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Rekombinantes Mistellektin in der Tumortherapie

Noch in Studien jüngeren Datums wird die Misteltherapie bei Krebs zu den alternativen Heilmethoden gezählt. Eine Gegendarstellung gaben Prof. Dr. Hans Lentzen, Madaus AG, Köln, und Dr. Holger Zinke, Brain GmbH, Zwingenberg, am 26. Oktober 1999 im Institut für Pharmazie der Universität Greifswald. Ihr Vortrag lautete: "Rekombinantes Mistellektin: vom Extraktpräparat zum rationalen Therapieansatz".

Vor nunmehr 80Jahren begründete Rudolf Steiner die Misteltherapie. Außerhalb der anthroposophisch beeinflussten Medizin erschien 1938/39 Plenosol® als erstes Mistelpräparat auf dem Markt. Eingehende pharmakologische Untersuchungen im Jahre 1989 revolutionierten die bisher vorhandenen Erkenntnisse, da sie feststellten, dass Mistellektin nicht nur die Aktivität der NK-Zellen, sondern auch die Phagozytose steigert.

Besonders erwähnenswert ist die Tatsache, dass in diesem Zusammenhang eine glockenförmige Konzentrations-Wirkungs-Kurve erstellt wurde, die die wirksame Dosis bei 1 ng Mistellektin pro kg Körpergewicht ansetzt. Daraus resultiert eine Abnahme der Wirksamkeit bei einer weiteren Dosissteigerung bis hin zur Umkehr der Wirksamkeit (Immunsuppression).

Aufgrund dieser Ergebnisse und der dadurch geänderten Anforderungen hat die Firma Madaus ihr Mistelpräparat (Lektinol®) auf Mistellektin standardisiert und gleichzeitig in Zusammenarbeit mit der Brain GmbH den Versuch unternommen, rekombinante Monosubstanzen zu isolieren. Lektine werden heute als Ribosomen-inaktivierende Proteine (RIP) bezeichnet. Mistellektine werden in die Typen I und II unterteilt. Sie besitzen, wie weitere Untersuchungen gezeigt haben, eine Zweidomänenstruktur mit einer A-Kette und einer B-Kette. Ihr Wirkungsprinzip ähnelt einem Trojanischen Pferd: Die B-Kette bindet an den Rezeptor, anschließend kommt es zu einer Trennung der beiden Ketten, und die A-Kette inaktiviert die Ribosomen.

Durch die kristallographische Strukturaufklärung der Mistellektine stand ihrer technischen Herstellung nichts mehr im Wege. Weitere Untersuchungen des rekombinanten Mistellektins (r-Viscumin) ergaben eine immunstimulierende und eine direkte zytotoxische Wirkung. Sowohl In-vitro- als auch In-vivo-Tests ergaben bei einigen Karzinomen eine Überlegenheit der getesteten Mistellektine gegenüber den jeweiligen Standardtherapieverfahren (meistens Doxorubicin = Adriamycin). Mit einer europäischen Zulassung des rekombinanten Mistellektins wird für das Jahr 2006 gerechnet.

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