Arzneimittel und Therapie

Sekundärprävention mit Hormonen?

Bei bereits bestehender koronarer Herzerkrankung sind Hormone zur Sekundärprävention, also zur Vorbeugung eines Herzinfarkts, nicht geeignet. Dies zeigte eine mehrjährige US-Studie mit knapp 3000 herzkranken Frauen nach der Menopause.


In zahlreichen Beobachtungsstudien wurde gezeigt, daß eine Hormontherapie bei postmenopausalen Frauen mit einer niedrigeren Inzidenz koronarer Herzkrankheiten einhergeht. Auch bei einer bereits vorliegenden Herzerkrankung wirkte sich die Hormontherapie (Östrogene oder eine Östrogen/Gestagen-Kombination) günstig auf die Rate koronarer Ereignisse aus. Diese Erkenntnisse wurden allerdings in Beobachtungsstudien gewonnen und bedürfen einer Bestätigung durch randomisierte Untersuchungen. Aus diesem Grund wurde in den USA eine randomisierte, geblindete und plazebokontrollierte Studie durchgeführt, in der die Wirkung einer Hormonsubstitutionstherapie bei herzkranken menopausalen Frauen untersucht wurde.

Randomisierte, plazebokontrollierte Studie


Für die Studie wurden 2763 postmenopausale Frauen zwischen 44 und 79 Jahren ausgewählt, bei denen eine koronare Herzerkrankung vorlag. 1380 Patientinnen erhielten täglich eine Östrogen/Gestagen-Kombination (0,625 mg konjugiertes Östrogen plus 2,5 mg Medroxyprogesteronacetat), die anderen 1383 Studienteilnehmerinnen ein Plazebo. Die Compliance betrug in der Verumgruppe nach einem Jahr 82% und nach drei Jahren 75%. Die Patientinnen wurden während durchschnittlich 4,1 Jahren beobachtet und in regelmäßigen Abständen untersucht. Bewertungskriterien waren das Auftreten eines nicht tödlichen Myokardinfarkts oder Tod aufgrund der koronaren Herzerkrankung. Ferner wurden Schlaganfälle, ischämische Attacken, periphere arterielle Krankheiten, Tumorerkrankungen, Thrombosen, Frakturen, Gallenerkrankungen sowie das Auftreten weiterer Herzerkrankungen (z. B. koronare Revaskularisierung, instabile Angina pectoris, Stauungsinsuffizienz, Herzstillstand) festgehalten.

Keinen günstigen Einfluß auf die KHK


Die Hormongabe wirkte sich zwar günstig auf den Lipidstoffwechsel aus (in der Verumgruppe lagen die LDL-Cholesterolwerte um 11% niedriger, die HDL-Cholesterolwerte um 10% höher als in der Plazebogruppe), nicht aber auf die Häufigkeit koronarer Ereignisse. 172 Frauen der Verum- und 176 der Kontrollgruppe hatten einen Myokardinfarkt erlitten oder waren aufgrund ihrer koronaren Herzkrankheit gestorben. Innerhalb des ersten Behandlungsjahres waren in der Hormongruppe mehr koronare Ereignisse aufgetreten als in der Vergleichsgruppe. Nach Ablauf des vierten Jahres waren in der Plazebogruppe mehr koronare Ereignisse registriert worden als in der Hormongruppe. Dies könnte darauf hinweisen, daß eine mögliche kardioprotektive Wirkung der Hormone erst nach längerer Anwendung einsetzt.
Venöse Thrombosen und Erkrankungen der Gallenblase waren in der Hormongruppe häufiger als in der Plazebogruppe aufgetreten (34 vs. 12 bzw. 84 vs. 62).
Im Hinblick auf Tumorerkrankungen, Frakturen und die Gesamtmortalität (131 vs. 123) konnte kein signifikanter Unterschied festgestellt werden.

Weitere Studien


Den Resultaten dieser Studie zufolge ist eine Hormonsubstitution zur Sekundärprävention koronarer Ereignisse nicht sinnvoll. Dies steht im Widerspruch zu den Ergebnissen zahlreicher Beobachtungsstudien, in denen ein günstiger Effekt der Hormone nachgewiesen wurde. Die Ursache für diese divergierenden Ergebnisse liegt möglicherweise in der nicht repräsentativen Studienpopulation der Beobachtungsstudien. Zur Zeit werden mehrere groß angelegte randomisierte Studien durchgeführt, die zur weiteren Klärung beitragen werden.
Aufgrund dieser Studienergebnisse sollte keine Frau ihre Hormontherapie absetzen. Auch wenn der kardioprotektive Effekt in Frage gestellt ist, bleibt der günstige Effekt der Hormonsubstitution auf das Lipidmuster, auf den Knochenstoffwechsel und menopausale Symptome bestehen. Literatur
Hulley, S., et al.: Randomized trial of estrogen plus progestin for secondary prevention of coronary heart disease in postmenopausal women. J. Am. Med. Assoc. 280, 605-613 (1998).
Petitti, D.: Hormone replacement therapy and heart disease prevention. J. Am. Med. Assoc. 280, 650-652 (1998).
Dr. Petra Jungmayr, Esslingen

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