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Es tut sich wieder etwas bei der Nachzulassung. Besonders einen Punkt werden Sie am HV-Tisch merken. Die Bundesregierung plant eine spezielle Kennzeichnung der Medikamente, die noch nicht die Nachzulassung geschafft haben. Diese bekommen - im übertragenen Sinn - einen Stempel aufgedrückt. Konkret werden sie "Altarzneimittel" genannt, für die "die behördliche Prüfung nach den arzneimittelrechtlichen Übergangsvorschriften noch nicht abgeschlossen" ist. So soll es in der Packungsbeilage stehen. Das Bundesgesundheitsministerium findet, das sei aus Gründen der Transparenz nötig.

Die Prognose ist einfach: Da rollt auf die Apotheken eine Menge Arbeit zu. Die Neuregelung in der zehnten Novelle des Arzneimittelgesetzes schafft einen enormen Erläuterungsbedarf. Künftig werden diejenigen, die sich die Packungsbeilage gewissenhaft durchlesen, auf diesen Hinweis stoßen und stutzig werden. Da ist von der Behörde (seriös) etwas noch nicht geprüft worden.

Der Patient kommt in die Apotheke und verlangt von Ihnen Erklärungen, nicht vom Hersteller, Arzt oder von der Zulassungsbehörde. Dann sind Sie am Zug: Arzneimittelgesetz 1961 und 1976 und die unendliche Geschichte der Nachzulassung. Wenn Sie hier alles erschöpfend beantwortet haben, dürfte keine Zeit mehr für wichtige Einnahmehinweise oder Beratung konkret zu Präparaten bleiben. Da stellt sich die Frage nach dem Sinn.

Um nicht missverstanden zu werden: Das hat meines Erachtens nichts mit dem mündigen Patienten zu tun. Die Entwicklung hin zum gut informierten Kranken, der sich eigenverantwortlich um seine Gesundheit kümmert, ist sehr zu begrüßen. Und gegen Transparenz ist nichts einzuwenden. Aber was bringt den Versicherten der Hinweis, dass es sich um ein Altarzneimittel handelt, konkret?

Die Crux ist die Vielschichtigkeit des Themas. Wahr ist, dass es in den vergangenen Jahren Hersteller gegeben hat, die sich um die Nachzulassung für ihre Produkte bemühten und sie unterdessen auch erhalten haben. Für sie ist das längst Schnee von gestern. Wahr ist aber auch, dass es ebenso pharmazeutische Unternehmen gegeben hat, die buchstäblich im Nachzulassungsstau hängen geblieben sind. Sie wussten teils über einen längeren Zeitraum nicht, was an ihrem Antrag bemängelt wurde oder ob neue Wirksamkeitsnachweise berücksichtigt wurden. Wiederholt warfen sie der Zulassungsbehörde Untätigkeit vor.

Den Firmen sind nicht alle Verzögerungen anzulasten. Einige haben auf die Nachzulassung verzichtet und nutzen die Abverkaufsfrist, weil zum Beispiel eine Monografie fehlte, auf die sie sich beziehen konnten (die Aufbereitung wurde 1994 eingestellt), der Wirksamkeitsnachweis wurde für sie zu teuer.

Natürlich gibt es auch Präparate, die nicht auf dem Markt sein müssten. Aber: Die Bereinigung des Marktes hat bereits stattgefunden und geht noch weiter, deren Zeit läuft ab. Insgesamt zeigt sich auch, dass alle die Größe der Aufgabe am Anfang kräftig unterschätzt haben, Industrie und Behörde.

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) - hier gab es vor wenigen Jahren eine Reorganisation zur Straffung des Ablaufs - unternimmt Anstrengungen, um die Probleme zu meistern, verlagert die formale Annahme der Anträge (Folge der neuen AMG-Novelle) zum Teil auf externe Dienstleister. Gleichzeitig kämpft man noch mit den Nachwehen des Umzugs und muss neue Leute in beiden Städten einarbeiten. Beschleunigen wird das die Nachzulassung nicht. Zur Zeit ist die Behörde zwischen Bonn und Berlin aufgeteilt. Wie so etwas in der Praxis geht? Lesen Sie es in unserem Interview mit dem Leiter des BfArM.

Susanne Imhoff-Hasse

Da kommt Arbeit auf Sie zu

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