Kommentar

Gut gemeint ...

Hinter halbverschlossenen Türen, vor ihrer Mitgliederversammlung und unter Ausschluss der Fachpresse, hat die ABDA knapp zehn Monate nach Veröffentlichung der sogenannten Taupitz-Thesen ihre Rechtsexpertise zum apothekenrechtlichen Fremd- und Mehrbesitzverbot vorgestellt. Das erfreuliche Ergebnis vorneweg: Auch der von der ABDA beauftragte bekannte Göttinger Verfassungsrechtsexperte Professor Christian Starck kommt in seinem Kurzgutachten zu dem Schluss, dass das apothekenrechtliche Fremd- und Mehrbesitzverbot in Deutschland verfassungsrechtlichen und europarechtlichen Vorgaben entspricht. Er folgt damit im Ergebnis dem bereits vorliegenden ausführlichen Rechtsgutachten ("Der Apotheker in seiner Apotheke") der beiden Stuttgarter Rechtswissenschaftler Rüdiger Zuck und Christofer Lenz, das vom Deutschen Apotheker Verlag in Auftrag gegeben worden war. Mit Starck widerspricht ein weiterer Verfassungsjurist mit Renommee den interessengeleiteten Ausführungen des Stange-Gutachters Jochen Taupitz. Dies kann nur nachdrücklich begrüßt werden.

Dennoch bleiben bei der Lektüre der Starck'schen Ausführungen einige Irritationen: ziemlich knapp ist die Expertise des Göttinger Universitätsprofessors ausgefallen - in ihrem Umfang entspricht sie einem längeren juristischen Fachaufsatz. Ob dies ausreicht, um im politisch-juristischen Meinungsstreit bestehen zu können? Es scheint, als ob sich die ABDA durch die Veröffentlichung des Zuck/Lenz-Gutachtens zeitlich mächtig unter Druck gesetzt fühlte. Warum eigentlich? Der Sache ist nicht unbedingt gedient. Der nunmehr vorgelegte Text, ohne Literaturverzeichnis und Register als Broschüre in einem juristischen Fachverlag veröffentlicht und somit allgemein zugänglich, umfasst gerade 42 Seiten und ist mit heißer Nadel gestrickt. Dabei werden die juristischen Fragestellungen zum Fremd- und Mehrbesitzverbot durchaus überzeugend beantwortet.

Berufspolitisch jedoch legt Starck in seiner Expertise so manche explosive Mine. Mehrfach betont der Gutachter an exponierter Stelle, u. a. bereits in seiner ersten zusammenfassenden These, dass der Gesetzgeber rechtlich politisch durchaus legitimiert sei, das Fremd- und Mehrbesitzverbot bei Apotheken zu Fall zu bringen. Nur verpflichtet sei er - entgegen Taupitz - dazu eben nicht. Lassen wir offen, ob diese apodiktische Feststellung rechtlich hieb- und stichfest ist: muss darauf in einem ABDA-Gutachten wirklich so pointiert hingewiesen werden?

An anderer Stelle werden bei der Betrachtung des Verhältnisses von öffentlichen Apotheken (wo das Fremd- und Mehrbesitzverbot gilt) und Krankenhausapotheken (wo dies nicht der Fall ist) Arzneimittel ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der Kostensteigerung im Gesundheitswesen betrachtet. Kein Wort darüber, dass man - aufs Ganze gesehen - mit dem sinnvollen Einsatz von Medikamenten auch eine Menge Geld sparen kann. Thema verfehlt, ist man geneigt zu erwidern. Wurden die Ausführungen Starcks in Eschborn vor ihrer Veröffentlichung eigentlich von niemandem gegengelesen?

Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: dabei soll und darf es nicht um eine illegitime Einflussnahme auf die unabhängige Meinungsbildung eines angesehenen Gutachters gehen. Weit gefehlt. Es muss jedoch verhindert werden, dass aus teilweise inkorrekten, teilweise missverständlichen Textpassagen eines Gutachtens jene Kräfte Honig saugen, die damit juristisch und politisch eigentlich bekämpft werden sollen. Gut gemeint ist nicht genug.

Christian Rotta

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