Arzneimittel und Therapie

Chronisch-obstruktive Bronchitis: Rauchen einstellen!

Die chronisch-obstruktive Bronchitis (COPD, Chronic Obstructive Pulmonary Disease) gehört neben Krebs, Herzinfarkt und Apoplex weltweit zu den bedeutendsten Mortalitätsfaktoren. In Deutschland leiden 10% der Erwachsenen unter einer chronischen Bronchitis, das bedeutet 6,4 Mio. Patienten. Hauptursache (bei 80% der Erkrankungen) ist das Rauchen: 15 bis 20% der Raucher entwickeln eine symptomatische COPD. Man schätzt, dass 500 Mio. der heute lebenden Menschen an ihrem Zigarettenkonsum sterben werden. Die erste und wichtigste Therapiemaßnahme ist daher der Rauchstopp. Daneben stehen Arzneimittel wie Beta-2-Sympathomimetika und inhalative Glucocorticoide sowie physiotherapeutische Maßnahmen zur Verfügung.

Während Krebs, Herzinfarkt und Apoplex als Sterbeursachen rückläufig oder gleichbleibend sind, nimmt die Mortalität der COPD seit 1970 nach Daten aus den USA laufend zu. Häufig werden wegen einer COPD Krankenhausbehandlungen notwendig; die Mortalität der hospitalisierten Patienten liegt bei 15% und ist damit höher als beim Herzinfarkt. Chronische Bronchitiker sterben im Mittel etwa 10 Jahre eher als Lungengesunde.

Lungenfunktion ist reduziert, Lebenserwartung verkürzt

Unter dem Oberbegriff "COPD" werden die chronische Bronchitis, das Emphysem und die chronische Bronchiolitis zusammengefasst. Bei all diesen Erkrankungen ist die Lungenfunktion deutlich messbar reduziert: Der maximale exspiratorische Fluss (FEV1) ist vermindert, und die forcierte Ausatmung ist verlangsamt. Die empfindliche Bronchialschleimhaut und die Lunge werden langsam fortschreitend irreversibel geschädigt.

Zeitbombe Rauchen

Rauchen ist in den Industrienationen die wichtigste Ursache einer COPD: 80% aller Erkrankungen lassen sich hierauf zurückführen. Hinzu kommen als potenzielle Risikofaktoren Beruf und sozioökonomischer Status, Diätgewohnheiten, geringes Geburtsgewicht, häufige respiratorische Infekte im Kindesalter, Umweltfaktoren und genetische Prädisposition.

Ein besonderes Problem ist das Rauchen bei Kindern und bei sich im Wachstum befindenden Jugendlichen. Junge Raucher sind sich der großen Gefahr nicht bewusst, denn zwischen dem ersten Tabakrauchen und dem Tod an einer Lungenerkrankung liegen etwa 30 bis 40 Jahre. Das Risiko ist groß: 15 bis 20% der Raucher entwickeln eine symptomatische COPD. Man schätzt, dass 500 Mio. der heute lebenden Menschen an ihrem Zigarettenkonsum sterben werden.

Ein Problem ist die späte Diagnose. Meistens kommen die Patienten erst dann zum Arzt, wenn der Krankheitsprozess bereits weit fortgeschritten ist. Bei 75% der Patienten wird die COPD nicht oder viel zu spät diagnostiziert.

Erste Maßnahme: Schadstoffkarenz

Die Behandlung der COPD richtet sich nach dem Schweregrad der Erkrankung, sekundären Komplikationen und den individuellen Gegebenheiten. Im Vordergrund steht die Schadstoffkarenz. Der Zigarettenkonsum als wesentliche auslösende krankheitsunterhaltende Noxe muss beendet werden. Daneben helfen physiotherapeutische Maßnahmen, die thorakale Beweglichkeit und den Trainingszustand der Atemhilfsmuskulatur zu verbessern. Außerdem muss der Patient vor Infektionen des Respirationstraktes und einer bakteriellen Besiedlung der Schleimhaut geschützt werden.

Chronische Entzündungsreaktion

Wie beim Asthma bronchiale ist auch bei der COPD eine Entzündungsreaktion wesentlich an der Pathogenese beteiligt. Im Vergleich zum Asthma sind bei der COPD jedoch andere Entzündungszellen und -mediatoren beteiligt. Dazu gehören Makrophagen, Neutrophile, Leukozyten und CD-8-positive T-Lymphozyten, die Neutrophilen-Elastase, die zur irreversiblen Elastolyse und gesteigerten Produktion von Schleim in den Atemwegen maßgeblich beiträgt, Matrix-Metalloproteinasen, Interleukin 8 und Leukotrien B4.

