DAZ aktuell

Ablösung der Budgets: Richtgrößen: die bayerische Lösung

BONN (hb). Die Ausgestaltung der Richtgrößenregelungen auf der regionalen Ebene nimmt langsam Gestalt an. In Thüringen und im Bereich der Kassenärztlichen Vereinigung Nordbaden liegen bereits entsprechende Vereinbarungen vor (siehe DAZ Nr. 4, S. 22). Am 10. Februar 1998 präsentierte der Vorstandsvorsitzende des BKK-Landesverbandes Bayern Gerhard Schulte bei einer Forum-Veranstaltung in Bonn die erst am Vortag unterzeichnete Vereinbarung der Krankenkassen mit der KV Bayern. Die Richtgrößen selbst sind dort bereits seit dem Jahresbeginn wirksam.

KVen überwiegend abwartend Auf regionaler Ebene wird die Bundesempfehlung zur Vereinbarung von Richtgrößen (Stand: 17. September 1997) gegenwärtig Schritt für Schritt in die Praxis umgesetzt. Nach wie vor sind offenbar die Bedenken groß, das Budget vollständig durch arztgruppenspezifische Richtgrößen abzulösen. Die Krankenkassen hängen verständlicherweise weiterhin an der Idee der budgetbegleitenden Richtgrößen. Auch das Interesse der Kassenärztlichen Vereinigungen an der Umsetzung ist in den KV-Bezirken unterschiedlich groß, wie der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der Kassenärztlichen Bundesvereinigung Dr. Lothar Krimmel erläuterte. Hessen, Schleswig-Holstein und Westfalen-Lippe hätten diesbezüglich große Vorbehalte und auch Nord- und Süd-Württemberg, Südbaden, Koblenz, Trier, Rheinhessen, Sachsen-Anhalt, Nordrhein, das Saarland sowie Bremen, Hamburg und Berlin zeigten eine eher abwartende Haltung. Einsparungen durch die Richtgrößen im Sinne eines realen Minus bei den GKV-Ausgaben hält Krimmel selbst für undenkbar. Er könne vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehen, so der Vertreter der Ärzteschaft kämpferisch, daß "wildgewordene Pharmakologen" den Krankenkassen mit dem Arzneiverordnungsreport unter anderem weitere Einsparpotentiale im Generikamarkt "vorgaukeln".

Der bayerische Ansatz Die erste Richtgrößenvereinbarung für den größten deutschen KV-Bereich, die gerade am Vortag unterzeichnet worden war, kommentierte der Vorstandsvorsitzende des BKK-Landesverbandes Bayern Gerhard Schulte. Die Werte waren schon am 17. Dezember des vergangenen Jahres bekanntgegeben worden und sind seit dem Jahresbeginn 1998 wirksam. Die Richtgrößentabelle der noch druckfrischen bayerischen Vereinbarung (siehe Abb.) setzt auf dem Budget von 1996 auf. In verschiedenen Punkten konnte die Bundesempfehlung aufgrund der insuffizienten Datenlage noch nicht voll zum Tragen gebracht werden, so zum Beispiel in bezug auf die Berücksichtigung verschiedener Altersklassen. Darüber hinaus beinhaltet sie auch die Arzneimittel nach der Anlage2 der Bundesempfehlung. Diese könnten prinzipiell von der Errechnung der Richtgrößen ausgenommen werden, weil bei ihnen keine Veranlassung zu einer unwirtschaftlichen Verordnung besteht.

Erste Prüfungen nicht vor Herbst 1999 Die bayerischen Krankenkassenverbände rechnen schon heute mit Überschreitungen der vereinbarten Werte, wenn auch die Stunde der Wahrheit erst im Herbst des kommenden Jahres ansteht: Ein halbes Jahr nach Ablauf des Kalenderjahres soll die Gesamtbilanz für 1998 vorliegen, so schilderte Schulte das weitere Prozedere. Im dritten Quartal 1998 soll ermittelt werden, welche Ärzte geprüft werden sollten. Diese sollen dann Anfang Oktober benachrichtigt werden. Der bayerische BKK-Vorstandsvorsitzende glaubt, daß ca. 20% der Ärzte, das sind in Bayern immerhin rund 3800 Mediziner, in die Wirtschaftlichkeitsprüfung auf Basis der Richtgrößen einbezogen werden. Bei mehr als 25% Überschreitung kommt es zu einer Umkehr der Beweislast, das heißt, der Arzt muß versuchen, die Überschreitung durch Praxisbesonderheiten zu begründen. Der Umfang des Regreßbetrages soll sich schließlich aus der Differenz zwischen dem Überschreitungsbetrag minus begründbaren Praxisbesonderheiten und dem Arztgruppendurchschnitt als dem 100%-Wert ergeben. Was im Einzelfall als Praxisbesonderheit geltend gemacht werden kann, ist für die Bayern allerdings bislang nicht klar, so daß die Ärzte in diesem Punkt vorher keine Planungssicherheit haben.

Warnung vor "Prüforgien" Der Vorsitzende der vertragsärztlichen Bundesvereinigung Dr. Werner Baumgärtner erläuterte den Ansatz für seinen KV-Bereich Nord-Württemberg. Er hält die prospektive Ermittlung von Richtgrößen auf Basis von Vorjahresbudgets für problematisch, weil die Zahl der anfallenden Prüfungen hiernach nicht kalkulierbar ist. Eine Zahl von 20% bezeichnete Baumgärtner aufgrund des administrativen Aufwandes für solche "Prüforgien" als illusorisch. Seiner Ansicht nach sollten nicht mehr als 2 bis 4 % Prozent der Ärzte in die Prüfung kommen. Darüber hinaus müßten die Anlagen 2 (ausnahmefähige Arzneimittel) und 4 (Praxisbesonderheiten) in jedem Fall zum Tragen kommen, indem sie rückwirkend aus dem Gesamtergebnis herausgerechnet würden. Auch die Ausgaben für die Prävention, in Bayern bislang nicht berücksichtigt, müßten in die Kalkulation mit einfließen.

Ende der Budgetierung noch nicht in Sicht In drei KVen sind mittlerweile die ersten Schritte zu Ablösung der ungeliebten Bugetierung gemacht worden. Wie geht es im übrigen Bundesgebiet weiter? In den KV-Bereichen, in denen keine Richtgrößen vereinbart werden, gilt das Budget fort, soweit für 1998 keines vereinbart wurde, gilt das Vorjahresbudget.

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