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Arzneimittelforschung: Kinder-Arzneien fehlen

BONN (im). Die Bundesregierung prüft zur Zeit, wie die oft teure und für die pharmazeutische Industrie wenig lukrative Entwicklung von Arzneimitteln für Kinder gefördert werden kann. Im Bundestag bestätigte die Parlamentarische Staatssekretärin Christa Nickels vom Bundesgesundheitsministerium das Dilemma, dass es eine große Zahl von Medikamenten gebe, die zwar prinzipiell zur Anwendung an Kindern geeignet seien, für die jedoch Angaben zur Dosierung und Zubereitung fehlten.

Annette Widmann-Mauz (CDU) wies kürzlich im Bundestag darauf hin, dass nach Angaben des Marburger Professors Hannsjörg Seyberth mehr als 40 Prozent der in der Kinderklinik der Marburger Universität verschriebenen Mittel für Patienten unter 16 Jahren nicht zugelassen seien, auf Intensivstationen für Neugeborene sogar rund 90 Prozent der Arzneimittel.

Die Ärzte verordneten die Präparate mangels Alternative trotzdem und zumeist mit gutem Erfolg, was als individueller Heilversuch auch nicht strafbar sei. Eine Unterlassung könnte dagegen unter Umständen strafbar sein, sagte die CDU-Politikerin, die forderte, die Ärzte hier nicht im Stich zu lassen. Sie verwies auf die USA, wo es einen verlängerten Patentschutz gebe, wenn die Arzneimittel auch an Kindern getestet werden.

Christa Nickels bestätigte, dass das Arzneimittelgesetz (AMG) fremdnützige Forschung an Heranwachsenden nicht generell erlaube. So seien beispielsweise klinische Prüfungen der Phasen 1 und 2 (Prüfungen an gesunden Kindern zur Ermittlung der Pharmakologie als Vorstufe zu Tests mit kranken Kindern) verboten. Die Untersuchungen seien nur in bestimmten Fällen möglich, etwa wenn das kranke Kind von der Anwendung des Präparats einen Nutzen zu erwarten habe.

Jedoch liege die Ursache für die fehlenden Kinderpräparate nicht allein in den Bestimmungen des AMG. Oft nutzten die pharmazeutischen Unternehmen die genannten bestehenden Möglichkeiten nicht. Das Bundesgesundheitsministerium prüfe die Lösung der USA, den Firmen durch verlängerten Patentschutz zu ermöglichen, die anfallenden Kosten zu kompensieren.

Eine andere Option sei die Ausweitung der Verordnung zu so genannten orphan drugs (Arzneimittel gegen seltene Krankheiten) der Europäischen Union auf Kinderarzneimittel. Den Weg über ein staatliches Zentrum für Arzneimittelforschung an Kindern bezeichnete Nickels dagegen als weder wünschenswert noch machbar. Dies sei ein Vorschlag der Deutschen Gesellschaft für Kinderheilkunde und Jugendmedizin gewesen.

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