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Gentherapie: DNA-Targeting mit Liposomen

Über nichtvirale Träger in der Gentherapie trug am 1. Februar 2000 Prof. Dr. Alfred Fahr aus Marburg im Pharmazeutischen Kolloquium des Instituts für Pharmazie der Universität Greifswald vor.

Trotz nunmehr 20-jähriger intensiver Forschungsarbeit mit 10-jähriger Erfahrung durch klinische Studien ist es bislang nicht gelungen, einen bahnbrechenden Erfolg in der stark diskutierten Gentherapie zu erzielen, mit deren Hilfe die kausale Bekämpfung von Krankheiten wie Krebs oder AIDS möglich werden soll. Es besteht das grundsätzliche Problem, die wenigen benötigten Fentogramm der etwa 106 Dalton großen DNA unbeschadet an den Wirkort zu bringen. Die starke Polarität (negative Ladungen) und die spezielle Knäuelung des Moleküls (1 mg DNA nimmt entspiralisiert eine Länge von 300000 km ein) erfordern spezielle galenische Formulierungen.

Viren als Genfähren

Der Lösungsansatz, Viren, die den Weg zur Zielzelle "kennen" und die erforderliche Transkription einleiten können, als Vehikel (Genfähre) zu verwenden, scheitert bisher an Entzündungsreaktionen oder erworbener Immunität des Körpers. Die Therapie eines Ornithin-Transcarbamylase-Defizits durch Gabe DNA-gepackter Viren verlief in einem aktuellen Falle tödlich, da nach wiederholten Applikationen 38 Billionen Viren im Körper des betroffenen Jungen ein Organversagen auslösten.

Liposomen als Alternative

Fahr berichtete im Folgenden ausführlich über das Targeting mit Liposomen als nichtviralen Trägern für die Gentherapie. Die jeweilige DNA muss zunächst kondensiert (Knäuelung auf 100 bis 200 nm) und geschützt werden, anschließend ist das zielgerichtete Einschleusen (Targeting) in den Zellkern erforderlich, wobei eine hohe Halbwertszeit als Kriterium für die Stabilität angestrebt werde. Minimierung der Liposomengröße reduziert dabei das Risiko immunologischer Reaktionen.

Dass eine Kondensation bei der Formulierung mit kationischen Liposomen und anschließende Dekondensation am Zielort wirklich stattfinden kann, hat Fahr mittels Fluoreszenzspektroskopie und Kraftmikroskopie (AFM) in vitro nachgewiesen; die Lokalisierung im Zellkern war mit Hilfe der konfokalen Lasermikroskopie messbar. Es wurde versucht, das Problem des Targetings bei der familiären Hypercholesterinämie durch eine Ex-vivo-Behandlung zu lösen.

10 bis 15 Prozent der Leberzellen werden bei diesem Vorgehen dem Patienten entnommen und nach Kultivieren mit den klonierten LDL-Rezeptor-exprimierenden Genen injiziert (z. B. in die Portalvene). Dabei kann noch 6 Monate später eine Expression der fehlenden LDL-Rezeptoren nachgewiesen werden, der Cholesterinwert wird jedoch insgesamt nur um nicht für einen Behandlungserfolg ausreichende 20 Prozent gesenkt (70 Prozent sind anzustreben).

Gewebespezifität durch immunogene Moleküle

Hier setzt, so der Referent, die Überlegung an, speziell zyklisierte, nicht immunogene RGDMoleküle an der Außenseite der Liposomen zu präsentieren, um eine gewünschte Tumorspezifität zu erhalten. Die durch den Tumor mittels Wachstumsfaktoren eingeleitete Angiogenese bringt ein Endothel hervor, das durch Integrine den Kontakt zur extrazellulären Matrix herstellt. Diese tumorspezifischen Integrine enthalten das RGD-Motiv, das der Aminosäuresequenz Arginin - Glycin - Asparaginsäure entspricht.

Die teils ausgezeichneten Transfektionsraten von 90 Prozent bilden, so Fahr, eine gute Ausgangsbasis für die Weiterentwicklung zu einem Fertigarzneimittel, die derzeit durch Sicherung von Patenten vorangetrieben werde. Man arbeite daran, den pharmazeutischen Qualitätskriterien gerecht zu werden. Der noch erforderliche Optimierungsschritt, die DNA quantitativ in die Liposomen einzulagern, sodass nicht das typische mikroskopische Bild von "spaghetti (DNA) and liphills (Liposomen)" entsteht, entscheidet dabei maßgeblich über den Erfolg dieses Vorhabens. Bislang wurde die Grundlagenforschung ohne die Hilfe großer Sponsoren durchgeführt.

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