet. Der Patient würde keine Teststreifen, Lanzetten und auch kein Blut mehr für die Bestimmung benötigen. Doch auch dieses System ist derzeit noch nicht zur Einstellung der genauen Insulindosis geeignet.

Blutentnahme möglichst schmerzfrei

Ein Hauptproblem bei der Blutzuckerselbstkontrolle ist die schmerzhafte Blutentnahme an der Fingerspitze. In den USA ist bereits ein Gerät namens Lasette verfügbar, das eine schmerzfreie Blutentnahme durch Laserverdampfung der Haut verspricht. In Deutschland existiert eine Stechhilfe (Vaculance, Bayer Vital), die die Blutabnahme zwar mit Lanzetten, aber an weniger schmerzhaften Stellen wie dem Unterarm oder der Bauchhaut ermöglicht.

Übergewicht und Diabetes

Übergewicht geht häufig mit Typ-2-Diabetes, Hypertonie, Hyperlipidämie und Dyslipidämie einher. Nach Ergebnissen der Nurses Health Study erhöht bereits ein Body-Mass-Index (BMI) im oberen Normalbereich von 23 bis 24,9 kg/m² das Diabetesrisiko signifikant. Die Mehrheit der Typ-2-Diabetiker ist zum Zeitpunkt der Manifestation übergewichtig bzw. adipös, nur etwa zehn Prozent sind beim Krankheitsausbruch normalgewichtig.

Schon eine moderate Gewichtsabnahme von zwei Kilogramm hat sehr günstige Effekte auf die Diabeteseinstellung und senkt die HbA1c-Werte. Das Gewicht sollte durch Kostumstellung und regelmäßige körperliche Bewegung langsam reduziert werden. Weniger Fett und vermehrt komplexe Kohlenhydrate, lautet die allgemeine Empfehlung.

Besonders wichtig für den Diabetiker ist, dass er seine Mahlzeiten gleichmäßig über den Tag verteilt zu sich nimmt, um einer Hypoglykämie vorzubeugen. Diese Zwischenmahlzeiten müssen vor allem von insulinpflichtigen Diabetikern streng eingehalten werden und sollten anhand von BE-Austauschtabellen berechnet werden (1 Broteinheit entspricht 12 g verwertbaren Kohlenhydraten).

Aber auch Diabetiker, die Medikamente wie Sulfonylharnstoffe und Repaglinide einnehmen, können - vor allem bei körperlicher Bewegung - von Hypoglykämien betroffen sein. Eine BE-Rechnung ist bei diesen Patienten jedoch nicht nötig. Als Richtwert gilt "eine Hand voll kohlenhydrathaltige Nahrungsmittel" (z. B. Obst) pro Zwischenmahlzeit, dies entspricht in etwa ein bis zwei Broteinheiten.

"Life-Style-Modifikation"

Moderne Therapiekonzepte zur Gewichtsreduktion streben eine "Life-Style-Modifikation" an. Darunter wird eine langfristig angelegte Verhaltensänderung in Hinblick auf die Ernährung, die Bewegung und das gesundheitsbewusste Verhalten (z. B. kein Nicotin, kein Alkohol) verstanden. Ziel ist, ein niedrigeres Gewicht über lange Zeit beizubehalten. Als Erfolg gilt bereits eine Reduktion des Körpergewichtes von fünf Prozent bzw. einer Einheit des BMI innerhalb eines Jahres.

Bei dem heutigen Angebot an Modediäten fällt es schwer, einen Überblick zu behalten. Viele davon sind sehr kritisch zu bewerten, da sie sich auf wissenschaftlich falsche Aussagen berufen, eine Mangelernährung hervorrufen oder die Gewichtsabnahme durch einen hohen Wasserverlust vortäuschen.

