Berichte

Pharmazeutische Chemie: Prodrug-Design

Ende Januar hielt Professor Patrick Bednarski, Greifswald, im Pharmazeutisch-Medizinisch-Chemischen Kolloquium an der Universität des Saarlandes einen Vortrag zum Thema Prodrug-Design.

Die Methoden der Wirkstofffindung zielen immer mehr auf genau definierte biomolekulare Targets, die im High-Throughput-Screening eingesetzt werden können. Hoch wirksame Leitstrukturen, die mit Hilfe derartiger In-vitro-Methoden identifiziert werden, besitzen aber meist nicht die gewünschten physiko-chemischen Eigenschaften, oder das pharmakokinetische Profil, das für einen erfolgreichen Arzneistoff erforderlich ist.

Heute stehen verschiedene Werkzeuge der Pharmaforschung zur Verfügung, um aus einer Leitsubstanz mit ungünstigen pharmazeutischen Eigenschaften einen Arzneistoff zu machen. Eine effiziente Methode ist die Entwicklung von Prodrugs. Prodrugs, die sich durch enzymatische bzw. nicht enzymatische Reaktionen aktivieren lassen, können in zwei Gruppen unterteilt werden, in Zwei- und Drei-Komponenten-Prodrugs.

Bei den Zwei-Komponenten-Prodrugs ist der Wirkstoff direkt mit dem "Carrier" verbunden. Beispiele hierfür sind mit Alkoholen bzw. Carbonsäuren veresterte Wirkstoffe, die durch Einwirkung von Esterasen in die Drugs überführt werden. Nachteilig bei diesen Prodrugs ist der oft fehlende enzymatische Umsatz der Proform zur Wirkform.

Bei den Drei-Komponenten-Prodrugs sind der Wirkstoff und der "Carrier" durch eine geeignete "Spacer"-Gruppe voneinander räumlich getrennt. Daher kann die enzymatische Spaltreaktion des Carriers von dem Spacer durch gezielte Struktur-Reaktivität-Untersuchungen optimiert werden, und zwar unabhängig von der Wirkstoffstruktur. Nach enzymatischer Abtrennung des Carriers vom Spacer soll eine schnelle Freisetzung des Wirkstoffes vom Spacer erfolgen.

Ringschlussreaktionen eignen sich dazu besonders gut. Bednarski erläuterte anhand von verschiedenen Beispielen dieses Konzept. Durch nachgeschaltete intramolekulare Ringbildungsreaktionen kann eine äußerst schnelle und effektive Freisetzung des Wirkstoffs erfolgen. Ein Beispiel aus dem Arzneistoffschatz ist das Zytostatikum Nimustin. Ringbildungsreaktionen können ferner eingesetzt werden, um Prodrugs von zyklischen Wirkstoffen zu entwickeln, wie bei den Arzneistoffen Proguanil und Omeprazol realisiert.

Schließlich zeigte Bednarski aus winer eigenen Forschung, wie er mit Hilfe von Ringschlussreaktionen besser wasserlösliche prodrugs aus chelatbildenden Platinzytostatika entwickelt hat. Am Ende des Vortrages war den Zuhörern klar, wowon eine erfolgreiche Prodrug-Entwicklung abhängt: von dem chemischen Know-how, von den biochemisch-physiologischen Kenntnissen und nicht zuletzt von der wissenschaftlichen Phantasie des Medizinischen Chemikers.

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.