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Thüringer Ärzteschaft: Protest auf dem Erfurter Domplatz

ERFURT (sr). "Bittere Pillen von Rot-Grün" - unter dieser Überschrift fand am 1. September die nunmehr dritte Erfurter Protestveranstaltung gegen eine von Regierungsseite verordnete Budgetierung im Gesundheitswesen statt, nach ähnlichen Aktionen im November 1996 und Dezember 1998.

Zu dem Aktionstag hatten der Landesverband der Freien Berufe Thüringen e.V. und das "Thüringer Bündnis für Gesundheit" aufgerufen. Die Praxen blieben an diesem Mittwoch weitgehend geschlossen, nur eine Notfallversorgung wurde sichergestellt. Weitere Protestkundgebungen auf Landes- und Bundesebene im Rahmen des "Bündnis Gesundheit 2000", unter anderem in Erfurt und Berlin, sind für diesen Monat geplant.

Ziel der Aktionen ist es, eine Ablehnung des Gesetzentwurfes im Bundesrat zu erreichen. "Diese Reform muss ausgebremst werden", so der Thüringer Landtagspräsident Dr. Frank-Michael Pietzsch (CDU). Die Ministerin für Soziales und Gesundheit des Landes Thüringen, Irene Ellenberger (SPD), folgte der Einladung auf den Domplatz nicht und begründete ihre Abwesenheit mit Terminschwierigkeiten, was die versammelte Ärzteschaft mit Pfiffen und Buhrufen kommentierte.

Slogans wie "Rot-Grün - Praxis tot" oder "Faule Kompromisse heilen keine faulen Zähne" gaben die Stimmung unter den meist aus Thüringen stammenden, zum Teil aber auch von weither angereisten Teilnehmern der Veranstaltung wieder. 110000 Unterschriften von Thüringer Bürgern gegen die geplante Gesetzesänderung wurden am Abend dem Thüringer Ministerpräsident Bernhard Vogel übergeben.

Die Thüringer Arzt-, Zahnarzt- und Tierarzthelferinnen, vertreten durch die Vorsitzende ihres Landesverbandes, Beate Schulz, fürchten um ihre Arbeitsplätze und klagen, dass aufgrund der Budgetierungsmaßnahmen, die von ihren Arbeitgebern auch an sie weitergegeben werden, "von einer leistungsgerechten Bezahlung nicht mehr die Rede sein" könne.

Nicht nur die niedergelassenen Ärzte und deren Personal sind mit den geplanten Neuregelungen unzufrieden, sondern auch Patientenverbände. So wies zum Beispiel Frau Rita Stichling, Patientenvertreterin des Thüringer Osteoporoseverbandes, darauf hin, dass dringend notwendige diagnostische und therapeutische Maßnahmen nach Verabschiedung des Gesundheitsreformgesetzes einfach nicht mehr bezahlbar wären. Eine bei den meisten Patienten verspätete Erstdiagnose aufgrund von Einsparungen bei der Knochendichtemessung wäre eine der fatalen Folgen.

Vertreter der Krankenhäuser, der Psycho- und Physiotherapeuten, des Pflegepersonals und auch der Apotheken waren sich im weiteren Verlauf der Kundgebung in Kritik und Forderungen an Regierung und Krankenkassen weitgehend einig. Wie ein roter Faden zogen sich Befürchtungen durch ihre Reden, die Versorgung der Patienten auf dem bisherigen qualitativen Niveau könne künftig nicht mehr gewährleistet werden. Die Zukunft der Freiberufler in der Medizin sei nicht gesichert, waren sich die anwesenden Kassenärzte einig. Wer auch immer die neue Thüringer Landesregierung stellen werde, der solle im November im Bundesrat helfen, diesen "unzumutbaren" Gesetzentwurf zu Fall zu bringen.

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