Arzneimittel und Therapie

Nichtsteroidale Antirheumatika: Weniger Nebenwirkungen durch selektive COX-2-Hem

Von rheumatischen Erkrankungen werden in den Industrienationen unzählige Menschen geplagt, und Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises zählen zu den Hauptgründen für einen Arztbesuch. Für die Betroffenen stehen zahlreiche entzündungs- und schmerzhemmende Arzneimittel zur Verfügung. Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) zählen zu den am häufigsten verordneten Medikamenten. Sie weisen aber leider ein hohes Risiko für unerwünschte Wirkungen auf. Möglicherweise kann ein Teil dieser Nebenwirkungen mit den neuen selektiven COX-2-Hemmern vermieden werden.

Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) zählen seit vielen Jahren zu den am häufigsten verordneten Medikamenten und gelten als Standardsubstanzen bei der Behandlung schmerzhafter Entzündungsprozesse (chronische Polyarthritis, Autoimmunerkrankungen des Bindegewebes) und Verschleißerkrankungen der Gelenke (Gonarthrose, Coxarthrose), Muskeln und Weichteile. Aufgrund ihrer schmerz- und entzündungshemmenden Eigenschaften werden nichtsteroidale Antirheumatika mit gutem Erfolg als primäre oder zusätzliche Therapieformen angewandt.

Schleimhautschäden im Magen-Darm-Trakt

Nichtsteroidale Antirheumatika hemmen das Enzym Cyclooxygenase, das für die Umwandlung von Arachidonsäure in dessen vielfältige Stoffwechselprodukte, die Prostaglandine, sorgt. Nichtsteroidale Antirheumatika hemmen somit die Bildung von Prostaglandinen, die einerseits für Entzündungsprozesse und damit verbundene Schmerzen, andererseits aber auch für die Aufrechterhaltung wichtiger Organfunktionen verantwortlich sind. Die Einnahme von nichtsteroidalen Antirheumatika ist deshalb nicht nur mit erwünschten Wirkungen, sondern auch mit beträchtlichen Risiken verbunden.

Zu den häufigsten unerwünschten Effekten der nichtsteroidalen Antirheumatika zählen Reizungen und Schäden an der Schleimhaut des Magen-Darm-Traktes, die von kleinen oberflächlichen Läsionen (Erosionen) über tieferreichende Geschwüre (Ulzera) bis hin zu leichteren und schweren Blutungen reichen können. Bei etwa 70% der mit nichtsteroidalen Antirheumatika behandelten Patienten kommt es zu Schleimhautläsionen, 30 bis 50% haben Magenbeschwerden, 20% entwickeln endoskopisch nachweisbare Geschwüre im oberen Gastrointestinaltrakt, und zahlreiche Patienten bekommen Magengeschwüre oder sterben an den dadurch verursachten Blutungen.

NSAR sind für 1000 bis 2000 Todesfälle jährlich in Deutschland verantwortlich. Eine medikamentöse Prophylaxe, beispielsweise mit Sucralfat, Misoprostol oder Protonenpumpenhemmern, kann das gastrointestinale Risiko senken.

Nicht bei Asthma bronchiale einsetzen

Nebenwirkungen an den Nieren und am Herz-Kreislauf-System äußern sich als Verschlechterung der Nierenfunktion, allergische Nierenentzündung (interstitielle Nephritis), Flüssigkeits- und Elektrolytverschiebungen sowie Verschlimmerung von arteriellem Hypertonus, Herzinsuffizienz und Angina pectoris. Hinzu kommen zentralnervöse Effekte wie Schläfrigkeit und Verwirrungszustände, die im höheren Lebensalter häufiger auftreten. Ferner können nichtsteroidale Antirheumatika ein vorbestehendes Asthma bronchiale verschlechtern und Hautausschläge sowie Blutbildveränderungen hervorrufen.

COX-1 und COX-2

Das Risiko gastrointestinaler Nebenwirkungen hängt davon ab, welche Prostaglandin-Typen von der jeweiligen Substanz bevorzugt gehemmt werden. Schützende Prostaglandine werden hauptsächlich von der Cyclooxygenase Typ 1 (COX-1) gebildet, für Schmerz und Entzündung verantwortliche Prostaglandine von der Cyclooxygenase Typ 2 (COX-2).

Das Nebenwirkungsprofil der verschiedenen nichtsteroidalen Antirheumatika hängt also unter anderem von ihrer Hemmwirkung auf COX-1 und COX-2 ab. Als Substanzen mit hohem gastrointestinalen Risiko gelten Piroxicam, Ketoprofen und Indometacin, die COX-1 stärker als COX-2 hemmen. Ein mittleres Risiko wird für Naproxen angegeben, das COX-1 und COX-2 weitgehend unselektiv hemmt. Substanzen wie Ibuprofen, Diclofenac und Meloxicam, die COX-2 stärker als COX-1 hemmen, weisen ein relativ niedriges Risiko auf.

Sind spezifische COX-2-Hemmer der Ausweg?

