Prisma

Qualitätskontrolle bei der Gen-Expression


Eine Forschergruppe um Gabriele Neu-Yilik vom "Labor für pädiatrische Molekularbiologie" der Charité hat aus Untersuchungen an menschlichen Blutzellen eine Erklärung für eine seit langem bekannte, aber unverstandene zelleigene "Qualitätskontrolle" bei der Gen-Expression ableiten können.
Zellen sind Protein-Fabriken. Was in ihnen produziert wird, hängt von der DNA des Zellkerns ab. Ein Bote (die m-RNA) kopiert das Herstellungsmuster für ein Protein aus der Erbsubstanz und trägt es aus dem Kern ins Zellplasma, wo die Proteinproduzenten (Ribosomen) darauf warten.
Der Bote kann Fehler machen und falsche Anweisungen mitbringen. Seit zwei Jahrzehnten weiß man, daß Zellen mit solchen falschen Botschaftern rigoros umgehen: Sie töten sie. Dieser Zerstörungsmechanismus, NMD (nonsense-mediated decay) genannt, ist für den Organismus entscheidend wichtig, verhindert er doch die fehlerhafte Produktion von Proteinen, die Krankheiten auslösen kann.
Seit ebenfalls zwei Jahrzehnten versuchen Forscher den Vorgang zu erhellen, der zum Untergang der falschen Boten führt. Mehrere Modelle sind entwickelt worden. Sie sollen zum einen verständlich machen, wie die Zelle zwischen einem korrekten (mRNA) und einem falschen Boten (PTC-mutierte mRNA) unterscheidet. Zum andern sollen sie erklären, wie der falsche Bote veranlaßt wird, jenen Weg einzuschlagen, der unwiederbringlich zu seinem Untergang führt. Viele Befunde der letzten Jahre weisen darauf hin, daß diese Vorgänge im Kern der Zelle ablaufen, ebenso viele sprechen für das Zellplasma als Aktionsort.
Nach dem experimentell gut untermauerten Modell von Neu-Yilik und Mitarbeitern handelt es sich um einen zweistufigen Prozeß, der im Zellkern beim Vorgang des sogenannten Spleißens einsetzt, und im Zellplasma auf die "Übersetzung" der Bauanleitung in ein Protein übergreift. Diese notwendige Kooperation zwischen Kern und Zellplasma läuft zudem nach bekannten molekularen Mechanismen ab und bedarf keiner Theorien über "unorthodoxe" Vorgänge bei der Genexpression. Es dürfte sich außerdem um ein gemeinsames Prinzip von Zellen bei Pflanze, Tier und Mensch zur Verhinderung fehlerhafter Proteine handeln.
Quelle: Pressemitteilung von der medizinischen Fakultät der Humboldt-Universität Berlin, The European Molecular Biology Organisation Journal 1998, Vol. 17, S. 3484-3494

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