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Derzeit ist es noch nicht möglich, umfassend und tiefgehend zum Fall Stange Stellung zu beziehen. Der Prozess läuft und könnte sich wohl noch über einige Woche erstrecken. Doch bei alledem, was jetzt bereits vom Angeklagten selbst, seinem früheren Anwalt und den bisher vernommenen Zeugen offen gelegt wurde, tun sich Abgründe auf - und zum Teil "Schweinkram". Die Methode, wie hier am Aufbau eines Apotheken-Imperiums gearbeitet wurde, hatte System. Es war darauf angelegt, das Fremd- und Mehrbesitzverbot zu unterlaufen oder gar zu Fall zu bringen. Junge, unerfahrene Approbierte wurden abgezockt. Vor diesem Hintergrund kommt den Zeugenaussagen und deren Glaubwürdigkeit in diesem Prozess große Bedeutung zu. Verständlich, dass sich die ABDA um Zeugenaussagen bemühte, unverständlich dagegen, dass ABDA-Sprecher Pieck, wie der "Spiegel" berichtete, einer Zeugin ein Honorar von 12 000 DM für ihre Aussage geboten haben soll und das Versprechen, ihrem ausländischen Lebensgefährten bei der Einbürgerung zu helfen. Nicht nur ich frage mich da, was eine solche Aussage wert sein soll. Man wird diese Angelegenheit nicht mit dem in der letzten "Pharmazeutischen Zeitung" veröffentlichten lapidaren Hinweis aussitzen können, man äußere sich nicht zur Darstellung im "Spiegel", da es sich im Stange-Prozess um ein schwebendes Verfahren handle. Auch wenn die Gründe für den Einsatz der 12 000 Mark Zeugenhonorar noch so ehrenwert gemeint sein sollten - die Berufsöffentlichkeit sollte auch erfahren, wessen Geld es war.

Das Gesetz der Serie schlägt zu: Auch in Berlin ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen fünf Berliner Apotheken wegen Verdachts auf Kettenbildung. Die Behörden sind hellhörig und sensibel geworden. Ob in Deutschland noch weitere verdeckte Ketten auffliegen werden?

Zurückgetreten ist der gesamte Vorstand der Landesapothekerkammer Hessen in der vergangenen Woche. Wie aus einer Presseerklärung hervorgeht (wir veröffentlichten sie bereits auf Seite 8 unserer Montagausgabe), wolle man damit ein Zeichen setzen: es geht um einen aufgedeckten Rezeptschwindel, um unzulässige Rezeptzuweisungen in erheblichem Umfang. Nach Ansicht der Vorstandsmitglieder dürften "einige wenige schwarze Schafe nicht das Vertrauen der Bevölkerung und der Politik in den gesamten Berufsstand erschüttern". Der Rücktritt ist ein Schritt, der sensibilisieren soll, aber im ersten Moment nicht ganz nachvollziehbar ist. Der Ex-Vorstand sollte hier noch ein paar klärende Worte hinterher schicken.

Unruhe bei den Zytostatika-verarbeitenden Apothekern. Sie fühlen sich durch die vor einem Jahr in Kraft getretene Zytostatikapreisvereinbarung benachteiligt. Mit dieser Preisvereinbarung, so ihre Kritik am Deutschen Apothekerverband, der dieses Vertragswerk mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen schloss, werde ein nicht kostendeckender Arbeitspreis festgelegt und Verluste hervorgerufen, da Anbrüche nicht voll berechnet werden dürften. Man könnte sich jetzt zurücklehnen und diese Nachteile des Vertrags als Problem der "Zytostatika-Apotheker" abtun, aber eine solche Vereinbarung könnte auch generell Auswirkungen auf alle Offizinapotheken haben. Denn darin lässt sich auch eine politisch gewollte Stärkung der Krankenhausapotheker in solchen Bereichen sehen, die eigentlich den Offizinapothekern vorbehalten sind.

Krankenhausapotheken bieten niedergelassenen Onkologen z. B. an, die Zytostatikarezepturen noch kostengünstiger herzustellen, als dies eine öffentliche Apotheke kann. Wenn hier der Damm bricht, so die Sorge der Zytostatika-verarbeitenden Apotheker in unserem Interview, dann dehnen die Krankenhausapotheker ihre Dienste sehr schnell auch auf Patientengruppen wie Diabetiker, Hypertoniker, Asthmatiker u. a. aus. Das Interview zeigt: der Konflikt zwischen Krankenhaus- und Offizinapothekern, der auf dem letzten Deutschen Apothekertag zu Tage trat, ist noch nicht bereinigt. Wann wird diese Baustelle geschlossen?

Peter Ditzel

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