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Pharmaverbände zum Aktionsprogramm: "Schiere Rationierungsmaßnahmen"

BONN (im). Das so genannte Aktionsprogramm von Politik, Krankenkassen und niedergelassenen Ärzten zur Einhaltung der Arzneibudgets 1999 ist bei der pharmazeutischen Industrie auf Kritik gestoßen. Das Programm sieht unter anderem Generikaverschreibungen im unteren Preisdrittel, Einhaltung der gesetzlichen Negativlisten, Hinweise zur Verordnung "umstrittener" Arzneimittel, Zurückhaltung bei "Schrittinnovationen" und die Einholung einer zweiten Arztmeinung bei teuren Medikamenten vor.

Für den Bundesverband der pharmazeutischen Industrie (BPI) in Frankfurt/Main birgt das Aktionsprogramm "schiere Rationierungsmaßnahmen" ohne individuelle Behandlungsmöglichkeiten der Patienten in sich. Der BPI-Vorsitzende Professor Hans Rüdiger Vogel kritisierte die Entmündigung der Versicherten. Wenn Ministerium, Krankenkassen und Ärzte klagenden Patienten eine gleichlautende Antwort gäben, sei fraglich, wohin diese sich mit Klagen über schlechte Versorgung wenden könnten. Solche Klagen seien jedoch zu befürchten. Unter Beachtung des Aktionsprogramms werde ein Arzt kaum noch neue Arzneimittel, und bestimmte bewährte Präparate gar nicht mehr verordnen. Die Empfehlung möglichst nur noch preiswerte Generika zu verschreiben, ignoriere Unterschiede in der Verträglichkeit. Vogel rechnete mit erheblichen Umsatzverlusten der Firmen.

Unabhängig von einer inhaltlichen Bewertung der Sparinitiative nannte der Vorstandsvorsitzende des Verbands Forschender Arzneimittelhersteller dies ein Indiz dafür, dass nach sechs Jahren der Budgetierung "die Zitrone ausgepresst ist". "Jetzt geht es an die Substanz", sagte Patrick Schwarz-Schütte in Berlin.

Der Bundesfachverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) in Bonn sah in der Vereinbarung eine patientenfeindliche Verschärfung des ursprünglich geplanten Notprogramms der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Der BAH befürchtete bei der Umsetzung des so genannten Aktionsprogramms die Gefahr der nicht mehr ausreichenden Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln und die Einschränkung der ärztlichen Therapiefreiheit.

Besonders die Empfehlung zur Vermeidung von Verordnungen "umstrittener Arzneimittel" greife unmittelbar in das Handeln des Arztes ein und schränke die Versorgungsvielfalt des Patienten massiv ein. Die Listung der "umstrittenen Arzneimittel" sei rechtswidrig. Dies sei in mehreren Urteilen im Rahmen des ersten KBV-Notprogramms 1996 bereits festgestellt worden. Diese Rechtswidrigkeit werde nicht dadurch beseitigt, dass das Aktionsprogramm auch vom Ministerium und den Krankenkassen mitgetragen werde. Die vorgesehenen Rationierungsmaßnahmen im Arzneimittelbereich träfen letztendlich nur den Patienten, der der Leidtragende sei.

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