Berufspolitik

DAZ-RedaktionNäher ran an den Patienten (Bericht vo

Mehr als jeder andere Apothekertag zuvor stellte der diesjährige Deutsche Apothekertag, der vom 30. September bis 2. Oktober im Kongresszentrum der Leipziger Messe stattfand, den Patienten in den Mittelpunkt. Allein das offizielle Motto "Kompetenz statt Rationierung" signalisierte, dass der Apotheker seine Kompetenz in Sachen Arzneimittel einsetzen will, um dem Patienten eine durch die Gesundheitsreform drohende Rationierung zu ersparen.

Was sollten sie unbedingt über diesen Apothekertag wissen? Die Gesundheitspolitiker der rot-grünen Bundesregierung glänzten durch Abwesenheit. Keine Grußworte, keine Statements, nichts. Nur der Staatssekretär der Bundesgesundheitsministerin animierte mit seinen Ausführungen zur Gesundheitsreform die Apothekerinnen und Apotheker zu Pfiffen und kritischen Zwischenrufen. Kein Wunder, er klebte am Gesetzentwurf zur Gesundheitsreform wie Fliegen am Leim, ließ Sachkenntnis vermissen und hielt zu alle dem noch den Apotheken die insuffizienten Testkäufe der Stiftung Warentest als Spiegel vor.

Auch das geht in die Annalen ein: Zoff zwischen Krankenhausapothekern und ABDA. Klammheimlich spielten die Krankenhausapotheken dem Ministerium einen Änderungsvorschlag zum SGB V zu, mit dem sie in die Arzneimittelversorgung von im Krankenhaus ambulant behandelten Patienten als allein Zuständige eingebunden werden wollen. Die Offizinapotheker sprachen von Kriegserklärung und böswilliger Täuschung, sogar der Ausschluss des Präsidenten der Bundesvereinigung Deutscher Krankenhausapotheker – ADKA aus dem erweiterten ABDA-Vorstand wurde gefordert.

Gehorsam wie Apotheker nun mal sind – wenigstens in aller Regel – wollten einige wie vom Ministerium angekündigt zwei Jahre abwarten, wie sich der Vertriebsweg von Mifegyne, dem Präparat zu Vornahme eines Schwangerschaftsabbruches, an der Apotheke vorbei bewährt. Immerhin gab es einen mutigen Bayern, der den Antrag stellte, auch für Mifegyne müsse sofort als einzig zulässige und zuverlässige Abgabestätte die Apotheke bestätigt werden. Es bleibt allerdings ein bayerisches Geheimnis, warum die Bayern in einem weiteren Antrag die für die Anwendung von Mifegyne notwendige Indikationserweiterung von Misoprostol ablehnten.

Gesprächsstoff auf dem Apothekertag 1999 boten auch die katastrophalen baulichen Zustände an der Apotheke des Universitätsklinikums Gießen und die Absicht sowie Art und Weise des Landes Hessen, sich über eine Ausschreibung der Klinikapotheke zu entledigen und sie damit zu privatisieren.

Neu war die Präsentation des elektronischen Rezeptes im Rahmen des ABDA-Telematikprojektes. Auf Basis einer weiter entwickelten A-Card könnte der Patient eine neue Krankenversicherungskarte mit Chip als elektronisches Rezept einsetzen, auf dem der Arzt die verordnete Medikation speichert und der Apotheker die Daten ausliest. Bis es allerdings flächendeckend soweit sein wird, dürften sich noch einige Arbeitskreise und Gesprächsrunden mit diesem Thema befassen.

100 Jahre Frauen in der Pharmazie – dieses Thema war eine Ausstellung wert und eine symbolische Herausstellung der Apothekerin zu Beginn des Apothekertags. 100 Frauen bekamen beim Eintritt in den Versammlungssaal eine Rose. ABDA-Präsident Friese rief sie dann vor ans Podium, standing ovations der meist männlichen Delegierten waren ihnen gewiss.

Möglicherweise wird auch das in die Geschichte des Apothekertags 1999 eingehen: Vor zehn Jahren gingen von der Leipziger Nikolaikirche die Friedensgebete und -demonstrationen aus, die letztlich zum Fall der Mauer führten. Auf Anregung von Peter Brinkmann, Geschäftsführer des Hamburger Apothekervereins, lud der Sächsische Apothekerverein und die ABDA zu einer Andacht in die Nikolaikirche ein. Eine Gedenkstunde mit Orgelmusik und Erinnerungen an die damalige Situation für die Apothekerinnen und Apotheker erinnerte an den friedlichen Umsturz.

Näher ran

Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker bekräftigte ihre Ablehnung des Gesetzentwurfs zur Gesundheitsreform 2000, da sie extrem patientenfeindlich ist. Globalbudget und Benchmarking führen zur Rationierung, die Reimportförderklausel zur Therapieverzögerung, die Positivliste zur Einschränkung der Therapiefreiheit und die Datenallmacht der Kassen zu einem gläsernen Patienten. Vor diesen Auswirkungen wollen die deutschen Apothekerinnen und Apotheker ihre Kunden und Patienten schützen.

Einmütig war die Meinung über die Gefahr, die von übers Internet bestellten Arzneimitteln ausgeht. Die Eigendynamik des weltweiten Netzes kann dazu führen, dass immer mehr Arzneiversandadressen ihre Dienste anbieten und Arzneimittel auch nach Deutschland versenden. Versandhandel mit Arzneimitteln ist in Deutschland zwar verboten, aber ein Versand aus dem Ausland nach Deutschland nur schwer zu kontrollieren. In die geplante e-commerce- Richtlinie der EU, die den elektronischen Handel regeln soll, muss daher eine Ausnahme für Arzneimittel aufgenommen werden: Kein Versandhandel mit Arzneimitteln, auch nicht mit Arzneimitteln, die aus anderen Ländern bestellt wurden.

Näher ran an den Patienten, für ihn als umfassender Ansprechpartner und Verbraucheranwalt zur Verfügung zu stehen – das sehen immer mehr Apothekerinnen und Apotheker als eine ihrer Hauptaufgaben an. Verbraucherschutz heißt das Zauberwort, das eine umfängliche Beratung und Information über Arzneimittel beinhaltet. Noch deutlicher müssen solche Leistungen der Apotheke für den Kunden und Patienten erlebbar sein. Dies kann z. B. über die pharmazeutische Betreuung geschehen, dies kann aber auch über die hohe Qualität der erbrachten Leistungen beim Patienten erlebbar werden. Ein Qualitätsmanagementsystem kann dabei helfen, Beratung und Information als hohe, gleichbleibende Leistung dem Patienten anzubieten.

Näher ran den Patienten – ob Netzwerke und Praxisnetze der richtige Weg dafür sind, bleibt abzuwarten. Sie haben unbestritten einige Vorteile für die Leistungserbringer wie Ärzte und – sollten sie mit aufgenommen werden – Apotheken. Aber auch eine Reihe von Nachteilen, die die Apotheken ihren Patienten ersparen möchten. Eine Kopfpauschale für jeden Patienten könnte das Mobiditätsrisiko auf das Netz verlagern. Hier ist das letzte Wort noch nicht gesprochen, man wird sehen, wie die Verträge zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern ausgestaltet werden. diz

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