Feuilleton

Pharmaziegeschichte: Florenz – Renaissance und Klosterpharmazie

Vom 20. bis 23. Oktober 1999 findet in Florenz der 34. Internationale Kongress für Geschichte der Pharmazie statt. Dem Veranstaltungsort angemessen, befasst er sich unter anderem mit der Pharmazie der Renaissance und der Beziehung zwischen Pharmazie und Kunst. Baulichen Zeugen der Renaissance begegnet der Besucher in Florenz auf Schritt und Tritt. Die barocke Klosterapotheke von Santa Maria Novella finden dagegen nur Eingeweihte.

Mitten in der Toskana, in Nachbarschaft zu Pisa und Siena gelegen, ist Florenz eine der kulturreichsten Städte Mittelitaliens. Das Stadtbild wird durch Paläste und Kirchen aus Romanik, Gotik und Renaisssance geprägt. Wahrzeichen sind der Dom Santa Maria del Fiore, die Klosterkirchen der Franziskaner und Dominikaner, die Uffizien, der Ponte Vecchio (die "alte Brücke" über den Arno) und die Piazza della Signoria mit dem Palazzo Vecchio und der Loggia della Signoria, einer offenen Säulenhalle mit bedeutenden Renaissance-Skulpturen, u.a. von Michelangelo.

Frühbürgerliche Revolution

Während des 13. Jahrhunderts fanden in Florenz tiefgreifende wirtschaftliche und soziale Umwälzungen statt: Der Übergang von der Feudalwirtschaft zu einem auf Handel und Handwerk gegründeten System hatte eine neue Klasse von Reichen entstehen lassen. Dieses aufstrebende Bürgertum, das sich in Zünften und Gewerben organisierte, verdrängte mit der Reform von 1282 den bislang herrschenden Adel. Von nun an bildete die Signoria die Regierung von Florenz. Sie bestand aus dem "Gonfaloniere", dem Bannerträger der Gerechtigkeit, und den Prioren, zwei Vertretern pro Stadtviertel, die von den Zünften gewählt wurden.

Als Regierungssitz wurde der Palazzo della Signoria (heute: Palazzo Vecchio) errichtet. Anfangs regierten die Ratsherren nur für eine begrenzte Zeit, doch 1342 setzte das Kleinbürgertum die Ernennung eines Signore auf Lebenszeit durch. Ein Jahr später wurden Pläne für eine Säulenhalle gemacht, die den Ratsherren mehr Schutz bei öffentlichen Auftritten bieten sollte: die Loggia della Signoria.

Aufstieg der Medici

Aus den politischen Machtkämpfen zwischen den niederen und oberen Zünften gingen mit der Revolte der "Ciompi", der Wollverarbeiter, zunächst die niederen Zünfte als Sieger hervor. 1434 erlangte der Bankier Cosimo de' Medici d. Ä. die Macht, ohne die republikanische Verfassung zu beseitigen. Er förderte Kunst und Wissenschaft und ließ Palazzo und Piazza della Signoria durch mehrere Architekten im Stil der Renaissance umgestalten.

1478 überstanden die Medici die Verschwörung der Familie Pazzi, doch nach dem Fall Karls VIII. von Frankreich wurden sie aus Florenz verbannt. Die Regierungsgeschäfte übernahm ein Hoher Rat. Um dessen Mitglieder unterzubringen, baute man über den Innenhof des Palazzo della Signoria den Saal der Fünfhundert. Daran waren u.a. Leonardo da Vinci und Michelangelo beteiligt. Beide haben aber ihre 1503 begonnene Arbeit nie zu Ende geführt.

Rathaus, Herzogspalast, Alter Palast

Im Laufe der nächsten Jahre wurde der Baukomplex immer wieder verändert, was mit den politischen Wirren und der endgültigen Rückkehr der Medici (1537) zusammenhing. Der Palazzo della Signoria, ehemals Symbol der Freiheit und der Republik, wurde nun zum Palazzo Ducale, zum herzoglichen Palast. Auch die Piazza wurde im Sinne des Herzogs gestaltet, nacheinander wurden Statuen in Auftrag gegeben, der Neptunbrunnen gebaut und Skulpturen in der Loggia aufgestellt. Doch schon bald zogen die Medici in den Palazzo Pitti bei den Boboli-Hügeln um, so wurde der Palazzo Ducale zum Palazzo Vecchio. Von nun an fanden keine größeren Umbauten am Palast mehr statt. In den 1860er Jahren, als Florenz Hauptstadt des Königreichs Italien war, diente er als Parlament. Heute befindet sich in einem Teil die Stadtverwaltung.

