Berichte

Universität Greifswald: Arzneimittelqualität 2000 – alles bestens?

Auch in Zeiten umfangreicher Qualitätssicherungsverfahren, Zertifizierungen und zahlreicher gesetzlicher Bestimmungen sei die Arzneimittelqualität nicht unproblematisch. Dies legte Prof. Dr. Henning Blume (Socra Tec R & D, Oberursel) in einem Vortrag am 30. November 1999 im pharmazeutischen Kolloquium in Greifswald dar.

Blume berichtete einleitend über einige Vorkommnisse aus jüngerer Zeit, um den Zuhörern das Problem der Arzneimittelqualität vor Augen zu führen: JIm Juli 1996 sterben auf Haiti 59 Kinder, weil in ihrem Antibiotikum Glycerol durch Propylenglykol ersetzt wurde, Jim September 1997 werden in Vorderasien mit Glibenclamid verunreinigte Cotrimoxazol-Tabletten aufgefunden, Jim Januar 1999 wird in Deutschland Säuglingen irrtümlich Kaliumchlorid injiziert, da die Ampullen als Glucoseampullen gekennzeichnet waren.

Ordnungsgemäße pharmazeutische Qualität, Bioverfügbarkeit und Bioäquivalenz, Qualität am Markt und Transparenz für Fachkreise sind unerlässliche Voraussetzungen für die erforderliche Arzneimittelqualität. Die Arzneimittelqualität im Jahre 2000 werde dabei in den verschiedenen Fachkreisen unterschiedlich eingeschätzt: In der Ärzteschaft herrsche Unsicherheit, die Apotheker gäben diesbezüglich oft nur halbherzige Bekenntnisse ab, während die pharmazeutische Industrie die Qualität der Arzneimittel vollends garantieren wolle. Die Brisanz des Themas leite sich nicht zuletzt von der aktuellen Forderung der Betriebskrankenkassen auf Einführung einer Festbetragsregelung ohne Rücksicht auf die Arzneimittelqualität ab.

Rückblick auf die letzten Jahrzehnte

In seinem Rückblick erwähnte Blume die "wilden" 60iger und 70iger Jahre, in denen unzureichende behördliche Überwachungen und insgesamt ungenügende Qualitätsanforderungen vorherrschten. In den 80iger Jahren wurde nachgebessert, es traten jedoch durch den Siegeszug der Generika neue Probleme im Hinblick auf die Arzneimittelqualität auf: Bioverfügbarkeit und Bioäquivalenz. Dabei wurde die Wirkstofffreisetzung als wichtigster biopharmazeutischer Parameter erkannt. Diese Erkenntnisse wurden immer wieder durch bedeutende Studien (1983: Glibenclamid und andere) des Zentrallaboratoriums der Deutschen Apotheker in Eschborn, in denen In-vitro-/In-vivo- Korrelationen, Kinetik-Dynamik- Kopplungen und die therapeutische Relevanz der Bioverfügbarkeit berücksichtigt wurden, bestätigt. Die Resonanz war so groß, dass die Ergebnisse zum politischen Thema wurden.

Mehr Transparenz

Seit Mitte der 90iger Jahre zeichne sich eine Trendwende und insgesamt positive Entwicklung bezüglich der Anforderungen und Überwachung von Arzneimitteln ab. Trotz der Verbesserung des Qualitätsstandards müsse man jedoch, so Blume, die insgesamt schlechte Transparenz bemängeln. Diese werde im Zeitalter der Globalisierung zudem durch unterschiedliche Zulassungsverfahren, die z. B. bei neuen Wirkstoffen vollständige klinische Dossiers verlangen, erschwert, während man sich bei Importen mit "formalen" Zulassungen begnüge. Ziel für die Arzneimittelqualität im Jahre 2000 müsse eine größtmögliche Transparenz sein.

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.