Arzneimittel und Therapie

Homocystein-Stoffwechselstörungen: Wirkstoff Betain erstmals als Arzneimittel v

Mit der USA-Zulassung von Cystadane steht jetzt erstmals ein Betain- Präparat als Arzneimittel zur Behandlung verschiedener Homocystein-Stoffwechselstörungen zur Verfügung. Bislang mussten hierfür Zubereitungen aus Chemikalien eingesetzt werden, deren Reinheitsgrad nicht immer den Ansprüchen eines Arzneimittels genügt. Dies ist besonders bei Dauertherapien problematisch, wie die Orphan Europe GmbH mitteilt.

Als Homocystinurie werden verschiedene Formen angeborener Stoffwechselerkrankungen bezeichnet, die mit einer massiven Erhöhung der Homocystein-Konzentration in den Körperflüssigkeiten einhergehen und zu komplexen Krankheitsbildern führen. Viel häufiger sind Fälle einer moderat erhöhten Homocystein-Konzentration im Blut, die mit vaskulären Erkrankungen assoziiert ist und als Risikofaktor für vorzeitige Atherosklerose gilt. Die Konzentration des Homocysteins im Blut wird durch einen komplexen Mechanismus reguliert.

Störungen dieses Stoffwechsels können zum einen durch genetische Defekte bedingt sein, welche die Bildung oder die Funktion von wichtigen Enzymen beeinträchtigen. Zum anderen kann die Ursache ein ernährungsbedingter Mangel an verschiedenen Vitaminen sein, die den beteiligten Enzymen als Kofaktor oder Kosubstrate dienen.

Mangel an Cystathionin-®-Synthase

Die häufigste Form der Homocystinurie ist der Mangel an Cystathionin-®-Synthase, einem Vitamin-B6-abhängigen Enzym, das den Homocystein- Abbau durch Bildung von Cystathionin einleitet und somit die Konzentration von Homocystein reduziert. Bei diesem Krankheitsbild kommt es zu einem stark erhöhten Homocystein-Spiegel (Gesamt-Homocystein: 200 bis 500 µmol/l) und erhöhten Methionin-Werten. Der primäre therapeutische Ansatz ist hier die Gabe von Vitamin B6 in hoher Dosierung.

Gelingt es nicht, die Homocysteinwerte auf mindestens 50 µmol/l zu reduzieren (Normalwert <10 µmol/l), sollte eine Behandlung mit Betain (Cystadane®) eingeleitet werden. Betain dient als Substrat für einen alternativen Stoffwechselweg, über den Homocystein in Methionin überführt wird. Auf die Verwendung von Zubereitungen aus Chemikalien sollte vollständig verzichtet werden, da hier der Reinheitsgrad nicht ausreichend gewährleistet ist. Dies ist besonders bei einer Dauertherapie wie der Betain- Substitution problematisch. Deutlich seltener als der Cystathionin- ®-Synthase-Mangel sind Remethylierungsdefekte wie ein Mangel an Methylentetrahydrofolat- Reduktase oder dem Kofaktor Cobalamin. Hier besteht die Basistherapie aus Vitamin B12 und Folsäure. Bei unzureichendem Ergebnis ist auch hier der Einsatz von Betain erforderlich.

Patienten mit einer Homocystinurie fallen durch neurologische Komplikationen wie psychomotorische Retardierung und zerebrale Anfallsleiden auf. Auch die Luxation der Augenlinsen kann ein erster deutlicher Hinweis auf eine Homocystinurie sein. Unbehandelt treten sehr frühzeitig Vaskulopathien mit hohem Risiko für Thromboembolien auf; ebenso wird die Entstehung von Osteoporose begünstigt. Leider vergehen heute immer noch viele Jahre, bevor die richtige Diagnose gestellt wird und eine gezielte Therapie eingeleitet werden kann.

Moderat erhöhte Homocysteinwerte kommen Literaturdaten zufolge insbesondere bei jungen Patienten mit kardiovaskulären Problemen vor. Eine Hyperhomocysteinämie ist ein unabhängiger kardiovaskulärer Risikofaktor. Bei den meisten Patienten kann hier durch hohe Dosierung von Vitamin B6 sowie Vitamin B12 und Folsäure eine Normalisierung des Homocysteins erreicht werden; sollte dies nicht gelingen, ist auch hier Betain indiziert. Grundsätzlich ist es das Ziel der Therapie, den Homocystein-Spiegel so weit wie möglich zu senken.

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.