Prinzip der flexiblen Fettkontrolle

Positiv zu bewerten sind Diäten, die auf dem Prinzip der flexiblen Fettkontrolle beruhen. Dabei dürfen bis zu 60 g Fett pro Tag aufgenommen werden. Die "Brigitte-Diät" wäre ein Beispiel hierfür: die Kost ist ausgewogen und die Fettaufnahme kontrolliert.

Umfangreiche Rezepte geben die einzelnen Mahlzeiten vor. Die Energiezufuhr entspricht etwa 1000 kcal bzw. 30 g Fett am Tag. Für Diabetiker werden Broteinheiten angegeben. Die Diät wird etwa acht Wochen durchgeführt oder so lange, bis das Wunschgewicht erreicht ist. Für eine dauerhafte Ernährung stellt die "Brigitte-Diät" zu wenig Kalorien zur Verfügung.

Als Dauerkost geeignet ist dagegen das Ernährungsprogramm der "PfundsKur" nach Prof. Dr. Pudel. Auch sie beruht auf dem Prinzip der flexiblen Fettkontrolle (60 g Fett am Tag), jede Mahlzeit wird mit "Fettaugen" bewertet. Andere Nährstoffe dürfen ohne Einschränkung verzehrt werden. Die "PfundsKur" kann in einem Kurs erlernt werden, in dem auch das Ernährungsverhalten geschult wird. Ein Begleitbuch fordert ständig zum Miachen auf: Unwahrheiten über Übergewicht herausfinden, den eigenen Esstyp analysieren oder die "Super-Fatties" ermitteln. Dazu kommen viele praktische Tipps, auch solche zu mehr Bewegung. Geeignet ist dieses Programm jedoch nur für motivierte "Abnehmer", der Eigeneinsatz ist groß.

Diabetes - ein Familienproblem?

Nicht nur die Ernährungsumstellung, sondern auch die Selbstkontrollen, die regelmäßige Einnahme von Arzneimitteln und das Spritzen bedeuten einen gravierenden Einschnitt in die Alltagsroutine des Diabetikers. Wie bei jeder chronischen Krankheit hat dies auch Auswirkungen auf das soziale Umfeld des Betroffenen, vor allem auf die Familie. Wie gut oder schlecht ein Diabetiker mit seiner Krankheit zurecht kommt, hängt in entscheidendem Maße davon ab, wie viel Unterstützung er von anderen Menschen erhält. Ergebnisse aus einer Studie mit Kindern, die einen Typ-1-Diabetes hatten, ergaben, dass die gute bzw. schlechte Einstellung der HbA1c-Werte in vielen Fällen mit der vorliegenden Familiensituation korrelierte.

In "harmonischen" Familien wurde meist mehr darauf geachtet, dass das Kind den Umgang mit der Krankheit erlernt, regelmäßige Selbstkontrollen durchgeführt und Arzneimittel eingenommen bzw. gespritzt werden. Zuviel Fürsorge kann aber auch negative Auswirkungen haben, da sie ofals dazu führt, dass ein eigenverantwortlicher Umgang mit dem Diabetes behindert wird. Vor allem Kinder und Jugendliche werden dadurch in ihrer normalen Entwicklung eingeschränkt und in eine Außenseiterrolle manövriert.

Diabetisches Spätsyndrom: wichtig sind regelmäßige Kontrollen

Zu den diabetesassoziierten Spätkomplikationen rechnet man die Mikroangiopathie, die Makroangiopathie und die Polyneuropathie. Von der Mikroangiopathie sind die kleinen Gefäße betroffen, spezifische Veränderungen können in den Augen und den Nieren auftreten (diabetische Retinopathie bzw. Nephropathie). Die Mikrozirkulationsstörungen beeinträchtigen jedoch alle Organe, einschließlich der Haut. Die Makroangiopathie betrifft die großen Gefäße und bedroht hauptsächlich den Typ-2-Diabetiker. Klinisch handelt es sich um eine Arteriosklerose, die sich gegenüber Nichtdiabetikern relativ früh manifestiert und progredient verläuft.

