Arzneimittel und Therapie

Neue Optionen in der Hochdrucktherapie

Nur bei bestenfalls jedem zweiten Hypertoniker wird eine ausreichende Blutdruckkontrolle erreicht. Ursache ist meist eine unzureichende Compliance infolge unerwünschter Nebenwirkungen. Es besteht somit noch eindeutig Bedarf für neue Antihypertensiva. Zwei neue Wirkstoffe, der Calciumantagonist Lacidipin und der Angiotensin-1-Rezeptorantagonist Telmisartan, wurden bei der Hochdruckligatagung 1998 in Freiburg vorgestellt.


Aus der Behandlung der Hypertonie sind Calciumantagonisten nicht wegzudenken. Das gilt sowohl für die Mono- wie auch die Kombinationstherapie, die bei den neuen Zielwerten von unter 140/90 mmHg bei praktisch zwei Drittel der Hypertoniker erforderlich ist. Doch wünschen sich die Experten lang wirksame Substanzen, welche den Patienten möglichst 24 Stunden zuverlässig vor einem erneuten Blutdruckanstieg schützen, und es wird intensiv nach nebenwirkungsärmeren Therapiealternativen gesucht.

Calciumantagonist Lacidipin


Ein Wirkstoff, in den entsprechende Hoffnungen gesetzt werden, ist Lacidipin (Motens(r)). Es handelt es sich um einen neuen Calciumkanalblocker aus der Gruppe der Dihydropyridine, der sich durch eine sehr hohe Lipophilie auszeichnet. Die Substanz wird in die Zellmembran, also da, wo sich die Calciumkanäle befinden, eingelagert und kann dort längere Zeit verweilen. Das bedingt unabhängig von der Plasmahalbwertszeit einen allmählichen Wirkeintritt sowie eine mehr als 24 Stunden anhaltende Blockade der Calciumkanäle. Dem steht eine konsistente Blutdrucksenkung gegenüber, wobei Blutdruckreduktionen von etwa 22/17 mmHg zu erwirken sind, und das auch noch 24 Stunden nach der Tabletteneinnahme.

Zusätzlich antioxidativ wirksam


Lacidipin weist außerdem eine hohe Selektivität für glatte Muskelzellen auf und ist sehr gut verträglich. Knöchelödeme treten deutlich seltener auf als unter anderen Dihydropyridinen, eine sympathische Aktivierung wurde nicht registriert. Lacidipin reduziert den Studien zufolge signifikant die kardialen Wandstärken und die linksventrikuläre Muskelmasse, die Nierendurchblutung wird deutlich erhöht.
Gegenüber anderen Calciumantagonisten grenzt der neue Wirkstoff sich außerdem durch seine zusätzliche antioxidative Wirksamkeit aus, die experimentell wie auch in vivo nachweisbar ist und derjenigen von Vitamin E entspricht.
Indikationen für den neuen Calciumantagonisten sehen die Experten vor allem bei Hochdruckpatienten mit erhöhtem arteriosklerotischem Risiko, sei es wegen einer Fettstoffwechselstörung, eines Diabetes mellitus, einer Insulinresistenz oder einer positiven Familienanamnese. Auch bei arteriosklerotischen Begleiterkrankungen wie der koronaren Herzkrankheit oder einer arteriellen Verschlußkrankheit ist Lacidipin wegen seiner antioxidativen Eigenschaften indiziert.

Sicherer 24-Stunden-Schutz mit Telmisartan


Neuerungen gibt es auch bei den Angiotensin-1-(AT1-)Rezeptorantagonisten. Die verschiedenen Wirkstoffe dieser neuen Substanzklasse haben zwar alle den gleichen Wirkmechanismus, unterscheiden sich aber deutlich in ihrer Molekülstruktur, was zum Teil auch Unterschiede bei einzelnen Wirkkomponenten zur Folge haben kann. So hat auch der neue AT1-Rezeptorantagonist Telmisartan eine lang anhaltende konstante Wirkung und schützt den Patienten auch in den komplikationsträchtigen frühen Morgenstunden. Klinische Studien bescheinigen dem Wirkstoff eine gute blutdrucksenkende Wirksamkeit, die derjenigen der ACE-Hemmer Enalapril und Lisinopril sowie dem Betablocker Atenolol ebenbürtig ist.
Doch zeigte sich in den Studien während der Nacht und den frühen Morgenstunden eine ausgeprägte Senkung des diastolischen Blutdrucks, die größer war als bei den Vergleichsmedikationen. Unklar ist noch, inwieweit dem praktische Relevanz zukommt.
Quelle
Dr. Frank Sonntag, Henstedt-Ulzburg, Prof. Dr. Thomas Unger, Kiel, Prof. Dr. Roland Schmieder, Nürnberg, Prof. Dr. Jürgen Scholze, Berlin, Symposium "Calciumantagonisten und AT1-Rezeptorantagonisten - Neue Zielvorgaben in der Hochdruckbehandlung" im Rahmen der Hochdruckligatagung, Freiburg, 25. November 1998, unterstützt von
Boehringer Ingelheim und GlaxoWellcome.
Christine Vetter, Köln

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