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Qualitätsmanagementsystem: Wie kann die Arbeit in der pharmazeutischen Praxis m

WÜRZBURG (tmb). Nicht mehr die Frage, ob Apotheken ein Qualitätsmanagementsystem (QMS) benötigen, sondern wie die konkrete Arbeit der Apotheke mit einem QMS dargestellt und verbessert werden kann, war zentraler Inhalt einer Tagung der Fachgruppe Allgemeinpharmazie am 19. und 20. Februar. In Würzburg kamen etwa 60 QMS-Interessierte aus ganz Deutschland zu der Veranstaltung unter dem Titel "Qualitätssicherung in der Pharmazeutischen Praxis zusammen", die von Prof. Dr. Marion Schaefer, Berlin, und Dr. Ingrid Schubert, Köln, geleitet wurde.

40 % Kostenersparnis mit QMS

Von Erfahrungen mit der Qualitätssicherung in der pharmazeutischen Industrie berichtete Dr. Frank Runkel, Niederdorfelden. Auch dort sei QMS in Hinblick auf die hohe pharmazeutische Qualifikation der Verantwortlichen zunächst für überflüssig gehalten worden. Doch inzwischen würden QMS als Chance erkannt. Sie machen die Arbeit transparenter und besser überprüfbar.

Entscheidend seien ständige Soll-Ist-Vergleiche und Rückkopplungen aufgrund der Ergebnisse, d. h. Regelkreise. Diese Arbeitsweise spare in der pharmazeutischen Industrie etwa 40 % der Kosten gegenüber früheren Vorgehensweisen. Die öffentliche Apotheke sieht Runkel als idealen Mittelpunkt für die Kommunikation im Gesundheitswesen, da sie ohnehin mit allen anderen Beteiligten kommunizieren muss. Systeme mit dem Arzt als zentraler Institution litten dagegen unter Kommunikationsbrüchen. Angesichts ihrer Schlüsselposition sollten die Apotheker nicht vor Aufgaben der Dokumentation zurückschrecken, sondern diese Rolle bewusst ausfüllen.

Individualität bringt Akzeptanz

Dr. Hans-Ulrich Plener, Tuttlingen, betonte die elementare Bedeutung einfacher organisatorischer Prozesse für die Qualitätssicherung. Zunächst gelte es, das richtige Arzneimittel zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu haben. Wer das nicht erreiche, brauche sich auch keine Gedanken über Pharmazeutische Betreuung zu machen. Er betonte die enorme Bedeutung schriftlicher Formulierungen für das QMS, denn das Schreiben ordne die Gedanken. Weiterhin werde durch die Qualitätssicherung kundenorientiertes Denken gefördert. Die konkreten Ziele der Apotheke müssten im Team erarbeitet werden. Externe Standards könnten dabei als Orientierung sinnvoll sein, aber nicht die apothekeninterne Konsensbildung ersetzen.

QMS bringt Mehrwert für den Verbraucher

Als weiteren wichtigen Aspekt von QMS in Apotheken stellte Dr. Sabine Vogl, München, den Verbraucherschutz dar. Das QMS verbessere die Anwendungsqualität der Arzneimittel und erhöhe damit die Kundenzufriedenheit. Innerhalb der Apotheke verbessere das QMS die Transparenz und damit das Verständnis der Mitarbeiter für die Organisation. Dies erhöhe die Kompetenz und übertrage sich auf die Kunden. So bilde das QMS einen Mehrwert für die Verbraucher und erhöhe das Ansehen der Apotheke.

QMS in Niedersachsen entwickelt sich weiter

Als konkretes Projekt zur Einführung von QMS in der Apotheke stellte Dr. Martin Thomsen, Hannover, das Konzept der Apothekerkammer Niedersachsen vor. Nachdem inzwischen über 400 Apotheken an den einführenden Seminaren teilgenommen haben, sind etwa 50 Apotheken zertifiziert. Derzeit werde an den erhöhten Anforderungen für die Rezertifizierung gearbeitet. Dabei sollen als zusätzliche Bedingungen Prozesse für die Eigenrevision, für die Beratung in der Selbstmedikation und bei der Abgabe verordneter Arzneimittel sowie ein Hygieneplan vorgeschrieben werden. In Zukunft sollten verschiedene Überprüfungen von Apotheken unter dem Dach des QMS gebündelt werden.