Keines der bislang verfügbaren nichtsteroidalen Antirheumatika weist jedoch eine Spezifität für COX-2 auf. In die Einführung der ersten spezifischen COX-2-Inhibitoren, die kaum noch gastrointestinale und sonstige Nebenwirkungen aufweisen sollen, werden deshalb große Erwartungen gesetzt, und die beiden neuen COX-2-Hemmer Rofecoxib und Celecoxib werden bereits mit Vorschusslorbeeren überhäuft.

Aber was in der Theorie so schön klingt, muss in der Langzeitpraxis nicht unbedingt stimmen. Immerhin ist COX-2 nicht nur für Entzündungsreaktionen verantwortlich, sondern hat auch zahlreiche physiologische Aufgaben, die man derzeit erst entdeckt. Dieses Enzym wird beispielsweise in der Prostata, im Gehirn, in der Niere und im Uterus produziert und ist dort für unterschiedliche Funktionen zuständig. Es spielt unter anderem eine Rolle bei der Reninproduktion, der Embryo-Implantation und der Wundheilung.

Bisher hat sich der Vorteil in der Praxis bestätigt

Celecoxib und Rofecoxib stehen kurz vor der Markteinführung, und die bisheriger Studiendaten sind vielversprechend. So konnte beispielsweise Rofecoxib zeigen, dass die Wirkung einer einmal täglichen Dosierung von 12,5 bis 25 g mit anderen NSAR vergleichbar war, gastrointestinale Nebenwirkungen dagegen deutlich geringer waren, sie blieben auf Plazeboniveau.

Rofecoxib wurde in einer Studie bei 5435 Patienten eingesetzt, von denen zwei Drittel eine Gelenkarthrose aufwiesen. Selbst nach einwöchiger hochdosierter Einnahme (250 mg/Tag) zeigte der endoskopische Befund im oberen Gastrointestinaltrakt Erosionen und Ulzera ebenso selten wie unter Plazebo, während gastrointestinale Komplikationen unter Ibuprofen (3 x 800 mg/Tag) und Acetylsalicylsäure (4 x 650 mg/Tag) signifikant häufiger auftraten.

Mit COX-2-Hemmern sind nach den bisherigen Befunden die gastrointestinalen Nebenwirkungen tatsächlich deutlich geringer, welche anderen Störungen, beispielsweise Nierenschäden, auftreten werden, wird allerdings erst die Langzeitanwendung zeigen.

Von rheumatischen Erkrankungen werden in den Industrienationen unzählige Menschen geplagt, und Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises zählen zu den Hauptgründen für einen Arztbesuch. Für die Betroffenen zählen zahlreiche entzündungs- und schmerzhemmende Arzneimittel zur Verfügung. Nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) zählen zu den am häufigsten verordneten Medikamenten. Sie weisen aber leider ein hohes Risiko für unerwünschte Wirkugnen auf. Möglicherweise kann ein Teil dieser Nebenwirkungen mit den neuen selektiven COX-2-Hemmern vermieden werden.

Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR)

  • Häufigste Medikation zur Behandlung von Schmerzen, Entzündungen und Funktionseinbußen bei Erkrankungen von Skelett, Muskulatur und Bindegewebe; weitere Indikationen: akute und chronische Schmerzen in anderen Organsystemen, Gallenblasen- und Nierenkoliken, Dysmenorrhö
  • Über 35 Millionen Verordnungen pro Jahr (USA)
  • Regelmäßige Einnahme durch >1% der Bevölkerung (USA)
  • Zunehmender Gebrauch mit steigendem Lebensalter; Einnahme von 20% der über 65-Jährigen (Australien)
  • Wirkmechanismus: weitgehend unselektive Hemmung von COX-1 und COX-2, dadurch globale Hemmung der Bildung schützender und entzündungs-/schmerzfördernder Prostaglandine
  • Hohes Nebenwirkungsrisiko (Gastrointestineltrakt, Nieren, Herz-Kreislauf-System, ZNS, Leber, Blutbildung): 15 bis 35% aller Komplikationen bei peptischen Ulzera durch NSAR; 65-Jährige: Häufigkeit gastrointestinaler Nebenwirkungen unter NSAR-Benutzern 20 bis 26%
  • Mukosaprotektive und regenerationsfördernde Maßnahmen (Misoprostol, Protonenpumpen-Hemmer) bei Risikopatienten und durch Nebenwirkungen Betroffenen empfohlen

Häufig eingesetzte nichtsteroidale Antirheumatika

(nach chemischen Gruppen)

Carboxylsäuren Acetylsalicylsäure, Diflunisal Essigsäuren: Diclofenac, Etodolac, Indometacin, Sulindac, Tolmetin Propionsäuren: Fenbufen, Fenoprofen, Flurbiprofen, lbuprofen, Ketoprofen, Naproxen, Pirprofen Fenaminsäuren: Flufenaminsäure, Meclofenaminsäure, Mefenaminsäure

Enolsäuren Pyrazolone: Phenylbutazon Oxicame: Isoxicam, Piroxicam, Tenoxicam, Meloxicam

Nichtsäure-Substanz Nabumeton

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