Arzneimittel und Therapie

Antidepressiva: Milnacipran - ein neuer spezifischer Serotonin- und Noradrenalin

Milnacipran ist ein neues Antidepressivum, das eine ähnliche Wirkpotenz wie trizyklische Antidepressiva aufweist, aber besser verträglich ist.

Milnacipran (in Frankreich unter dem Namen Dalcipran im Handel) ist ein neues Antidepressivum, das aufgrund seiner Wirkweise den SNRI (specific serotonin and noradrenaline reuptake inhibitor) zuzurechnen ist. Milnacipran hemmt in gleichem Ausmaß die Wiederaufnahme von Serotonin und Noradrenalin in vitro und in vivo. Mit anderen Neurotransmittersystemen kommt es nicht zu Interaktionen. Insbesondere weist Milnacipran keine Affinität zu alpha-1- und beta-adrenergen, muscarinergen oder histaminergen Rezeptoren auf. Ferner beeinflußt Milnacipran die Dopaminwiederaufnahme nicht.

Keine Induktion des Cytochrom-P450-Systems

Milnacipran hat eine hohe Bioverfügbarkeit und eine niedere Plasmaproteinbindung. Es wird größtenteils unverändert oder als Glucuronid im Harn ausgeschieden. Seine Halbwertszeit beträgt acht Stunden. Eine Dosisreduktion ist bei älteren Menschen oder bei Patienten mit Leberfunktionsstörungen nicht erforderlich. Bei Nierenfunktionsstörungen ist eine Dosisanpassung angezeigt.

Da das Cytochrom-P450-System nicht am Metabolismus von Milnacipran beteiligt ist, ist nicht mit Interaktionen (z.B. mit Lithium oder Benzodiazepinen) zu rechnen. Die empfohlene therapeutische Dosis beträgt zweimal täglich 50 mg Milnacipran.

Besser wirksam als selektive Serotonin- Wiederaufnahmehemmer

In den bislang vorliegenden klinischen Studien wurde Milnacipran bei moderaten bis schweren Depressionen eingesetzt und mit Plazebo, trizyklischen Antidepressiva (TCA) und selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI; z. B. Fluoxetin und Fluvoxamin) verglichen. Die über 3300 Patienten unterschiedlicher Altersgruppen wurden teilweise ambulant, teilweise stationär behandelt. Eine Metaanalyse der vorliegenden Daten zeigt, daß Milnacipran über eine vergleichbare antidepressive Wirkung verfügt wie trizyklische Antidepressiva; im Hinblick auf seine antidepressive Potenz ist Milnacipran den selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern überlegen.

Wenig unerwünschte Wirkungen

Milnacipran zeigt relativ wenig unerwünschte Wirkungen und ist besser verträglich als die trizyklischen Antidepressiva. Im Vergleich mit selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern verursacht Milnacipran weniger häufig Nausea und Angst. Im Vergleich mit einer Plazebotherapie traten unter der Behandlung mit Milnacipran häufiger Schwindel (5%), Schwitzen (4,3%), Angst (4,1%), Hitzewallungen (3,0%) und Dysurie (2,1%) auf. Im Vergleich mit trizyklischen Antidepressiva und selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern kam es unter der Therapie mit Milnacipran lediglich häufiger zu einem schmerzhaften Harndrang. Diese Dysurie ist vermutlich auf einen Anstieg des noradrenergen Tonus zurückzuführen. Bei Patienten mit einem Prostataadenom sollte Milnacipran daher zurückhaltend, bei Patienten mit bereits bestehender Dysurie gar nicht eingesetzt werden.

Die unerwünschten Wirkungen traten vor allem in den ersten drei Therapiemonaten auf; Langzeitanwendungen führten zu keinen weiteren Nebenwirkungen. Überdosierungen in suizidaler Absicht hatten keine ernsthaften Folgen.

Literatur: Boyer, P., et al.: Milnacipran, a new specific serotonin and noradrenaline reuptake inhibitor. Drugs of Today 34, 709-720 (1998).

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