Auch die Produktion des Tumornekrosefaktors (TNF) steigt stark an. Denkbar ist daher, dass TNF-Antagonisten zur Behandlung der COPD eingesetzt werden können. Durch die von Asthma unterschiedliche Pathologie und Immunologie ist ein anderes Ansprechen auf Medikamente wie Bronchodilatatoren und Glucocorticoide zu erwarten.

Stufenplan der Atemwegsliga

Maßstab und Orientierungshilfe für die medikamentöse Therapie stellt der Stufenplan der Deutschen Atemwegsliga dar. Dieser sieht in Abhängigkeit vom Schweregrad der Erkrankung und dem Ansprechen auf die Behandlung neben dem Einsatz von Beta-2-Sympathikomimetika, Parasympathikolytika und Theophyllin den Einsatz von inhalativen und oralen Steroiden vor.

Inhalative Beta-2-Sympathikomimetika haben einen stark bronchodilatatierenden Effekt. Ergänzt wird dieser durch mastzellstabilisierende Effekte, eine Steigerung der mukoziliären Clearance und antiödematöse Wirkungen. Pharmakologischer Nachteil der herkömmlichen Beta-2-Sympathikomimetika war die kurze Wirkungsdauer von 3 bis 5 Stunden, sodass die Präparate mindestens vier- bis sechsmal täglich eingenommen werden mussten.

Das Beta-2-Sympathomimetikum Salmeterol (Serevent®) besitzt einen langen lipophilen N-Substituenten, der an hydrophobe Strukturen im Bereich des Beta-2-Adrenorezeptors binden kann. Hierdurch wird eine nicht-kompetitive, sehr lange Rezeptorbindung des Wirkstoffs erreicht. Die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Salmeterol wurde in mehreren klinischen Studien gezeigt. Neben der guten antiobstruktiven Wirksamkeit und Verträglichkeit ist die lange Halbwertszeit wichtig. Bei nur zweimal täglicher Einnahme wird so eine längere Wirksamkeit in der Nacht erreicht und damit die Nachtruhe verbessert.

Inhalative Steroide bei COPD

Die Beteiligung entzündlicher Prozesse an der Entstehung der COPD ist schon lange bekannt. Dennoch blieb der Einsatz inhalativer Steroide lange Zeit umstritten. In den zurückliegenden Jahren sind drei große Studien zu diesem Thema durchgeführt worden: die Copenhagen City Lung Study (CCLS), die EUROSCOP-Studie (European Study on Chronic Obstructive Pulmonary Disease) und die ISOLDE-Studie (Inhaled Steroids in Obstructive Lung Disease in Europe). Die Ergebnisse der ISOLDE-Studie wurden auf dem Jahreskongress der European Respiratory Society 1998 in Genf vorgestellt und sind mittlerweile zur Publikation eingereicht.

Die ISOLDE-Studie

An der ISOLDE-Studie nahmen Raucher (48% bei Studienbeginn) und Ex-Raucher mit schweren Krankheitssymptomen, regelmäßigen Exazerbationen und einer durchschnittlichen forcierten Einsekundenkapazität (FEV1) von 1,41 Liter (50% vom Soll) teil. Diese Patienten waren vor Beginn der dreijährigen Studie alle bereits mit oralen Glucocorticoiden behandelt worden. Gewählt wurde ein Doppelblinddesign mit zwei parallelen Armen.

Aufgenommen wurden 751 Patienten, die nach einer Auswaschphase und Vorbehandlung mit 0,6 mg/kg/d Prednisolon über zwei Wochen insgesamt drei Jahre mit 2 x 500 mg Fluticasondipropionat (Flutide®) oder Plazebo behandelt wurden. 360 Patienten waren Raucher und 391 Ex-Raucher, deren durchschnittlicher Zigarettenkonsum bei 24 Packungsjahren lag. Das mittlere Alter der Patienten betrug 64 Jahre.

Hauptsächlicher Zielparameter war der longitudinale Abfall der FEV1 im Vergleich zwischen inhalativem Glucocorticoid und Plazebo. Außerdem wurde die Anzahl der Infektexazerbationen registriert und mit Hilfe des "St. George's respiratory questionnaire" (SGRQ) die Lebensqualität in der Verum- und Plazebogruppe verglichen.

