DAZ aktuell

Pharmaindustrie: Glaxo Wellcome und SmithKline Beecham wollen fusionieren

(daz). Eine "Megafusion in der Pharmabranche", so das Handelsblatt vom 2. Februar 1998, steht bevor: Die beiden britischen Pharmakonzerne Glaxo Wellcome und SmithKline Beecham wollen fusionieren. Damit würde das größte Pharmaunternehmen und der drittgrößte Konzern der Welt entstehen.

Überraschungscoup Die Ankündigung, fusionieren zu wollen, war ein Überraschungscoup, so Branchenkenner. Denn noch wenige Wochen zuvor hatte SmithKline Beecham Fusionsgespräche mit dem US-Konzern American Home Products (AHP) geführt. Diese Gespräche wurden jedoch, so die Wirtschaftsmeldungen in Tageszeitungen, am 30. Januar abgebrochen und einen Tag später die Ergebnisse von parallel abgelaufenen Verhandlungsgesprächen mit Glaxo Wellcome vorgelegt. Wie den Angaben der Finanzseiten von Tageszeitungen zu entnehmen ist, hätte das neue Unternehmen einen Börsenwert von mehr als 100 Mrd. britischen Pfund (knapp 300 Mrd. DM), einen Umsatz von etwa 17 Mrd. Pfund und mehr als 110000 Mitarbeiter. 1996 erwirtschaftete der in London ansässige Pharmahersteller Glaxo Wellcome einen Umsatz von rund 8,3 Mrd. Pfund (knapp 25 Mrd. DM) und einen Gewinn vor Steuern von 2,9 Mrd. Pfund. Das Unternehmen SmithKline Beecham, das in Brentford vor den Toren Londons sitzt, wies 1996 einen Umsatz von knapp 8 Mrd. Pfund auf, bei einem Ertrag von etwa 1,5 Mrd. Pfund.

Synergieeffekte und Kosteneinsparungen Wie ersten Berichten zu entnehmen ist, liegen die Gründe für die Fusion in Synergieeffekten. Die beiden Unternehmen versprechen sich vor allem in der Forschung und Entwicklung großen Nutzen von einer Fusion. Rechnet man den Forschungsetat beider Unternehmen zusammen, ergibt sich die stolze Summe von etwa 2 Mrd. Pfund, also mehr als 5 Mrd. DM. Neben den besseren Forschungsmöglichkeiten erhoffen sich die beiden Pharmaunternehmen große Kosteneinsparungen. Experten schätzen das Einsparungspotential auf 1 bis 2,8 Mrd. Pfund. Auch hinsichtlich ihrer Produktpaletten scheinen sich, wie dem Bericht im Handelsblatt zu entnehmen ist, die beiden Pharmakonzerne gut zu ergänzen. Während die Stärke von Glaxo Wellcome bei der Bekämpfung von Magen-Darm-Erkrankungen, Atemwegsbeschwerden und Virusinfektionen liegt, ist SmithKline Beecham bei Antibiotika, Impfstoffen und Antidepressiva führend. Hinzu kommt, daß SmithKline Beecham einen gut ausgebauten OTC-Vertrieb vorweist. Wer an der Spitze des neuen Konzerns stehen wird, ist noch offen. Einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 2. Februar zufolge soll Sir Richard Sykes (55), der Chairman von Glaxo Wellcome, auch Chairman des neuen Konzerns werden. Er soll, so die ersten Pläne, ausdrücklich auch "Executive Chairman" genannt werden, was darauf hinweist, daß er sich um Tagesgeschäfte kümmern will. Sein Mitspieler wird Jan Leschly sein, bisher Chef von SmithKline Beecham. Er dürfte, so die ersten Einschätzungen, die Rolle des Chief Executive einnehmen. Da beide Manager als ehrgeizig gelten, werden diese Titel vermutlich nur formalen Charakter haben und beide gemeinsam den Konzern lenken.

Wettbewerb verschärft sich Deutsche Pharmafirmen reagierten auf die Fusionsankündigung bisher noch gelassen, man rechnet jedoch mit einem verschärften Wettbewerb. Ein Sprecher von Hoechst ließ durchblicken, daß solche Fusionen alle Marktteilnehmer dazu zwinge, sich neu zu positionieren. Der Bayer-Konzern reagierte verhalten auf die Fusion und ließ wissen, daß "Größe allein nicht ausschlaggebend" sei. Von größerer Bedeutung sei, daß die Fusionspartner zueinander paßten. Nach Auffassung von Branchenkennern dürfte die geplante Megafusion Anstoß für eine weitere Konzentrationswelle sein.

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.