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1997 schlug sie hohe Wellen: die Berliner Initiative über den Bundesrat, Krankenhausapotheken mehr Möglichkeiten im ambulanten Bereich zu eröffnen. Begründet wurde sie mit der hohen Zahl an Klinikbetten, die als Folge der Pflegeversicherung in Pflegebetten umgewandelt wurden und daher aus § 14 des Apothekengesetzes herausfielen. Also müsste eine Neufassung her, meinten die Berliner, die die Versorgung von Krankenhausambulanzen und von Pflegeheimen regele. Pflegeheime würden dem Gesetzentwurf zufolge Kliniken gleichgestellt. In einem Abwasch sollte zugleich die Zytostatikaabgabe geändert werden, die öffentliche Apotheke könnte solche Zubereitungen unmittelbar an den anwendenden Arzt abgeben, lautete der Vorschlag. Und vertragliche Regelungen zwischen Krankenhausapotheken oder öffentlichen Apotheken und den Rettungsdiensten wurden im Gesetzentwurf auch noch aufgeführt.

Das sorgte für Zündstoff. ABDA-Repräsentanten wie Pieck oder Friese bezogen damals öffentlich Stellung. Die frühere Regierung stimmte in einigen Punkten zu, in anderen nicht. Der Gesetzentwurf blieb liegen. Es wurde ruhig, 1998 war so gut wie keine Rede mehr davon. Jetzt hat der Bundesrat dies wieder ins Gespräch gebracht. Verständlich, dass Berlin nicht locker lassen will, historisch begründet ist das Phänomen der Überversorgung in der Stadt an der Spree sehr krass.

Warum ist der Gesetzentwurf brisant? Würde er so umgesetzt, würde die Trennung zwischen öffentlichen Apotheken und Krankenhausapotheken ein Stück aufgegeben. Klinikapotheken könnten entlassenen Patienten Arzneimittel für das Wochenende oder den Feiertag mitgeben sowie für Pflegeheime zuständig werden. Das wäre das Dispensierrecht fürs Krankenhauspersonal und würde einiges durcheinander wirbeln. Bekanntlich gibt es zwei völlig unterschiedliche Systeme. Im stationären Bereich gilt die Arzneimittelpreisverordnung nicht, Krankenhausapotheken erhalten die Ware zu anderen Preisen als die Offizin. Für letztere gelten Regeln wie das Verbot von Fremd- und Mehrbesitz.

Selbst wenn man diese Gründe zur Seite schiebt, stellt sich die Frage, wer wo etwas spart. Wenn Kliniken Heime anderer Träger versorgten, würde die Krankenhausapotheke gewerblich tätig, Mehrwert-, Gewerbe- und Körperschaftsteuer fielen an, die Vollkostenkalkulation würde mögliche Einsparungen reduzieren.

Es geht insgesamt jedoch um mehr als um ein paar Details, das sollte man sich in Erinnerung rufen. Bei der jetzigen Regierung hoffen die Bundesländer offenkundig auf ein wohlwollendes Verhalten. Schließlich wollen SPD und Grüne den Kliniken mehr Zuständigkeiten im ambulanten Bereich erlauben. Das liegt von der Philosophie nicht weit auseinander.

Da fragt sich die Beobachterin, warum die ABDA nicht offensiv versucht hat, im letzten Jahr noch bis zur Sommerpause dem Ganzen die Spitze zu nehmen, sprich auf eine politische Lösung noch vor der Bundestagswahl zu drängen? Vorschläge zur Versorgung von Pflegeheimen gab es zur Genüge.

Jetzt steht das Thema wieder auf der Tagesordnung, aber die Großwetterlage hat sich grundlegend verändert. Womöglich existieren in dieser Sache zwei Strömungen in der ABDA, die Gruppe derjenigen, die das Problem aktiv beim Schopf packen wollte und die der Aussitzer? Ob man gut beraten war, auf letztere, die zaudernden, zu hören?

Susanne Imhoff-Hasse

Erneuter Vorstoß

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