Die Polyneuropathie wird eingeteilt in sensomotorische, fokal motorische und autonome Neuropathie und äußert sich in unterschiedlichen Symptomen. Da die Schädigungen oft ohne große Schmerzen beginnen und fortschreiten, sind regelmäßige Kontrollen notwendig, um rechtzeitig Maßnahmen zu ergreifen.

Diabetische Retinopathie: bislang keine Arzneimitteltherapie

Der Diabetes ist die am häufigsten vorkommende Einzelursache für Erblindung im Erwachsenenalter. Bislang gibt es keine Arzneimittel, die die diabetische Retinopathie aufhalten oder verhindern könnten. Bei schweren Veränderungen ist eine Lasertherapie möglich. Wichtig ist die Einstellung des Blutzuckers und des Blutdrucks auf Normalwerte, wobei der Blutdruck unter 130/85 mmHg liegen sollte.

Bei der diabetischen Retinopathie wird die Netzhaut des Auges und der Augenhintergrund verändert. Die nicht-proliferative Retinopathie, die hauptsächlich bei Typ-2-Diabetikern auftritt, ist gekennzeichnet durch Mikroaneurysmata (Ausweitung von Blutgefäßen), Blutungen, Exsudaten und Proliferationen. Bei der proliferativen Retinopathie, meist bei Typ-1-Diabetikern, bilden sich zusätzlich neue Gefäße, der Glaskörper schrumpft und blutet; die Folge kann ein akuter Sehverlust sein.

ACE-Hemmer bei diabetischer Nephropathie

Die diabetische Nephropathie ist für 30 bis 40 Prozent aller Dialysen in Deutschland verantwortlich. Sie geht in den meisten Fällen mit einem arteriellen Hypertonus und einer deutlich gesteigerten kardiovaskulären Mortalität einher. Im Urin wird vermehrt Eiweiß ausgeschieden, die glomeruläre Filtrationsrate sinkt. Auch hier hat der Patient lange Zeit keine Beschwerden, regelmäßige Kontrollen sind deshalb wichtig. Die Therapie beruht auf einer Blutdrucksenkung, Blutzuckernormalisierung und einer verminderten Eiweißzufuhr.

Gute Erfolge konnten mit dem Einsatz von ACE-Hemmern erzielt werden, die die efferenten Gefäße erweitern und dadurch den Druck im Glomerulus vermindern. Die Eiweißausscheidung und auch der Blutdruck werden gesenkt. Vergleichbar ist die Wirkung von Betablockern, Calciumantagonisten und Diuretika. Im Stadium der Mikroalbuminausscheidung ist die diabetische Nephropathie reversibel.

Diabetische Polyneuropathie

Etwa 50 Prozent aller Diabetiker mit einer Krankheitsdauer von 15 oder mehr Jahren entwickeln eine diabetische Polyneuropathie. Bei der Erstdiagnose eines Typ-1-Diabetikers ist sie selten, beim Typ 2 häufig. Prophylaxe und Therapie beruhen hauptsächlich auf einer guten Blutzuckereinstellung, Alkohol ist zu meiden.

Bei der sensomotorischen Polyneuropathie werden die längsten Nerven zuerst geschädigt, sie betrifft daher vor allem die Unterschenkel und Füße. Die Patienten klagen über Schmerzen (meist in Ruhe), "Ameisenlaufen" (Kribbelparästhesien) und Sensibilitätsverlust. Durch diesen entsteht häufig ein "diabetischer Fuß", zu dessen Prophylaxe eine ausgiebige Fußpflege, geeignetes Schuhwerk (weiches Fußbett und richtige Größe!) und eine gute Schulung des Patienten nötig ist.

