Berichte

Marine Biotechnologie und Biosensorik

Vom 27. bis 29. Oktober 1999 war das Biotechnikum in Greifswald Tagungsort für das Internationale Symposium Marine Biotechnologie und Biosensorik. Prof. Dr. Ulrike Lindequist, Lehrstuhl Pharmazeutische Biologie der Universität Greifswald, eröffnete das Symposium.

Frau Professor Lindequist legte dar, dass Biosensoren ideale Werkzeuge zur Auffindung und Untersuchung mariner Wirkstoffe sind. Außerdem können Verbindungen aus marinen Organismen, z.B. Enzyme, als Bestandteile von Biosensoren Anwendung finden. Sie stellte anhand von Beispielen ihrer Arbeitsgruppe die Möglichkeiten der Vernetzung von mariner Biotechnologie und Biosensoren dar. So lässt sich beispielsweise mit Hilfe einer Biosensor-geregelten Perfusionszellkultur der protektive Effekt eines aus einem heimischen marinen Pilz isolierten Wirkstoffes gegenüber einer Virusinfektion bei Zellen nachweisen.

Der Vorsitzende der Europäischen Gesellschaft für marine Biotechnologie, J. G. Burgess (Heriot-Watt University, Edinburgh), referierte über "Networking European Marine Biotechnology in the next millenium". Der Redner hob den Stellenwert der Ausbildung von Nachwuchskräften in diesem Bereich hervor und betonte die Notwendigkeit der interdisziplinären Zusammenarbeit auf internationaler Ebene. Burgess nannte bevorzugte Einsatzgebiete der marinen Organismen in Medizin, Umwelt und Ernährung.

Prof. William Fenical, der weltweit führende Spezialist auf dem Gebiet der marinen Wirkstoffforschung und Direktor der Marine Research Division des Scripp Institute of Oceanography der Universität von Kalifornien, zeigte in seinem Übersichtsvortrag "Marine microorganisms and drug discovery" das breite Wirkpotential von marinen Mikroorganismen. Diese werden im Scripp Institute systematisch auf Aktivität gegenüber Krebszellen, Herpes-simplex-Viren, resistenten Bakterien und Pilzen untersucht. Dabei wurden aus marinen Pilzen neue antiviral wirkende Substanzen isoliert (Halovir A-C), deren Wirksamkeit der des Aciclovirs entsprechen soll. Auf dem Gebiet der antiinflammatorischen Wirkstoffe wurden aus marinen Bakterien zyklische Peptide isoliert (Cyclomarine), die sich derzeit in präklinischen Studien befinden.

Nicht weniger zuversichtlich in Bezug auf das Wirkungspotential der marinen Mikroorganismen war K. Schaumann vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung, Bremerhaven, der die Anzahl der vorhandenen marinen Pilze auf 10000 bis 20000 schätzt. Rückblickend stellte er die aus pharmazeutischer Sicht erste wichtige Stoffisolierung aus marinen Pilzen vor, bei der 1945 Cephalosporin gewonnen wurde. Marine Pilze liefern heute Enzyme, mehrfach ungesättigte Fettsäuren und Chitin (s. a. Chitosanprodukte).

Weitere Vorträge beschäftigten sich mit der Gewinnung von neuen Wirkstoffen und Enzymen aus Cyanobakterien und marinen Bakterien. Frau Dr. Mund (Greifswald) berichtete z. B. über die Aufklärung eines neuen antiviral wirkenden Peptids aus einer Microcystis-Art.

Nicht nur neue Wirkstoffe, sondern auch Biosensoren spielen eine wichtige Rolle in der Pharmaforschung. Ein solches Projekt stellte R. Ehret (Universität Rostock) vor, der über multiparametrische Sensorik mit planarem Microsensorarray für biomedizinische und ökophysiologische Anwendungen berichtete. Durch die angewandten Biochips besteht die Möglichkeit der Kultivierung von Zellen direkt auf den Elektroden, wodurch in vitro eine Einwirkung von unterschiedlichen Substanzen auf z.B. Tumorzellen besser verfolgt und ausgewertet werden kann. Dabei kann die Beobachtung lückenlos über mehrere Tage durchgeführt werden. Leider ist diese Methode nicht ohne weiteres auf In-vivo-Untersuchungen übertragbar.

W. K. R. Barnicol stellte Experimente zur Entwicklung eines dauerhaft implantierbaren Glucose-Sensors vor, der bei Diabetikern eine kontinuierliche Kontrolle des Glucosespiegels zulässt. Das Messprinzip beruht auf der Polarimetrie und/oder Infrarotspektrometrie. Dieser Glucose-Sensor wurde bereits in einem Tierversuch erfolgreich erprobt.

In der nächsten Zeit zu erwartende Ergebnisse aus diesem noch jungen wissenschaftlichen Gebiet sollen im Oktober 2001 bei dem geplanten internationalen Symposium "Natural substances from marine microorganisms" in Greifswald präsentiert werden.

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