Rechtsprechung aktuell

Kunden- und Gesundheitskarte: Welche Daten sind erlaubt?

Das Anbieten von Kundenkarten, mit denen Kunden u. a. ein Rabatt in Höhe von 3% auf alle nicht apothekenpflichtigen Waren eingeräumt wird, verstößt gegen das Rabattgesetz und ist wettbewerbswidrig, wenn der Kunde für den Erwerb der Karte unzumutbar persönliche Daten (Hausarzt, Dauermedikation, Telefonnummer, Krankenkasse etc.) preisgeben soll. (Landgericht Mühlhausen, Urteil vom 10. Mai 1999, Az.: 2 HKO 3078/98)

Ein Apothekenleiter warb in mehreren Zeitungsanzeigen und auf öffentlich verteilten Werbeblättern für die Ausgabe einer "Gesundheitscard", welche den Kunden seiner Apotheke besondere Leistungen erschließen sollte. Nach der Werbung sollte ein Karteninhaber 3% Rabatt auf alle nicht apothekenpflichtigen Waren erhalten. Darüber hinaus erleichtere die Karte die Prüfung der Sicherheit und Verträglichkeit der Arzneimittel des Karteninhabers einschließlich der Wechselwirkungen. Für Krankenkasse und Finanzamt werde kostenlos eine Jahresabrechnung erteilt. Außerdem heißt es in der Werbung: "Bei uns brauchen Sie keinen Befreiungsbescheid mehr vorzulegen, wir wissen, dass Sie einen besitzen." "Also, einfach Coupon ausfüllen, abgeben und Gesundheitskarte mitnehmen!" Der Coupon enthielt außerdem Fragen nach Namen, Geburtsdatum, Anschrift, Telefon, Hausarzt, Dauermedikation, Kasse sowie Befreiung von der Zuzahlung. Außerdem war die Erklärung vorgedruckt: "Mit der Speicherung meiner persönlichen Daten bin ich einverstanden."

Das Landgericht sah in dem mit der Gesundheitscard angekündigten Preisnachlass von 3% im Zusammenhang mit den auf dem Coupon erfragten Angaben einen unzulässigen Sonderrabatt nach § 1 Abs. 2 Rabattgesetz. Unzulässig ist danach ein Sonderpreis, wenn er lediglich bestimmten Verbraucherkreisen zugebilligt wird. Wenn die Rabattgewährung – wie hier – an den Besitz einer Kundenkarte geknüpft ist, kommt es darauf an, ob der Erwerb der Kundenkarte nur bestimmten Gruppen ermöglicht wird oder ob er von Bedingungen abhängig ist, die der Kunde als belastend bzw. nicht ohne weiteres zumutbar empfindet (so die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, Entscheidung vom 29. August 1995, NJW 1995, 724, 726). Nach der Beurteilung des Landgerichts liegen gegenüber Apothekenkunden solche unzumutbaren Bedingungen vor, wenn neben den sicherlich zulässigen Fragen nach Namen und Anschrift zusätzlich Fragen nach dem Hausarzt und der Dauermedikation, außerdem in diesem Zusammenhang zu Telefonnummer und Geburtsdatum sowie zur Krankenkasse, Befreiung zur Zuzahlung und zu Diabetes gestellt werden, weil sie höchstpersönliche Bereiche der Kunden beträfen.

Bei unbefangener Betrachtung seien die Werbeanzeigen des Apothekenleiters so zu verstehen, dass der Rabatt von 3% nur dann gewährt werde, wenn sämtliche Fragen von den Kunden beantwortet würden. Ohne Belang sei dabei, dass der Apotheker die Kundenkarte auch an diejenigen ausgebe, die nur einen Teil der Angaben machen würden, weil sich dies den Werbeanzeigen nicht entnehmen ließe. Deshalb mache der Apothekenleiter die Ausgabe der Karte von unzumutbaren Bedingungen abhängig, billige sie also nur Personen zu, die diese nicht ohne weiteres zumutbaren Fragen beantworteten.

Auszug aus dem Rabattgesetz

§ 1

(1) Werden im geschäftlichen Verkehr Waren des täglichen Bedarfs im Einzelverkauf an den letzten Verbraucher veräußert oder gewerbliche Leistungen des täglichen Bedarfs für den letzten Verbraucher ausgeführt, so dürfen zu Zwecken des Wettbewerbs Preisnachlässe (Rabatte) nur nach Maßgabe der nachfolgenden Vorschriften angekündigt oder gewährt werden.

(2) Als Preisnachlässe im Sinne dieses Gesetzes gelten Nachlässe von den Preisen, die der Unternehmer ankündigt oder allgemein fordert, oder Sonderpreise, die wegen der Zugehörigkeit zu bestimmten Verbraucherkreisen, Berufen, Vereinen oder Gesellschaften eingeräumt werden.

§ 2

Der Preisnachlass für Barzahlung (Barzahlungsnachlass) darf drei vom Hundert des Preises der Ware oder Leistung nicht überschreiten. Er darf nur gewährt werden, wenn die Gegenleistung unverzüglich nach der Lieferung der Ware oder der Bewirkung der gewerblichen Leistung durch Barzahlung oder in einer der Barzahlung gleichkommenden Weise, insbesondere durch Hingabe eines Schecks oder durch Überweisung, erfolgt.

Anmerkung zur Entscheidung

Kundenkarten finden auch in Apotheken zunehmend Verwendung. Der Einsatz solcher Karten ist – wie die Entscheidung des Landgerichts zeigt – zulässig. Die Frage ist allein, welche Informationen von dem Kunden für die Aushändigung der Karte zumutbarerweise verlangt werden können. Im Jahr 1995 begründete der Bundesgerichtshof die Zulässigkeit der Verwendung solcher Karten in einem Optikergeschäft damit, dass es der Lebenserfahrung entspreche, bei einem Brillenkauf in einem Optikerfachgeschäft nach Name und Anschrift gefragt zu werden, selbst wenn dies nur geschehe, um dem Kunden die Fertigstellung der Brille mitteilen zu können. Deshalb sei es nicht unzumutbar, solche Angaben auch bei Ausstellung der Kundenkarte zu erfragen.

Überträgt man diese Argumentation auf Apothekenkunden, so dürfte es zumindest Bedenken begegnen, Angaben zur Medikation in einer Apotheke als unzumutbar anzusehen. Solche Fragen wird ein Apotheker schon im Hinblick auf § 20 Apothekenbetriebsordnung regelmäßig stellen müssen, so dass derlei Angaben für Kunden einer Apotheke kaum überraschend sein dürften. Gleiches wird für die Mitteilung von Name, Anschrift und Geburtsdatum gelten müssen, weil auch diese Angaben für die Wahrnehmung des Arzneimittelversorgungsauftrags relevant sein können.

Dennoch ist Apothekenleitern, die die Verwendung von Kundenkarten erwägen, zu empfehlen, nur die vom Bundesgerichtshof genannten Mindestangaben bei der Ausstellung zu fordern. Weitere Daten, die Dienstleistungsangebote zur Überprüfung von Wechselwirkungen etc. erst ermöglichen, können ja gegebenenfalls auch im Nachhinein, also irgendwann nach Aushändigung der Kundenkarte auf Wunsch des Kunden aufgenommen oder unverbindlich erfragt werden.

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