Die Klosterapotheke von Santa Maria Novella

Die Basilika Santa Maria Novella wurde zusammen mit dem angeschlossenen Dominikanerkloster zwischen 1250 und 1350 erbaut und gilt als das vollkommenste Beispiel der florentinischen Gotik. Die Fassade zeigt zur gleichnamigen Piazza, die in unmittelbarer Nähe des Haupbahnhofs liegt. Erste Hinweise auf eine pharmazeutische Tätigkeit der Dominikaner gibt es schon seit Gründung des Klosters. Vorerst diente die Apotheke der Eigenversorgung der Mitglieder des Konvents.

Ab Ende des 14. Jahrhunderts versorgte sie auch die Bevölkerung. Der früheste Beleg für den Verkauf eines pflanzlichen Arzneimittels, nämlich Rosenwasser, stammt aus dem Jahr 1381. Damals wurde Rosenwasser als wirksames Antiseptikum betrachtet und diente bei Epidemien zur Desinfektion der Häuser; es wurde auch dem Wein zugesetzt und zum besseren Schlucken von Pillen verwendet.

Export bis nach Asien

1612 erhielt die Apotheke durch ein Dekret des Großherzogs eine Gründungsurkunde und trägt seither den Namen "Officina profumo-farmaceutica di Santa Maria Novella". Der damalige Leiter, Bruder Angiolo Marchissi (1592–1659), beschränkte sich nicht auf die galenische Verarbeitung von Drogen, sondern beschäftigte sich intensiv mit der Alchemie, um Allheilmittel oder sogar den Stein der Weisen zu finden. Er begründete den hohen Ruf der Apotheke auch über die Landesgrenzen hinaus. Im 18. Jahrhundert wurde die Apotheke dank der vielen von den Mönchen ausgearbeiteten Rezepturen bis nach Indien und China bekannt.

Säkularisierung

Tommaso Valori, ein Laienbruder mit Ordensnamen Antonio, leitete die Apotheke in der schwierigen Zeit der Auflösung der Klöster durch Napoleon. Während die Klöster der Toskana durch den Erlass vom 13. September 1810 geschlossen wurden, ordnete ein Dekret vom 3. Oktober 1810 das Fortbestehen der Klosterapotheken an, um die Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sicherzustellen. Es legte weiterhin fest, dass die bisherigen Apothekenleiter weiter im Amt bleiben konnten, allerdings mit der Auflage, Pacht an den französischen Staat zu zahlen.

Der ehemalige Laienbruder Antonio pachtete zuerst die Apotheke und kaufte sie schließlich im Jahr 1813. Als das Kloster im Jahr 1817 wiedereröffnet wurde, schenkte er sie den Dominikanern. Der wirtschaftliche Erfolg der Apotheke wurde zu einer wichtigen Einnahmequelle des Klosters und ermöglichte umfangreiche Renovierungen, u. a. die Umwandlung der St. Nikolaus-Kapelle in einen Verkaufsraum. Dieses Projekt wurde unter Damiano Beni, dem letzten Mönch in der Reihe der Apothekenleiter, durchgeführt.

Endgültige Privatisierung

Beni befand sich im Jahr 1866 in einer ähnlichen Situation wie ein halbes Jahrhundert vorher Bruder Antonio, weil das junge Königreich Italien alle Klöster auflöste und ihren Besitz verstaatlichte. Beni wurde zum kommissarischen Direktor bestellt. Der Pachtvertrag wurde jedoch nicht durch ihn, sondern durch seinen Neffen Cesare Augusto Stefani unterzeichnet, der wohl bereits seit einiger Zeit sein Partner gewesen war.

Seit dieser Zeit ist die Duft- und Gewürzhandlung von Santa Maria Novella eine Privatfirma, die unabhängig vom später wieder eingerichteten Konvent arbeitet und bis heute im Besitz der Familie Stefani ist. Die Firma unterhält Vertriebsstellen in Rom, Mailand, Forte dei Marmi, Lucca, Rimini, Paris und London. Die Produkte selbst werden ausschließlich am Stammsitz in Florenz hergestellt.

Faszination der Wohlgerüche

Die alte Offizin tritt nach außen nicht in Erscheinung, ist aber zu besichtigen: Durch eine unscheinbare Holztür aus dem 19. Jahrhundert betritt man einen Marmorflur und gelangt in den ehemaligen Altarraum der Sankt-Nikolaus-Kapelle. Eine Welt der Düfte eröffnet sich dort dem Besucher: Berauschende Gerüche mischen sich mit der barocken Architektur, und diese Atmosphäre ruft das Gefühl des Unwirklichen, einer ätherischen Leichtigkeit vor. Nachdenklich fragt man sich: Kapelle oder Geschäft, heilig oder profan? Wie auch immer die Antwort ausfällt, ein Besuch in der alten Klosterapotheke bleibt nachhaltig in Erinnerung.

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