QMS bringt wirtschaftlichen Vorteil

Aufbauend auf diesen Erfahrungen hat auch die Apothekerkammer Westfalen-Lippe ein Pilotprojekt durchgeführt, wie Dr. Hiltrud von der Gathen, Castrop- Rauxel, berichtete. Dort wurden bisher 57 Apotheken zertifiziert. Das Programm wird in diesem Jahr fortgesetzt. Für ihre eigene Apotheke sieht von der Gathen "echten wirtschaftlichen Nutzen" in dem QMS. Bei den pharmazeutischen Prozessen, speziell im Beratungsbereich, ermögliche das QMS, vorhandene Potenziale zu nutzen. Wenn Beratungsvorgänge klar dargestellt sind, unterstütze dies beispielsweise die Ernährungsberatung. Außerdem habe sie eine apothekeneigene Positivliste für die Selbstmedikation entwickelt. Ein weiterer Vorteil sei die Kontrolle aller ein- und ausgehenden Informationen. So werde insbesondere verhindert, dass Informationen vergessen werden.

Fortbildung, und dann ... ?

Mit der Frage, wie die Informationen von Fortbildungsveranstaltungen tatsächlich in die praktische Arbeit in der Apotheke eingehen, beschäftigte sich Dr. Ingrid Schubert, Köln. In einem Projekt mit 20 Apotheken in Sachsen wurde die Beratung vor und nach Fortbildungsmaßnahmen evaluiert. Die gemeinsame Arbeit der Apotheker in einem Qualitätszirkel half, Gründe für geringe Beratung zu erkennen und aus den Erfahrungen der Praxis zu lernen. So zeigt sich auch hier der Grundkreislauf der Qualitätssicherung. Diese Arbeitsweise lässt sich auf die Arbeit in den einzelnen Apotheken übertragen, wie Thomas Ullrich, Freiberg, aus der Sicht eines beteiligten Apothekers berichtete. Auch dort überprüft das Team in Mitarbeitergesprächen seine Arbeitsweise.

Lohnen sich Generika?

Neben diesen grundsätzlichen Vorgehensweisen befasste sich die Tagung auch mit spezielleren Fragestellungen zur Qualität der Arzneitherapie. So stellte Editha Räuscher, Berlin, Qualitätsaspekte bei der Abgabe von Generika vor. Auf Grund der Unterschiede in der Sortimentsgestaltung der Anbieter, der Hilfsstoffe, des Aussehens und der Beipackzettel bilde jede Medikationsumstellung potenziell eine Fehlerquelle. Möglich seien Medikationsfehler, Complianceprobleme, unerwünschte Arzneimittelwirkungen oder Dosierungsunterschiede. Durch die Beratung in der Apotheke und die Pharmazeutische Betreuung könnten solche Probleme erkannt und gelöst werden. Doch stellt sich aus ökonomischer Sicht die Frage, ob der Preisvorteil der Generika die Kosten dieser Maßnahmen und die genannten Risiken wirtschaftlich ausgleicht.

Internet als Chance

Eine weitere Thematik war die Bedeutung des Internets für die Apotheke. Prof. Dr. Marion Schaefer, Berlin, zeigte neben den großen Gefahren durch unkontrollierten Arzneimitteleinsatz und Arzneimittelfälschungen auch den möglichen Nutzen des neuen Mediums auf. So können Apotheker und Patienten kostengünstig und schnell viele Informationen erhalten. Besonders chronisch Kranke, die in Selbsthilfegruppen organisiert sind, nutzen dies bereits heute. Hier seien die Apotheker gefordert, die Patienten mit den Informationen nicht allein zu lassen und ihnen bei der Bewertung zu helfen. Insgesamt gelte es zu untersuchen, wie das Internet die Beziehungen zwischen Patienten und Leistungsanbietern verändert.

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