Kommentar

Grob gerastert

Frau Fischer, die Bundesgesundheitsministerin, könnte sich eigentlich ihr ganzes Positivlistenspektakel und die Einrichtung des aufwendigen Arzneiinstituts zur Beurteilung der Arzneimittel schenken. Deutschlands Superarzneimittelkritiker, von der Stiftung Warentest beauftragt, haben die Arbeit bereits erledigt. Das "Handbuch Medikamente" zeigt, wo's lang geht im Arzneimitteldschungel. Sie stülpten ein Grobraster über 5000 Medikamente, siebten kurz durch und heraus kamen vier Bewertungsgruppen, von "geeignet" bis "wenig geeignet". Ein Viertel der Arzneimittel wurde in die letzte Gruppe eingeordnet - das ging durch die Medien (dass immerhin drei Viertel irgendwie geeignet sind, wurde nicht hochgespielt). Die Bewertung unseres Arzneischatzes in vier Stufen - so einfach ist das, glauben zumindest das Autorinnen- und Gutachtertrio Herbst, Bopp und Glaeske. Ist es eben nicht, sagen dagegen Pharmaindustrie, -verbände, aber auch Wissenschaftler. Denn das Raster ist zu grob und einseitig, neueste Erkenntnisse wurden z. T. einfach nicht berücksichtigt, z. B. bei coffeinhaltigen Analgetika oder Venen- und Rheumasalben.

Nach dem Werk "Bittere Pillen", das bereits seit 1983 erscheint und den Arzneimittelmarkt ebenfalls in vier Kategorien klassifiziert, von "therapeutisch zweckmäßig" über "wenig zweckmäßig" und "möglicherweise zweckmäßig" bis hin zu "abzuraten", versucht jetzt das "Handbuch Medikamente" dem Patienten - der allerdings schon ein "gebildeter Laie" sein sollte - ein Wegweiser zu sein. Und unter uns Pfarrerstöchtern: So schlecht ist das Buch nicht aufgemacht, es bemüht sich zumindest um Sachlichkeit. Die Texte sind im Vergleich zu den "Bitteren Pillen" stärker von ideologischen, typisch arzneikritischen Untertönen befreit. Dies könnte auch darauf zurückzuführen sein, dass - einem Ondit zufolge - so typische Kritiker wie z. B. der Bremer Schönhöfer, der ursprünglich an dem Warentest-Buch mitarbeiten sollte, ausstieg, da es ihm zu wenig kritisch gewesen sein soll.

Was ich mich bei solchen Büchern immer wieder frage: Warum schaffen es Apotheker und Pharmakologen aus "unseren Reihen" nicht, solche Übersichten zusammen zu stellen? Ich könnte mir vorstellen, dass ein solcher Wegweiser dann trotz notwendiger Kritik auch neueste Erkenntnisse berücksichtigen würde und nicht aus Ideologie von vornherein - salopp gesagt - jedes Kombischmerzmittel ablehnt. Peter Ditzel

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