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Editorial

Der Stoff gegen Krebs

Demjenigen, der ein Mittel gegen Krebs findet, würde wohl noch zu Lebzeiten ein Denkmal errichtet. Die Hoffnungen auf einen solchen Stoff sind allerdings mehr als bescheiden. Wissen wir doch, daß es den Krebs per se nicht gibt, sondern äußerst vielfältige Arten von Krebserkrankungen, die wiederum durch sehr unterschiedliche Ursachen und Mechanismen ausgelöst werden. Möglicherweise liegt der Schlüssel, irgendwann den Krebs besiegen zu können, auf der molekularen Ebene. Denn dort laufen bei jedem Krebsgeschehen letztendlich ähnliche Mechanismen ab, egal, wodurch das unkontrollierte Wachstum ausgelöst wurde.
Ein anderer Ansatz wäre, das Wachstum von Tumoren zu unterbinden oder zumindest zu hemmen. Denn Tumoren können nur dann unkontrolliert wachsen und Metastasen bilden, wenn sie durch neugebildete Blutgefäße (Neoangiogenese) ausreichend mit Nährstoffen und Wachstumsfaktoren versorgt werden. Seit über 25 Jahren ist man also auf der Suche nach Stoffen, die die Gefäßneubildung hemmen. Ein solcher Hemmstoff könnte Endostatin sein. Im Tierversuch zeigte dieses Spaltprodukt von Kollagen 18 erstaunlich positive Wirkungen: Tumorknötchen verkleinerten sich nach Gabe von Endostatin und verschwanden schließlich vollends. Mittlerweile werden noch andere Angiogenesehemmer bereits klinisch geprüft.
Als Antitumor-Agens machte in der vergangenen Woche das Noscapin von sich reden. Eine RTL-Sendung zitierte - nach Art des Hauses RTL - eine Studie aus einem amerikanischen wissenschaftlichen Journal, wonach das als Antitussivum verwendete Opiumalkaloid Antitumorwirkungen bei einer geringen Nebenwirkungsrate besitzen soll. Doch auch hier ist deutlich zu sagen: Die Wirkung von Noscapin auf Tumorzellen im Menschen ist bisher nicht nachgewiesen, die erwähnten Untersuchungen wurden an Mäusen durchgeführt. Bereits 1961 wurde Noscapin übrigens in Dosen von 1 bis 6 g täglich an Krebspatienten im Endstadium verabreicht - ohne Erfolg.
Und wie steht es mit Vitaminen gegen Krebs? Hier streiten sich die Gelehrten. Möglicherweise haben bestimmte Vitamine eine gewisse Prophylaxe-Funktion, insbesondere, wenn sie als Radikalfänger agieren. Dennoch warnte das Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin Anfang Februar in einer Pressemitteilung die Raucher, auf Beta-Carotin-haltige Präparate zu verzichten (s. DAZ Nr. 6, S. 22 und DAZ Nr. 7, S. 23). Untersuchungen zufolge soll sogar die Häufigkeit von Lungenkrebs nach Einnahme solcher Präparate bei Rauchern erhöht gewesen sein. Zweifel an den Schlußfolgerungen aus diesen Studien sind allerdings angebracht. Denn es ist fraglich, ob die Einnahme eines Provitamins eine jahrzehntelange ungesunde Lebensweise kompensieren kann. Anders ausgedrückt: Die erkrankten Studienteilnehmer trugen vermutlich aufgrund des jahrelangen Rauchens bereits ein latentes Krebsgeschehen in sich, die Gabe von Vitaminen kann dann nichts mehr verhindern.
Was Sie außerdem in dieser Woche lesen sollten: In einem Leserbrief meldet sich Professor Blume, Ex-ZL-Leiter, zu Wort, der Gesundheitsjournalist und DAZ-Kolumnist Hans Mohl denkt über einen Apotheken-TÜV nach, die Zulassung von Pharmaziestudenten an der Humboldt-Universität zum Sommersemester 1998 ist in Frage gestellt. Und für die Freunde der "schönen Apothekerin" aus DAZ Nr. 8 (Titelbild): Sie ist käuflich! Genauer gesagt: Sie können einen Kunstdruck dieser Porträtzeichnung erwerben.
Ihr Peter Ditzel

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