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Seit mehr als vierzig Jahren leben wir in der Bundesrepublik Deutschland mit dem Problem des Drogenkonsums und der Rauschgiftsucht. Jedes Jahr verfielen und verfallen Tausende meist junger Menschen den Rauschdrogen. Waren es in früheren Zeiten meist Einzelfälle, die versuchten, ihr Leben mit Drogen angenehmer zu machen, oder es letztlich damit zerstörten - z. B. die Morphinisten und Cocainisten -, so hat etwa seit den sechziger Jahren der Rauschgiftkonsum eine andere Dimension angenommen, nicht zuletzt deshalb, weil der illegale Zugang zu Drogen wie Haschisch, LSD, Cocain und Heroin einfacher geworden ist. Eine zusätzliche Komponente erhielt der Drogenmarkt durch Designerdrogen aus Untergrundlaboratorien, die Stoffe zusammenbrauten, gegen die man nur sehr schwer vorgehen konnte, da sie anfangs nicht einmal dem Betäubungsmittelrecht bekannt waren.

Als dann in den siebziger Jahren jährlich nahezu bis zu 2000 Menschen an einer Überdosierung ihres Rauschmittels starben, wurde der Drogengebrauch und seine Folgen zum großen Thema in der Gesundheitspolitik. Man sprach von Drogenpolitik. Wie hält man Jugendliche davon ab, in die Drogenszene einzusteigen und wie holt man sie von dort heraus? Die Ansätze zur Lösung des Drogenproblems waren und sind vielfältig, die Drogenpolitik wurde zum Experimentierfeld. Was tut man seit dem? Man kämpft gegen die Einfuhr der Rauschdrogen, zum Teil mit spektakulären Beschlagnahmungen und Zerschlagen von Drogenkartellen. Manchmal hat man allerdings den Eindruck, es ist ein Kampf gegen eine Hydra: ein Kopf wird abgeschlagen, zwei wachsen nach.

Man setzt auf Prävention und Aufklärung der jungen Menschen - auch hier nur Teilerfolge. Es lässt sich kaum noch nachverfolgen, wie viele Drogen- und Suchtbroschüren von Behörden, Ministerien, Krankenkassen und anderen Einrichtungen schon herausgegeben wurden. Auch die jetzige Regierung stellte Ende Juli eine neue Broschüre vor mit dem Titel "Hilfe anbieten - Schäden begrenzen". Realistisch sagte die Drogenbeauftragte der Bundesregierung dazu: Die Koalition hat die Schadensminimierung als wichtige Aufgabe einer neuen Drogen- und Suchtpolitik festgeschrieben. Aha, es wächst die Einsicht, dass man mit Drogen leben muss, und versucht Schadensbegrenzung.

Vor diesem Hintergrund sind auch die weiteren Aktivitäten des Bundesgesundheitsministeriums zu sehen: ein Gesetzentwurf - den das Kabinett bereits verabschiedete - zur Einführung von Fixerstuben, die in Modellprojekten (Frankfurt am Main) bereits zu einer drastischen Senkung der Zahl der Drogentoten führten. Oder der Ausbau der Methadonsubstitution: Ärzte sollen eine besondere Qualifikation zur Substitutionsbehandlung erwerben, es soll außerdem ein Substitutionsregister für opiatabhängige Patienten aufgebaut werden. Und, ganz aktuell, die heroingestützte Behandlung Opiatabhängiger ist kein Tabuthema mehr: Die Regierung will ein dreijähriges Modellprogramm fahren, ob z. B. Heroinabhängige durch kontrollierte Gabe dieses Stoffs sozial stabilisiert und zu einer weiterführenden Therapie motiviert werden können.

Es kommt Bewegung in die Drogenpolitik. Wir Apotheker leisten unseren Beitrag dazu z. B. durch die Betreuung der Methadonpatienten, durch Angebote wie in Nordrhein, wo Eltern Verdachtsproben in Apotheken analysieren lassen können, und durch Fortbildung z. B. mit Beiträgen wie in dieser DAZ-Ausgabe zum Thema Liquid Ecstasy, die neue "Wunderdroge" der Partyszene. Bei diesem Stoff handelt es sich übrigens nicht um ein Amphetamin, sondern um Gamma-Hydroxy-Buttersäure.

Peter Ditzel

Bewegung in der Drogenpolitik

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