DAZ aktuell

CODE 2-Studie: Behandlungsdefizite und Einsparpotentiale bei Typ 2-Diabetes

DÜSSELDORF (mw). Mit dem Motto des diesjährigen Weltdiabetestages am 14. November 1999 ("Die Kosten des Diabetes") hatte sich die Internationale Diabetes Föderation (IDF) schon vor geraumer Zeit ein Thema ausgesucht, das von großer Aktualität ist. Wie hoch die Kosten des Diabetes tatsächlich sind, hat nun eine Studie zu Tage gebracht, die vom Pharmaunternehmen Smith Kline Beecham in verschiedenen europäischen Staaten unterstützt wurde. Pünktlich zum Weltdiabetestag wurden die für Deutschland relevanten Daten der CODE 2-Studie (Costs of Diabetes in Europe (Type 2) auf einer Pressekonferenz in Düsseldorf vorgestellt.

Demnach belaufen sich die Gesamtkosten für den Typ2-Diabetes in Deutschland auf jährlich 31,4 Mrd. Mark. Dieses Ergebnis beruht auf retrospektiven Erhebungen aus dem Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember 1998 und beinhaltet alle Behandlungs- und Reha-Kosten sowie Aufwendungen für Arbeitsausfall. Werden nur die reinen Behandlungskosten berücksichtigt, die von den Krankenkassen und von den Rentenversicherungen gezahlt werden, so beträgt die Summe 24,3 Mrd. Mark. Die reinen GKV-Kosten belaufen sich auf 18,5 Mrd. DM. Damit entfallen rund acht Prozent der Gesamtausgaben der GKV im Jahre 1998 allein auf den Posten Diabetes mellitus.

Realität übertrifft die Schätzungen

Wie Andrea Spannheimer vom Institut Kendle, München, das die Studie durchgeführt hat, erklärte, übersteigen die nun tatsächlich vorliegenden Daten die bisherigen Schätzungen um ein Vielfaches. Als besonders kostenintensive Faktoren stellt Spannheimer die Krankenhausaufenthalte heraus. Während nämlich nur 13 Prozent auf das Konto der ärztlichen Behandlung gingen und 27 Prozent für Medikamente ausgegeben würden, schlügen die Krankenhauskosten mit rund 60 Prozent zu Buche. Diese hohen Kosten sind nach Spannheimer insbesondere auf die Komplikationen und Folgeerkrankungen des Typ 2-Diabetes zurückzuführen. So zeigte sich, dass bei über 50 Prozent der Patienten mit Typ 2-Diabetes bereits Komplikationen diagnostiziert waren. Der Komplikationsstatus verschlechterte sich überdies mit zunehmender Krankheitsdauer.

Typ 2: oft zu spät entdeckt und behandelt

Wie Prof. Dr. Hellmut Mehnert, München, ausführte, spiegeln diese Daten auch die vermeidbare Tatsache wider, dass Typ 2-Diabetiker oftmals zu spät entdeckt und behandelt werden. Er zitierte eine vorausgegangene Studie, wonach für einen gut eingestellten Diabetiker im Jahr 1500 Mark aufzuwenden seien, ein schlecht eingestellter Diabetiker aber das Zehnfache für sich in Anspruch nehmen müsse.

Obwohl damit allgemein von einer Zahl von rund vier Millionen und einer Dunkelziffer von weiteren zwei Millionen Diabetikern in Deutschland ausgegangen wird, berechnet die CODE 2-Studie an Hand der Daten des Gesundheitsberichtes für Deutschland 1998 (Statistisches Bundesamt, 1998) vorsichtig einen Bevölkerungsanteil von 4,24 Prozent, also ca. 3,5 Millionen Menschen mit Typ 2-Diabetes.

Auf dieser Grundlage ergibt sich aus Sicht der Krankenkassen folgende Kostensituation: Die Ausgaben der GKV betragen durchschnittlich 5538 Mark pro Patient und Jahr. Dabei öffnet sich die Kostenschere in Abhängigkeit vom Komplikationsstatus auf zwischen 3370 und 11034 Mark pro Jahr. Diese Daten bestätigten also in jedem Falle die Dringlichkeit einer früheren und konsequenten Diabetesbehandlung, so Mehnert.

Die Folgen: Amputationen, Erblindungen, Dialyse...

Wie Dr. Andreas Liebl vom Klinikum München-Bogenhausen im Einzelnen ausführte, schlügen sich die Defizite der Diabetesbehandlung in folgenden Hochrechnungen aus den in der CODE 2-Studie ermittelten Daten nieder: 27900 Amputationen würden jährlich vorgenommen und mit einer Erblindung müssten jährlich rund 6000 Diabetiker rechnen. Eine Dialyse sei bei 21 400 Patienten notwendig und jedes Jahr kämen 8000 Diabetiker hinzu. Die jährliche Zahl der Myokardinfarkte belaufe sich auf 27 000, die der Schlaganfälle auf 44 400.

Bessere Blutzuckereinstellung nötig

Liebl konstatierte in diesem Zusammenhang, dass bei immerhin 30Prozent der Patienten keine HbA1c-Messung durchgeführt werde. Bei den vorhandenen HbA1c-Werten wiesen lediglich 26 Prozent auf eine gute Blutzuckereinstellung mit Werten unter 6,5 Prozent hin. Auch hier ließe sich noch einiges verbessern, meinte Liebl und verwies darauf, dass zur langfristigen Verhinderung von Komplikationen eine gute Einstellung des Blutzuckers unerlässlich sei.

Als Möglichkeit sowohl zur Verbesserung der Prognose als auch zur Senkung der Kosten habe sich der Einsatz von Antidiabetika herausgestellt. Obwohl 81 Prozent der Diabetiker medikamentös versorgt würden, mache diese Form der Behandlung derzeit nur 27 Prozent der Gesamtkosten aus, wobei sich diese Kosten auf zwei Prozent für orale Antidiabetika, fünf Prozent für Insulin und 20 Prozent für die Behandlung von Begleiterkrankungen des metabolischen Syndroms verteilten, so Liebl.

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.