Physiologie

J. Brater:Haare

Bei manchen Frauen könnte man den Eindruck gewinnen, Haare seien einzig und allein dazu da, geschnitten, gefärbt und gestylt zu werden. Dem ist aber bei weitem nicht so, vielmehr haben auch diese zu den Hautanhangsgebilden zählenden Bestandteile des menschlichen Körpers eine durchaus sinnvolle Funktion.

Haare sind biegsame, fadenförmige, aus verhornten Zellen der Oberhaut (Epidermis) aufgebaute Gebilde, die schräg in der äußeren Haut stecken. Neben ihrer bereits erwähnten Schmuckfunktion, die seit Alters her in zahlreichen Kulturen eine bedeutende Rolle gespielt hat, haben sie vor allem bei Temperaturregelung und Berührungsempfindung eine wichtige Aufgabe.

Bereits beim ungeborenen Kind bilden sich im dritten Schwangerschaftsmonat zarte Härchen (Lanugohaare), die den ganzen Körper überziehen und vor der Geburt durch feine Flaumhaare ersetzt werden. Lang und stark werden die Haare in der Folgezeit nur im Bereich der Kopfhaut sowie über den Augen und an den Lidern, wo sie als Brauen bzw. Wimpern bis zu 1 cm Länge erreichen. In der Pubertät sprießen Haare dann bei den Geschlechtern auch in der Schamgegend und in den Achselhöhlen, bei Männern zusätzlich im Gesicht und – mehr oder weniger stark ausgeprägt – an Brust, Rücken, Armen und Beinen.

Haare entspringen in der Tiefe der Haut aus den so genannten Haarfollikeln. Den in der Haut verborgenen, nicht sichtbaren Anteil bezeichnet man als Haarwurzel, während man bei dem sichtbaren Anteil von Haarschaft spricht. Jedes Haar ist von einer bindegewebigen Scheide umgeben, in welche jeweils ein kleine Talgdrüse ein fettiges Sekret absondert, das Haar und Haut geschmeidig hält. Außerdem findet man an jedem Haar einen winzigen Muskel, der es, sobald er sich zusammenzieht, aus der schrägen Stellung aufrichtet, sowie ein Gespinst feinster Nervenfasern, die in der Lage sind, jede noch so kleine Bewegung des Haares – beispielsweise infolge eines Luftzuges – zu registrieren, was, wie bereits erwähnt, die Berührungsempfindung erheblich verstärkt.

Haben wir überall am Körper Haare?

Feine Härchen überziehen in der Tat fast den gesamten Körper, und selbst aus Nase und Ohren sprießen – vor allem bei Männern – nicht selten kräftige Borsten. Die einzigen Körperstellen, die vollkommen haarfrei sind, sind Handinnenflächen und Fußsohlen.

Wachsen Haare eigentlich immer weiter?

Nein, Länge und Lebensdauer der Haare sind begrenzt. Das Kopfhaar wächst täglich etwa um 0,3 Millimeter, also pro Monat ungefähr 1 Zentimeter. Nach einiger Zeit, die je nach Körpergegend variiert, wird das Haar durch ein neu von unten nachwachsendes ausgestoßen. Kopfhaare werden etwa sieben Jahre alt und können deshalb recht lang werden, während Wimpern und Augenbrauen nur eine Lebensdauer von wenigen Monaten erreichen.

Wie viele Haare verliert ein Erwachsener täglich?

Das schwankt stark, liegt aber im Mittel bei etwa 40 Haaren pro Tag. Dieses ständige Ausfallen und Neubilden der Haare bemerken wir jedoch in der Regel überhaupt nicht.

Worauf beruht die Haarfarbe?

Dort, wo das Haar aus dem Haarfollikel entspringt, liegen Pigmentzellen, die die Rindenschicht des Haares mit mehr oder weniger Farbstoff (Melanin) versorgen. Dementsprechend findet man Haarfarben von weißlichem Gelb über unterschiedliche Brauntöne bis hin zu tiefschwarz. Während der Pubertät erlebt man es häufig, dass das Haar aufgrund hormoneller Einflüsse dunkler wird.

Warum hat der eine glatte Haare, während sie beim anderen kraus sind?

Ob Haare glatt, wellig, lockig oder gekräuselt sind, hängt von der Form ihres Querschnitts ab, also davon, ob sie eher rund oder oval sind. Ferner spielt der Sitz in der Haut – mehr oder weniger geneigt – eine Rolle, und schließlich verändern auch äußere Einflüsse, insbesondere die Luftfeuchtigkeit, das Erscheinungsbild der Haare. Bei einem Kind kann sich die Art der Behaarung infolge des Schädelwachstums noch ändern, so dass aus zunächst glattem Haar im Laufe der Zeit durchaus lockiges werden kann.

Wieso bekommen ältere Menschen häufig graue oder gar weiße Haare?

Wie bereits erwähnt, sind es Pigmentzellen, die den Farbstoff für das Haar liefern. Da die Pigmentbildung im Laufe des Lebens aber immer mehr abnimmt – das schwankt von Mensch zu Mensch sehr stark und geht im manchen Familien früher vonstatten als in anderen –, ist irgendwann der Zeitpunkt erreicht, wo für die Haare kein Farbstoff mehr zur Verfügung steht. Sie sehen dann grau aus. Lagern sich im Alter zwischen den Hornzellen der Haare Luftbläschen ein, so erscheint das Haar weiß glänzend.

Was hat die Gänsehaut mit den Haaren zu tun, und wieso empfinden wir manche Ereignisse als "haarsträubend"?

Das liegt an den bereits erwähnten winzigen Muskeln, die bei Kälteeinwirkung die Haare aufrichten. Bei Tieren, bei denen sich zwischen den aufgerichteten Haaren des Felles eine stärkere isolierende Luftschicht festhalten kann, dient dieser Mechanismus der Wärmeregulation. Beim Menschen mit seiner feinen Flaumbehaarung funktioniert das zwar nicht, dennoch stellen sich auch bei ihm Haare auf. Dabei ziehen die winzigen Muskeln die darüber liegende Haut ein klein wenig nach innen, und die Gesamtheit der so entstandenen Miniaturhautkrater erzeugt das bekannte Bild der Gänsehaut.

Der gleiche Effekt tritt aber auf, wenn wir erschrecken oder vor etwas Angst haben. Dies macht wiederum nur bei Tieren Sinn, da sie, wenn sich ihr Fell aufstellt, größer und damit für den Gegner bedrohlicher wirken. Von Menschen, und mögen sich ihnen die Nacken- und Rückenhaare noch so sehr sträuben, kann man das hingegen kaum behaupten.

Wieso bekommen vor allem Männer bisweilen eine Glatze?

Für Haarausfall gibt es mehrere Gründe: Er kann erblich bedingt sein, im Gefolge anderer Krankheiten auftreten oder – in Form des kreisrunden Haarausfalls (Alopecia areata) – vermutlich auf einem Angriff des Körpers gegen eigene Strukturen (Autoimmunreaktion) beruhen.

Der bei Männern besonders häufige hormonell bedingte Haarausfall (Alopecia androgenetica) ist im engeren Sinne eigentlich keine Krankheit, sondern eher eine anlagebedingte Abweichung vom Normalen. Er ist auf eine Überempfindlichkeit der Haarwurzeln gegen männliche Geschlechtshormone (Androgene) zurückzuführen und kommt, da Androgene in geringer Menge auch bei weiblichen Personen vorhanden sind, in abgeschwächter Form

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