DAZ aktuell

Lutz Bäucker: Pillen sind keine Pommes

Kein zeitraubender Small-talk mit den Kunden mehr. Die Aussicht, nervige Kundschaft schon auf der Straße abfertigen zu können. Und kein Trouble mehr mit dem ZL, sondern nur noch mit dem TÜV - die Zukunft des mobilen Apothekers sah rosig aus. Zu schön, um wahr zu sein. Denn Pillen sind eben keine Pommes und deshalb wird's nix mit der Drive-in-Pharmazie. Einfach vorfahren, Rezept hinstrecken, Pillen packen, zahlen, wegfahren - so geht's ja nun wirklich nicht. Hat das Bundesverwaltungsgericht gesagt. Wo kämen wir denn da hin: Der bloße Wunsch des Kunden nach Bequemlichkeit, nein, der rechtfertigt keinen Autoschalter für Arzneimittel. Und deshalb muß Kollege Uwe Hoffmann die Klappe halten und wieder übern Tresen bedienen. Und beraten: Jawoll, sagt das BVerwG, bei Arzneien muß beraten werden, ganz wichtig. Recht so. Nur: Beraten kann ich auch durch den Schalter für die mobile Kundschaft, sagt Hoffmann. Vielleicht sogar besser als im Laden, wo dutzende Neugieriger die Ohren hochstellen, wenn ich mit Frau Maier-Müller ins beratungsintensive "chambre separee" eile. Und pfiffig ist die Drive-in-berat-out-Idee auch deshalb, weil sie das Problem der über uns dräuenden Beratungsecke ziemlich clever löst. Zu Staus muß es dabei offenbar nicht kommen: Hoffmann hat vor seinem Schalterchen nie mehr als zwei Pillensuchende PKW gleichzeitig geortet. Tabletten "im Vorbeifahren" zu erwerben, so unser BVerwG, das verstößt gegen die ApBetrO. Wenn sie aber "im Vorbeigehen" (oder wie anders ist der Tatbestand zu nennen, wenn Vatter Muttern auffordert: "Geh doch mal schnell in die Apo und hol was für mein' Kopp!"???) verstanden werden, dann ist das offenbar nicht verwerflich! Nö, heißt's beim BVerwG, damit haben wir uns nicht zu befassen. Fest steht nur: Ein deutscher Apothekenkunde muß zum Kauf einer deutschen Arznei die deutsche Apotheke leibhaftig betreten, also gewissermaßen körperlich anwesend sein. Ob das auch aufs Geistige anzuwenden ist, darüber verliert das BVerwG kein Wort. Kundschaft im Tran oder Wahn oder anderem Zustand können wir also mit dem Segen des BVerwG alles Mögliche andrehen - solange sich das Objekt unserer merkantilen Begierde nicht in einem benzin-, solar-, gas- oder elektrogetriebenen Fahrzeug befindet, nicht Banknoten fälscht oder nachmacht oder sonstwie zum Blödsinn neigt. Es sei denn, es ist Nacht in Deutschland, denn dann wird das BVerwG um den Schlaf gebracht: Nachts sind alle Katzen grau und alle deutschen Apotheker(innen) sowieso. Und weil das schon schlimm genug ist, ist es deutschen Pharmazeuten gestattet, auch einen Autoschalter zu benutzen. Jawoll: Nachts werden Pillen zu Pommes und die Löwen-Apotheke in Papenburg zum McDonalds des deutschen Gesundheitswesens. Aber nur nachts! Denn nachts, das weiß auch das BVerwG, ist die Apothekerin gewissen Gefahren ausgesetzt. Und so darf nachts vorgefahren werden. Ob dabei dann die StVO gilt oder doch lieber nicht - das wird das BVerwG sicher auch noch mal entscheiden. Bis dahin: gute Fahrt und gute Nacht!

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