Gegen die Schmerzen werden verschiedene Arzneimittel eingesetzt: Carbamazepin (Tegretal, 3 x 200 mg/Tag), Amitriptylin (Saroten, 50 bis 150 mg/Tag), Tramadol (Tramal long, 2 x 150 mg/Tag) und Gabapentin (Neurontin 900 bis 2400 mg/Tag). Regelmäßige Einnahme und richtige Dosierung sind entscheidend für die Wirkung.

Alpha-Liponsäure wird häufig zur Therapie verwendet, doch konnte ihre Wirksamkeit in Studien nicht belegt werden: 65 bis 82 Prozent der Patienten beschrieben eine Besserung unter Alpha-Liponsäure, 57 Prozent aber auch unter Plazebo.

Die autonome Polyneuropathie betrifft vor allem Herz, Gastrointestinaltrakt und das Urogenitalsystem. Die Folgen am Herzen sind Ruhetachykardie, fehlende Herzfrequenzvariation bis hin zum stummen Infarkt oder einer stummen Angina pectoris. Vor allem bei körperlicher Anstrengung besteht die Gefahr von kardialen Zwischenfällen. Bei der gastrointestinalen Polyneuropathie leidet der Patient unter starken Blutzuckerschwankungen, Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö und Völlegefühl. Die Beschwerden können durch Kostumstellung und Arzneistoffe wie Cisaprid und Erythromycin (3 x 250 mg/Tag) gelindert werden. Bei Dranginkontinenz und Reizblase werden Carbachol (Doryl) und Oxybutynin (Dridase) eingesetzt. Die erektile Dysfunktion kann beispielsweise mit dem Phosphodiesterasehemmer Sildenafil (Viagra) behandelt werden.

Diabetische Makroangiopathie: KHK bei Diabetikern sehr häufig

Mehr als 50 Prozent der Todesfälle bei Diabetikern beruhen auf Erkrankungen der größeren Arterien und des Herzens. Zwei Mechanismen, die das übermäßig häufige Vorkommen der Koronaren Herzkrankheit (KHK) bei Diabetikern erklären könnten, sind denkbar: Zum einen hat der Diabetes Auswirkungen auf die allgemeinen kardiovaskulären Risikofaktoren, von denen bekannt ist, dass sie in einem kausalen Zusammenhang mit dem Auftreten der KHK bei nicht-diabetischen Personen stehen, wie z.B. Hypertonie. Zum anderen hat die Hyperglykämie direkte Wirkungen auf die Atherogenese bzw. Thrombusbildung.

Die Empfehlungen für den Diabetiker zur Prophylaxe lauten: Blutdruck senken (GA 130/85 mmHg), LDL-Cholesterin und die HbA1c-Werte senken, Acetylsalicylsäure (80 bis 325 mg/Tag) einnehmen, regelmäßig bewegen, Körpergewicht reduzieren und Aufhören mit dem Rauchen. Zur Therapie der Makroangiopathie werden hauptsächlich Betablocker, Nitrate, Acetylsalicylsäure, Calciumantagonisten, ACE-Hemmer und Statine eingesetzt.

Kastentext: Diabetische Polyneuropathie

  • Sensomotorisch - Parästhesien - Sensibilitätsverlust - Schmerzen
  • Fokal motorisch - Schwäche oder Lähmung von peripheren - Nerven oder von Hirnnerven
  • Autonom - Gastroparese - Erbrechen - Diarrhö - Inkontinenz - Ruhetachykardie - Erektile Dysfunktion - Häufung stummer Myokardischämien

    Quelle: Nach Vorträgen von: Priv.-Doz. Dr. med. Thomas Haak, Chefarzt der Diabetes Klinik Bad Mergentheim; Dipl.-Ing. Thomas Senftleben, Ernährungsberater, Bad Mergentheim; Dipl.-Psych. Bernd Kulzer, Bad Mergentheim; Dr. med. Petra Walter, Oberärztin, Bad Mergentheim; Dr. med. Karl Zink, Oberarzt, Bad Mergentheim

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