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GKV-Markt steigt um fast sieben Prozent

BONN (im). Die Arzneimittelausgaben der gesetzlichen Krankenkassen werden nach einer Prognose des Bundesverbands der Betriebskrankenkassen (BKK) in diesem Jahr bundesweit um 6,7 Prozent steigen. Die Arzneimittelbudgets werden für 1999 in 17 von 23 Kassenärztlichen Vereinigungen nicht reichen. Die BKK selbst rechnen für dieses Jahr mit einem ausgeglichenen Ergebnis und mit stabilen Beitragssätzen im Jahr 2000, teilte der Vorstandsvorsitzende des Verbands am 17. November in Berlin mit.

Gründe für Mehrausgaben

Für den Ausgabenanstieg bei Arzneimitteln gibt es nach Angaben von Wolfgang Schmeinck mehrere Gründe. Zum einen hätten die Ärzte vermehrt neue und teuere Präparate verschrieben, zum anderen wurden zu Jahresbeginn die Zuzahlungen der Patienten gesenkt. Der Hochrechnung zufolge werden die gesetzlichen Kassen 1999 im Westen 30,3 Milliarden Mark (1998: 27,3 Milliarden Mark), im Osten rund sieben Milliarden Mark (1998: 6,3 Milliarden Mark) ausgeben. Zudem erreiche die Zuzahlung der Kranken 4,4 Milliarden Mark.

Insgesamt ergebe sich als Verordnungsmarkt in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) die Summe von voraussichtlich 41,7 Milliarden Mark. Die Senkung der Selbstbehalte zu Jahresbeginn schlug nach Angaben des BKK-Bundesverbands mit drei Prozent an Mehrausgaben für die Kassen, welche Anteile in Höhe von 1,1 Milliarden Mark übernommen hätten, zu Buche.

1998 hatten die Arzneimittelausgaben um 7,4 Prozent zugenommen (auf 39,1 Milliarden Mark), nachdem sie 1997 wegen der höheren Zuzahlungen der Patienten um minus 0,9 Prozent zurückgegangen waren. Die Arzneimittelpreise (1998 plus 0,4 Prozent) seien annähernd stabil, allerdings hätten Erhöhungen im festbetragsfreien Markt (+ 2 Prozent) die geringen Senkungen im Festbetragsmarkt (- 0,3 Prozent) überkompensiert. Die Zahl der Verordnungen habe um einen Prozentpunkt zugenommen.

Budgets bald erschöpft

Nach Hochrechnungen der BKK ist für 1999 mit einem Ausgabenanstieg bei den Verordnungen von rund elf Prozent sowohl im Westen als auch im Osten zu rechnen. Auch eine sehr sparsame Verschreibungsweise der niedergelassenen Ärzte nach Verabschiedung des Aktionsprogramms von Medizinern, Ministerium und Kassen im September könne das nicht mehr verhindern. Voraussichtlich in Berlin, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Bremen und Sachsen würden die Budgets um mehr als fünf Prozent überzogen und lägen damit über der Haftungsgrenze, so der Vorstandsvorsitzende des Bundesverbands, der federführend für die GKV im Arzneibereich agiert.

Schmeinck forderte, die Überschreitungen vom Ärztehonorar abzuziehen. Die Politik sollte nicht in den Sanktionsmechanismus eingreifen. Für Überschreitungen in 1998 hatte es eine Amnestie gegeben. Der Auflistung der BKK zufolge können nur in Trier, Hessen, Saarland, Nordwürttemberg, in der Pfalz und Südbaden die Arzneimittelausgaben unter den Budgetgrenzen bleiben.

Die Krankenkassen bemängeln die erhebliche Spanne bei den Ausgaben der einzelnen KVen. Die Pro-Kopf-Ausgaben lägen zwischen 404 Mark in Nordwürttemberg und 620 Mark in Hamburg je Versicherten. Das Argument der Ärzte der regionalen Morbiditätsunterschiede wollen sie nicht nachvollziehen. Die Unterschiede ließen sich nicht belegen. Vielmehr gebe es einen auffälligen Zusammenhalt zwischen den zu erwartenden Budgetüberschreitungen und den Pro-Kopf-Ausgaben. Der BKK-Aufstellung zufolge liegt zum Beispiel Berlin bei beiden Sachverhalten deutlich über der 100-Prozent-Marke, während Südbaden im Gegensatz dazu bei beiden erheblich unter dieser Grenze bleibt.

"Festbeträge absichern"

Schmeinck appellierte an die Politik, die Festbeträge rasch abzusichern. Nach etlichen Gerichtsentscheidungen sei die Orientierung am unteren Preisdrittel - eine Bestimmung des seit Januar geltenden GKV-Solidaritätsstärkungsgesetzes - bisher nicht umgesetzt und die Einsparung von 550 Millionen Mark jährlich nicht realisiert worden. Der Marktanteil der Arzneimittel mit einer Erstattungshöchstgrenze sei rückläufig und mache derzeit die Hälfte des GKV-Verordnungsmarktes aus (1998: 53,6 Prozent). Gemessen an der Zahl der Verschreibungen ergebe sich der Marktanteil von 64 Prozent (1998: 63 Prozent).

Durch Festbeträge sowie durch die noch konsequentere Verordnung von Generika seien erhebliche Einsparungen zu erzielen. Die Ausgaben könnten durch Nachahmerprodukte um weitere drei Milliarden - zusätzlich zu den bislang vier Milliarden Einsparungen durch Generika - gesenkt werden, meinen die Betriebskrankenkassen.

Positivliste nötig

Bekanntlich halten die Krankenkassen eine größere Verordnungstransparenz im Arzneisektor mittels Positivliste und Arzneimittelrichtlinien für dringend nötig. Die Zulassung nach dem Arzneimittelgesetz, die auf Grund einer produktbezogenen Einzelfallbeurteilung erfolge, reiche nicht aus. Für die GKV müsse eine systematisch vergleichende Nutzenbewertung von indikationsgleichen Verordnungsalternativen eingeführt werden. Die Phytopharmaka sollten nicht zu den Arzneimitteln der besonderen Therapierichtung gezählt werden, für sie solle eine spezielle Vorschrift für die Positivliste (Anhang) eingeführt werden. Es fehle im übrigen noch die zeitliche Verpflichtung für das Bundesgesundheitsministerium, ein entsprechendes Verzeichnis von Fertigarzneimitteln bekannt zu machen. Nur dieses sei für Ärzte in der täglichen Praxis handhabbar. Insgesamt bezweifeln die BKK, ob die Positivliste überhaupt politisch durchgesetzt wird.

Die Arzneimittelausgaben der Gesetzlichen Krankenkassen werden nach einer Prognose des Bundesverbands der Betriebskrankenkassen in diesem Jahr bundesweit um 6,7% steigen. Dies bedeutet: Die Arzneimittelbudgets werden für 1999 in 17 von 23 Kassenärztlichen Vereinigungen nicht reichen.

Zuzahlungen der Kranken

  • 1998 trugen die Patienten 5,5 Milliarden Mark an Zuzahlungen zu Arznei- und Verbandmitteln,
  • 1999 werden die Versicherten 4,4 Milliarden Mark aus eigener Tasche zahlen, eine Folge der zum Jahresbeginn auf acht, neun und zehn Mark gesenkten Selbstbehalte. Dadurch müssen die Krankenkassen Mehrausgaben von rund 1,1 Milliarden Mark übernehmen, so die Hochrechnung des BKK-Bundesverbands.
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