DAZ aktuell

Das "Wie" steht für die Positivliste noch aus

BONN (im). Die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben sich auf ihrer Klausurtagung am 18./19. Februar in Bonn noch nicht über alle Eckpunkte der Gesundheitsreform geeinigt. Die Konkretisierung der geplanten Positivliste soll auf einer weiteren Sitzung endgültig erfolgen. Am 19. Februar gaben Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer und Katrin Göring-Eckardt (beide Bündnis 90/Die Grünen) sowie Rudolf Dreßler und Gudrun Schaich-Walch (beide SPD) einige Einzelheiten der Reform, die in diesem Sommer im Parlament beraten werden und am 1. Januar 2000 in Kraft treten sollen, in Bonn bekannt.

Was geschieht mit Zuzahlungen?


Nach Angaben des stellvertretenden Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion Rudolf Dreßler formuliert die Koalition Leitthemen zur Reform, die anschließend mit den Beteiligten diskutiert werden. Beschlossen sei, dass die Liste erstattungsfähiger Arzneimittel (Positivliste) kommt. In ihr werden auch Phytotherapeutika und Präparate der besonderen Therapierichtungen wie Anthroposophie und Homöopathie vertreten sein. Jetzt müssten noch die Anforderungen an diese Arzneimittel konkretisiert werden, war nach der Klausurtagung am 19. Februar zu erfahren.
Laut Dreßler herrscht zudem Einigung über das Arzneimittelinstitut, das für die Liste zuständig werden soll. Auch hier gehe es nur noch um das "Wie".
Über die Zuzahlung der Patienten zu Arzneimitteln sei noch nicht beraten worden, hieß es. Grundlage der Beratung von SPD und Bündnis 90/Die Grünen ist das 17 Seiten umfassende Papier aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG), das zuvor mit dem Kanzler abgestimmt worden sei, so Ministerin Andrea Fischer (siehe AZ Nr. 8 vom 22. Februar). In diesem Entwurf heißt es wörtlich "Die Zuzahlung der Versicherten wird nach medizinischen Kriterien (Schweregrad der zu behandelnden Krankheit, therapeutische Bedeutung des Arzneimittel) differenziert."

Herzstück der Reform: Die Verzahnung von ambulant und stationär


Nach Worten von Dreßler und Fischer ist die Verzahnung des ambulanten mit dem stationären Sektor Herzstück der Reform. So sollen hochspezialisierte Klinikabteilungen die Zulassung bekommen, ambulant Patienten zu behandeln. Im Gegenzug sollen niedergelassene Mediziner kurz stationär Patienten im Krankenhaus weiter therapieren dürfen. Nach Worten des SPD-Gesundheitsexperten müsse als Folge daraus die Krankenhausplanung in Zukunft von Krankenkassen und Bundesländern einvernehmlich erfolgen. Das geltende System - die Länder planen und die Kassen zahlen - solle nicht fortgesetzt werden. Schrittweise soll die Finanzierung der Kliniken auf die Krankenkassen übergehen (Monistik). Die Kassen sollten mehr als bisher in die Verantwortung eingebunden werden. Eine Strukturreform, die die Kliniken nicht einschließe, verdiene diesen Namen nicht, machte Dreßler deutlich.

Stärkung des Hausarztes


Wichtiges Ziel sei darüber hinaus die Stärkung der Hausärzte. Die Hausärzte sollen künftig ein eigenes Budget erhalten und in eigenständigen Verträgen spezielle Vergütungsformen mit den Kassen aushandeln können. Der SPD-Gesundheitsexperte gab als Grund den seit Jahren sinkenden Anteil der Hausärzte in den Kassenärztlichen Vereinigungen zu Gunsten von Fachärzten an. Aufgrund der unterschiedlichen Honorierungen sei es durch die Fokussierung auf Fachärzte zu Kostensteigerungen gekommen.
Wie die Bundesgesundheitsministerin in diesem Zusammenhang sagte, sei über die Anreize noch nicht entschieden worden. Hier gebe es verschiedene Modelle. Im Konzept des Bundesgesundheitsministeriums wird vorgeschlagen, dass Krankenkassen denjenigen Versicherten, die sich für einen Hausarzt als Lotsen entscheiden, einen Bonus geben können. In der Diskussion war jedoch auch eine Änderung der Krankenversichertenkarte. So hatte Rudolf Dreßler vorgeschlagen, im Quartal nur zwei Hausarzt-Erstbesuche und einen Facharztbesuch per Chipkarte ohne Überweisung zuzulassen.

Globalbudget kommt


Zur wichtigen Frage des geplanten Globalbudgets verlautete, jede Kassenart bekomme eine solche Ausgabenbegrenzung. Halter des Budgets sei die vertragsschließende Kasse, die auch über die Einhaltung der jeweiligen Obergrenze wachen solle. Das Globalbudget richte sich nach der Steigerung der Grundlohnsumme (die die Einnahmen der Krankenkassen bedingt). Da an dem Grundsatz der Beitragssatzstabilität festgehalten werde, dürften die Kassen nicht mehr ausgeben, als sie einnähmen. Über die neuen Bundesländer müsse noch beraten werden, hieß es. Hier sinkt die Grundlohnsumme im Gegensatz zum Westen, wo sie - wenn auch nur leicht - steigt.
Nach Worten der Bundesgesundheitsministerin ist die Tagung konstruktiv verlaufen. Entscheidend sei, wie die Versorgung verbessert werden könne bei zugleich stabilen Beiträgen. Neue Versorgungsformen sollten zugelassen und die Zusammenarbeit zwischen ambulantem und stationärem Sektor verbessert werden. Die beteiligten Verbände rief Andrea Fischer zum Dialog auf.
Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD, Gudrun Schaich-Walch, zählte auf, worüber - neben den Arzneimitteln - in der nächsten Runde beraten wird. Demnach muss über Zahnmedizin, eine Stärkung der Prävention, über Gesundheitserhaltung, Selbsthilfegruppen, mehr Patientenschutz sowie über Qualitätssicherung im Gesundheitswesen noch entschieden werden.

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