Im Verlauf der drei Jahre reduzierte sich die FEV1 bei Behandlung mit Fluticason um 133 ml und mit Plazebo um 197 ml (32% Differenz; p < 0,0003). Zwar fand sich die ausgeprägteste Wirkung in den ersten drei Monaten, doch war die Differenz zwischen den beiden Gruppen im gesamten Behandlungszeitraum von drei Jahren signifikant unterschiedlich. Die mittlere Exazerbationsrate konnte mit dem inhalativen Steroid um 25% von 1,32 mit Plazebo auf 0,99 gesenkt werden. Bemerkenswert ist außerdem, dass in der "Run-in-period", in der keine Weiterbehandlung mit Fluticason erlaubt war, 55% der mit inhalativen Steroiden vorbehandelten Patienten eine Zunahme von Exazerbationen zeigten.

Der Unterschied im Gesundheitszustand zwischen Fluticason- und Plazebogruppe war über den gesamten Studienzeitraum von drei Jahren in der Verumgruppe hoch signifikant besser (p = 0,004) und nahm im Verlauf der Studie stetig zu. Diese positiven Auswirkungen waren bei Rauchern und Ex-Rauchern gleichermaßen zu beobachten und bei rasch fortschreitender Verschlimmerung am ausgeprägtesten. Insgesamt verschlechterte sich der Gesundheitszustand in der Verumgruppe weniger stark als mit Plazebo, und die Behandlung mit Fluticason verlängerte die Zeitspanne bis zu einer klinisch signifikanten Verschlechterung des Gesundheitszustandes um 54%.

Zusammenfassend zeigt die ISOLDE-Studie in den ersten drei Monaten der inhalativen Behandlung mit 1000 mg Fluticason eine Verbesserung der Lungenfunktion, die während der gesamten Anwendungsdauer von drei Jahren erhalten bleibt. Die ISOLDE-Studie konnte eine Reduktion der Exazerbationsrate und Besserung der Lebensqualität nachweisen, die linear mit der Behandlungszeit zunahm.

Die Ergebnisse der ISOLDE-Studie werden auch von anderen Studien bestätigt. In einer doppelblinden, plazebokontrollierten Studie mit 281 COPD-Patienten, die entweder zweimal 500 mg Fluticason oder Plazebo inhalierten, konnte während des sechsmonatigen Beobachtungszeitraums eine signifikante Verbesserung der Lungenfunktion nachgewiesen werden.

In der Plazebo-Gruppe war dagegen ein Rückgang der FEV1 zu beobachten. Wie in der ISOLDE-Studie konnte auch hier eine Verringerung der Zahl der Exazerbationen gezeigt werden. Zudem waren die Exazerbationen unter Fluticason weniger schwer als unter Plazebo (14% leichte Exazerbationen unter Plazebo, 38% leichte Exazerbationen unter Fluticason). Seit kurzem ist Fluticason als erstes inhalatives Steroid für die Behandlung der COPD zugelassen.

Die chronisch obstruktive Bronchitis (COPD, Chronic Obstructive Pulmonary Disease) gehört neben Krebs, Herzinfarkt und Apoplex weltweit zu den bedeutendsten Mortalitätsfaktoren. In Deutschland leiden 10% der Erwachsenen unter einer chronischen Bronchitis, das bedeutet 6,4 Mio. Patienten. Hauptursache (bei 80% der Erkrankungen) ist das Rauchen: 15 bis 20% der Raucher entwickeln eine symptomatische COPD. Man schätzt, dass 500 Mio. der heute lebenden Menschen an ihrem Zigarettenkonsum sterben werden. Die erste und wichtigste Therapiemaßnahme ist daher der Rauchstopp. Daneben stehen Arzneimittel wie Beta-2-Sympathomimetika und inhalative Glucocorticoide sowie physiotherapeutische Maßnahmen zur Verfügung.

COPD: Jeder Zehnte ist betroffen

Chronisch-obstruktive Lungenerkrankungen zählen zu den häufigsten Erkrankungen (mehr als 10% der Bevölkerung sind davon betroffen) und haben daher eine enorme gesundheitsökonomische Bedeutung. In den USA rangieren sie auf Platz 4 der Mortalitätsstatistik, in Deutschland beträgt die Sterblichkeit 11,5 auf 100000 Bewohner. Die durchschnittlichen Behandlungskosten für einen Patienten mit COPD belaufen sich auf 2070 DM pro Jahr, die Arbeitsunfähigkeit wird im Mittel mit 15 Tagen pro Jahr angegeben. Die Gesamtkosten (direkte und indirekte Kosten) als volkswirtschaftliche Belastung belaufen sich auf annähernd 16,5 Mrd. DM/Jahr.

Zitat

Zigaretten sind tödlicher als Handfeuerwaffen, harte Drogen, AIDS und Autounfälle zusammen. Dr. Günther Menz, Davos

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