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GKV-Halbjahresbilanz: Ausgabenanstieg bei Arzneimitteln

BONN (im). Die Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen für Arzneimittel sind im ersten Halbjahr dieses Jahres um zwölf Prozent geklettert. Nach Ansicht von Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer muss diese "Ausgabenexpansion" gestoppt werden. Bei der Vorstellung der Halbjahresergebnisse der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) hoffte Fischer trotz des Defizits auf stabile Beitragssätze zum Jahresende. Die Erwartung schwarzer Zahlen zum Jahresende begründete die Bundesgesundheitsministerin mit den Beiträgen aus geringfügiger Beschäftigung, die seit April erhoben werden.

Wofür die Kassen Geld ausgaben


Die Zuwächse bei den Medikamenten waren verglichen mit dem Vorjahreszeitraum in den alten Bundesländern (plus 12,1 Prozent) und in den neuen (plus 12,4 Prozent) ähnlich. Die Ost-Arzneiausgaben liegen bei 105,7 Prozent der West-Ausgaben pro Versichertem.
Den Halbjahresergebnissen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zufolge, die Fischer am 2. September in Berlin vorstellte, stiegen die Aufwendungen für die ärztliche ambulante Behandlung bundesweit um 1,2 Prozent, für Hilfsmittel um 1,8 Prozent. Für Heilleistungen wie Massagen, für die ein Budget mit den Arzneimitteln gebildet wurde, gaben die Kassen 2,2 Prozent mehr als im ersten Halbjahr 1998 aus. Im größten Ausgabenblock, den Kliniken, verlief die Entwicklung unterschiedlich. Während im Westen der Anstieg nur 0,8 Prozent für Krankenhausbehandlung betrug, erreichte er fünf Prozent im Osten. Im Gegensatz dazu sanken die Ausgaben für Zahnersatz deutlich, hier ist bundesweit ein Minus von fast 19 Prozent zu verzeichnen.

"Ärzte haften für Budgetüberschreitung"


Nach Worten der Ministerin lag die Dynamik auf der Ausgabenseite bei den Arzneimitteln, wo die Ausgabenexpansion nach Auslaufen der Grippewelle von Februar/März unvermindert angehalten habe. Die zweistelligen Zuwachsraten sprächen eine deutliche Sprache. Sollten die Arznei- und Heilmittel-Budgets Ende des Jahres überschritten werden, müssten die niedergelassenen Ärzte dies bis Ende 2001 ausgleichen. Daher sei das Aktionsprogramm von Mitte August zwischen Kassen, Ministerium und Ärzten notwendig, so Fischer, konkret

  • die verstärkte Verordnung von Generika
  • der Verzicht auf "umstrittene" Arzneimittel
  • keine Verordnung von Arzneimitteln, die bereits heute nicht zu Lasten der GKV verschrieben werden dürfen
  • Vermeidung von Schrittinnovationen.

"Verwaltungskosten nicht pauschal anprangern"


Zu den seit Jahren steigenden Verwaltungskosten der Kassen äußerte sich die Bundesgesundheitsministerin differenziert. Pauschale Kritik daran solle offenbar von den Arzneimitteln ablenken. Der Zuwachs sei größtenteils auf die Besonderheit bei den Betriebskrankenkassen zurückzuführen, die zunehmend die Verwaltungskosten vom Arbeitgeber auf die Krankenkassen übertrügen. Ohne diesen Sonderfaktor läge der Anstieg der Verwaltungskosten bei etwa zwei Prozent. Die GKV könne sich insgesamt mit einem Verwaltungskostenanteil von fünf Prozent gemessen an den privaten Krankenversicherungen (zwischen 12 und 13 Prozent) sehen lassen. Gleichwohl unterliege die GKV vor allem im Marketingbereich zu Recht den kritischen Blicken der Öffentlichkeit.

Defizit ausgleichbar


Insgesamt war in den ersten sechs Monaten ein Defizit von 3,3 Milliarden Mark aufgelaufen. Dabei fehlten den Westkassen 2,9 Milliarden Mark, den Ostkassen 350 Millionen Mark. Sorge bereiten nach wie vor die Ostkassen. Während die Entwicklung im Westen, wo es im ersten Quartal ein Defizit von 2,2 Milliarden Mark gab, günstiger verlief, verschlechterte sich die Situation im Osten. Im ersten Quartal hatte der Fehlbetrag hier 60 Millionen betragen. Zu berücksichtigen sei, dass rund 600 Millionen Mark im Rahmen des GKV-Finanzausgleichs von West nach Ost flossen. Hinzu komme die sich weiter öffnende Schere in den neuen Bundesländern zwischen Ausgaben und Einnahmen der Krankenkassen. Während die Ausgaben 3,8 Prozent betrugen, blieb der Anstieg der Einnahmen mit 0,7 Prozent deutlich dahinter zurück. In den alten Bundesländern ist diese Kluft nicht ganz so dramatisch. Der BMG-Finanzschätzung zufolge wuchsen die Ausgaben im Westen um 2,2 Prozent, die Einnahmen um 1,7 Prozent.
Die Hoffnung auf schwarze Zahlen zum Jahresende begründete die Bundesgesundheitsministerin mit den Beiträgen aus geringfügiger Beschäftigung, die seit April erhoben werden. Allein zwischen April und Juni seien so 420 Millionen Mark in die Kassen der GKV gekommen. Hochrechnungen für das gesamte Jahr 1999 zeigten, dass die Finanzschätzungen der Politik hier solide kalkuliert gewesen seien. Wenn die Mehreinnahmen aus den Billigjobs 2000 aus dem gesamten Jahr und nicht nur ab April resultierten, werde das erhoffte Volumen von rund 700 Millionen Mark vermutlich überschritten und auf diese Weise Mehrausgaben
der Strukturreform gegenfinanzieren, meinte Fischer. Auch Einmalzahlungen (beispielsweise Weihnachtsgeld) wirkten sich günstig auf der Einnahmenseite im zweiten Halbjahr aus.

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