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HIV/AIDS-Epidemie: Weltweit dramatische Entwicklung – in Deutschland dageg

BERLIN. Im Vergleich zur weltweiten Entwicklung gestaltet sich der Verlauf der HIV/AIDS-Epidemie in Deutschland nach wie vor günstig. Die Zahl der AIDS-Erstmanifestationen wird im Jahre 1999 mit erwarteten ca. 600 Fällen auf dem Niveau von 1998 verbleiben. Etwa 500 Menschen werden in diesem Jahr in Deutschland an AIDS versterben. Dies geht aus einer Pressemitteilung des Robert Koch-Instituts, Berlin, hervor.

Der seit 1995 zu registrierende Rückgang der AIDS-Erkrankungen, der in erster Linie auf die verbesserten Behandlungsmöglichkeiten und deren verbreiteten und früheren Einsatz zurückzuführen ist, hat sich von 1998 auf 1999 auf niedrigem Niveau eingependelt. Die Mehrheit der aktuell an AIDS erkrankenden Personen wurde vor der AIDS-Diagnose nicht medizinisch betreut und medikamentös behandelt. Derzeit ist aber noch nicht abschätzbar, wie lange durch die neuen therapeutischen Möglichkeiten der Krankheitsverlauf tatsächlich aufgehalten werden kann. Für einen Teil der bereits seit längerem medikamentös behandelten Patienten sind die verfügbaren therapeutischen Optionen inzwischen ausgeschöpft. Wirksame neue Medikamente sind noch nicht erhältlich, d.h. dass zunehmend auch wieder medikamentös behandelte Patienten an AIDS erkranken werden.

Zahl der Neuinfektionen konstant

Im Unterschied zu den AIDS-Erkrankungen ist die Zahl der jährlich erfolgenden HIV-Neuinfektionen nach Einschätzung des Robert Koch-Instituts weitgehend konstant geblieben. Für das Jahr 1999 rechnet das RKI mit etwa 2100 HIV-Neuinfektionen, etwa ein Viertel davon bei Frauen. Die Zahl neu infizierter Kinder konnte erfreulicherweise durch die mittlerweile möglichen Vorbeugemaßnahmen zur Verhinderung einer Mutter-Kind-Übertragung auf wenige Einzelfälle reduziert werden.

Insgesamt leben nach Einschätzung des RKI derzeit etwa 37000 mit HIV infizierte Menschen in Deutschland, darunter sind ca. 29000 Männer und 8000 Frauen. Die Zahl der HIV-infizierten Kinder liegt unter 400. Bei etwa 5000 der 37000 HIV-Infizierten wurde bereits eine AIDS-Erkrankung diagnostiziert. Die Zahl der lebenden AIDS-Patienten steigt seit etwa 1996 leicht an, da dank der verbesserten Therapie die Patienten länger überlegen.

Schutz vor Infektion

Trotz der therapeutischen Fortschritte bleibt die HIV-Infektion weiterhin eine lebensbedrohliche Erkrankung, deren Verhütung oberstes Ziel ist. In den USA gibt es inzwischen deutliche Hinweise dafür, dass zumindest in Teilen der Bevölkerung dem Schutz vor einer Infektion eine nachlassende Bedeutung zugemessen wird. In Deutschland müssen Erhebungs- und Erfassungsinstrumente noch entwickelt werden, um verlässliche Erkenntnisse über ein Nachlassen bei den Schutzvorkehrungen oder eine Zunahme von HIV-Infektionen zeitnah zu gewinnen. Ob sich in Deutschland eine ähnliche Entwicklung wie in den USA anbahnt, lässt sich daher zur Zeit nicht abschätzen.

Epidemie in Entwicklungsländern

Im Unterschied zu Deutschland nimmt die HIV/AIDS-Epidemie, vor allem in Entwicklungsländern und in einigen Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion, einen dramatischen Verlauf. Allein in diesem Jahr muss mit weltweit etwa 2,6Millionen AIDS-Todesfällen gerechnet werden, davon fast eine halbe Million bei Kindern. AIDS steht heute in einigen Ländern an der Spitze der infektionsbedingten Todesursachen. Allein im laufenden Jahr haben sich weltweit ca. 5,6 Millionen Menschen neu mit HIV infiziert, darunter 2,3Millionen Frauen und knapp 600000 Kinder. Die Zahl der derzeit lebenden HIV-Infizierten erreicht damit 33,6 Millionen.

Etwa 16,3 Millionen Menschen sind seit Beginn der AIDS-Epidemie bereits an AIDS verstorben. Die Schwerpunkte der Epidemie liegen weiterhin in Afrika und Südostasien. Besorgnis erregende Zuwächse bei der Zahl der HIV-Infizierten beobachtet man in Osteuropa. Vor allem im südlichen Afrika stellt die Epidemie derzeit die größte Bedrohung für die weitere soziale und ökonomische Entwicklung dar: der Anteil der HIV-Infizierten an der erwachsenen Bevölkerung erreicht in mehreren Ländern des südlichen Afrika mittlerweile 20 bis 30%. Ein Großteil der über 11Millionen AIDS-Waisen lebt in dieser Region.

Mehr als 90% der HIV-Infizierten und AIDS-Kranken profitiert bisher überhaupt nicht von den therapeutischen Errungenschaften der vergangenen Jahre. Einen ersten Lichtblick in dieser Hinsicht bieten die dieses Jahr bekannt gewordenen Ergebnisse einer Studie in Uganda, bei der durch eine einfache und auch in armen Ländern mit schwach entwickelten Gesundheitssystemen durchführbare Kurzbehandlung die Mutter-Kind-Übertragungsrate von HIV halbiert werden konnte. In einer Reihe von Ländern werden derzeit Pilotstudien mit dieser Kurzzeittherapie durchgeführt oder demnächst begonnen.

An eine breite Verfügbarkeit von AIDS-Medikamenten zur längeren Behandlung ist aber in den meisten Ländern allein schon aus Gründen der fehlenden medizinischen Infrastruktur, des Ausmaßes der Epidemie und der Kosten für Medikamente kurz- und mittelfristig kaum zu denken. Selbst ein Land wie Deutschland könnte es sich nicht leisten, 20 bis 30% der Bevölkerung auf dem derzeitigen Niveau zu behandeln. Wenn es nicht gelingt, die AIDS-Epidemie auch in Entwicklungsländern einzudämmen, werden die Industrieländer von den Konsequenzen der daraus erwachsenden menschlichen, sozialen und ökonomischen Katastrophen nicht verschont bleiben. Bereits jetzt bilden Patienten aus Endemiegebieten einen erheblichen Anteil unter den neuen diagnostizierten HIV-Infektionen in Deutschland.

Während sich der Verlauf der HIV/AIDS-Epidemie in Deutschland nach wie vor relativ günstig gestaltet, nimmt die Epidemie, vor allem in Entwicklungsländern und in einigen Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion einen dramatischen Verlauf. Allein in diesem Jahr muss mit weltweit etwa 2,6 Mio. AIDS-Todesfällen gerechnet werden. In Deutschland werden etwa 500 Menschen in diesem Jahr an AIDS versterben.

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