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Protestkundgebung des BVA: "Damit Sie nicht alles schlucken müssen..."

(cr). Zu der ersten öffentlichen Kundgebung in seiner Geschichte rief der Bundesverband der Angestellten in Apotheken (BVA) am Rande des Apothekertages in Leipzig auf. Rund 80 Angestellte folgten dem Aufruf und demonstrierten vor dem Leipziger Hauptbahnhof gegen die stockenden Tarifverhandlungen mit den sächsischen Apothekenleitern. Zur Erinnerung: Vor drei Jahren hatte der Austritt des Sächsischen Apothekerverbandes (SAV) aus der Tarifgemeinschaft der Apothekenleiter (ADA) hohe Wellen geschlagen. Seit dieser Zeit scheiterten bislang alle Versuche, in Sachsen zu einem länderspezifischen Tarifvertrag zu kommen. Die Schuld hierfür geben sich beide Partner gegenseitig. Streitpunkt ist bei den Verhandlungen insbesondere die Gehaltshöhe der Pharmazieingenieure.

Unter Slogans wie "Damit Sie nicht alles schlucken müssen" oder "In Ihrer Apotheke sind Sie bestens beraten... Wie lange noch?" brachten die Demonstranten ihr Unverständnis über die "tarifvertragliche Blockadehaltung" ihrer Arbeitgeber zum Ausdruck. Nach zwei vorangegangenen Gesprächen war die Verhandlungsrunde zwischen SAV und BVA auch am 21. September ohne Ergebnis geblieben. Das vom SAV vorgelegte Konzept, das auf einer tariflichen Höhergruppierung bei regelmäßigen Besuchen von Fortbildungsveranstaltungen beruht, wurde vom BVA zwar grundsätzlich begrüßt. Wie es in getrennten Stellungnahmen von BVA und SAV heisst, liegen die Tarifparteien jedoch bei der Umsetzung des Konzepts noch weit auseinander. Der Teufel scheint im Detail zu stekken.

"Sächsische Spezifika"?

Magdalene Linz, Vorsitzende des BVA, wies in ihrer Ansprache auf dem Willy-Brandt-Platz unweit des Leipziger Hauptbahnhofs darauf hin, dass Apothekenangestellte von ihren Chefs zum Teil massiv unter Druck gesetzt und aufgefordert worden seien, der Kundgebung fernzubleiben. Deshalb stehe jeder Demonstrationsteilnehmer für weitere Kolleginnen und Kollegen, die aus Angst vor Nachteilen zu Hause geblieben seien.

Am Rande der Kundgebung distanzierten sich sowohl der stellvertretende Vorstandsvorsitzende des SAV, Friedemann Schmidt, als auch der SAV-Geschäftsführer Dr. Ulrich Bethge von solchen Repressalien, deren Androhungen ihnen im Übrigen unbekannt seien. In ihrer Rede warnte Linz vor einer Demotivierung und "inneren Kündigung" der Apothekenmitarbeiter, die aufgrund ihrer massiven Unterbezahlung oftmals keine positive Berufsperspektive sähen. Dies könne nicht im Interesse der sächsischen Arbeitgeber liegen, deren tarifpolitischer Sonderweg auch von Apothekenleitern außerhalb Sachsens mit Unverständnis und Verwunderung zur Kenntnis genommen werde.

Bislang habe sich der SAV bei der Festsetzung der Basisgehälter nur wenig flexibel gezeigt. Selbst wer als Angestellter regelmäßig an Fortbildungsveranstaltungen teilnehme, solle nach Auffassung des SAV weniger Gehalt erhalten als Apothekenmitarbeiter ausserhalb Sachsens. Im Übrigen sei es unzutreffend, dass "sächsische Spezifika" bei Pharmazieingenieuren besondere Regelungen erforderten.

Linz wies darauf hin, dass Pharmazieingenieure - übrigens seit 1.12.1997 als einzige Angestelltengruppe in der Apotheke - in Ost und West weiterhin unterschiedlich bezahlt werden und der Anteil von Pharmazieingenieuren zu der Zahl der sonstigen Apothekenangestellten in Sachsen kaum von dem Verhältnis in den anderen neuen Bundesländern abweiche (Zahl der Angestellten in den neuen Bundesländern: 17785, davon 7041 Pharmazieingenieure. Sachsen: 5539 Angestellte, davon ca. 2000 Pharmazieingenieure). Vor diesem Hintergrund forderte eine weitere Rednerin als Vertreterin der sächsischen Pharmazieingenieure unter dem Beifall der Anwesenden eine "gerechte Bezahlung" für ihre Berufsgruppe.

SAV: Tarifkonzept ist innovativ und zukunftsträchtig

In einer Stellungnahme zu den gescheiterten Tarifverhandlungen und der Kundgebung des BVA beklagte der SAV gegenüber unserer Zeitung, dass es der BVA fast drei Jahre kategorisch abgelehnt habe, mit dem SAV über einen eigenständigen sächsischen Tarifvertrag zu verhandeln. "Mit Fug und Recht" könne das vom SAV vorgestellte Tarifkonzept als "innovativ und zukunftsträchtig" bezeichnet werden.

Im übrigen entspreche das Gehaltsangebot des SAV mit einer Anhebung um 2,5% (bezogen auf den Stand Dezember 1997) exakt der Erhöhung, die der BVA auf Bundesebene mit der ADA vereinbart habe. Dazu Bethge: "Die insgesamt 5% Tarifanpassung auf Bundesebene ergeben sich aus diesen 2,5% und aus 2,5% durch Modifizierungen des Rahmentarifvertrages für Apothekenmitarbeiter. Über den Rahmentarifvertrag ist in der Verhandlungsrunde am 21. September noch nicht gesprochen worden." Erklärtes Ziel des SAV-Vorstandes sei es, die sächsischen Apothekenmitarbeiter nicht schlechter zu stellen als deren Kollegen in den anderen Bundesländern.

Eine weitere Verhandlungsrunde zwischen SAV und BVA soll noch im Laufe des Oktober stattfinden.

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