Arzneimittel und Therapie

Basiliximab - neuer monoklonaler Antikörper gegen T-Zell-Rezeptor

Die Transplantationsmedizin hat seit der ersten klinisch erfolgreichen Nierentransplantation 1954 eine stürmische Entwicklung genommen. Dies ist vor allem auf die Erfolge der immunsuppressiven Behandlung zurückzuführen. Jetzt wurde das neue Immunsuppressivum Basiliximab (Simulect(r)) eingeführt. Der monoklonale Antikörper richtet sich gegen einen T-Zell-Rezeptor, der maßgeblich an der Immunabwehr beteiligt ist. Basiliximab ist seit November 1998 zunächst für die Nierentransplantation zugelassen. Mit der Zulassung für Herz- und Lebertransplantationen wird in den nächsten Jahren gerechnet.


Die Einführung des Immunsuppressivums Ciclosporin im Jahr 1983 war ein wichtiger Faktor für die Verbesserung der Erfolgsquote bei Organtransplantationen. Bei Nierentransplantationen betrug das 1-Jahres-Transplantatüberleben im Jahr 1980 55%, in den Jahren 1981 bis 1985 stieg es auf 75 bis 85%. Heute liegt die 1-Jahres-Überlebensrate bei Nieren-, Leber- und Herztransplantationen bei über 90%. Auch nahm die Zahl der Komplikationen durch die früher notwendigen hohen Cortisondosen, vor allem die schweren Infektionen und Knochenerkrankungen, drastisch ab.

Angriff an den T-Lymphozyten


Die akute Abstoßungsreaktion ist Ausdruck einer starken immunologischen Antwort von T-Zellen, die in großer Zahl im Organismus vorkommen. Diese erkennen fremde MHC-Moleküle (Major histocompatibility complex, Haupthistokompatibilitätssystem), die an der Oberfläche der kernhaltigen Körperzellen exprimiert werden. MHC-Moleküle sind primäre Auslöser sowie Angriffsziel der immunologischen Abwehrreaktion gegen Organtransplantate. Die akute Abstoßung wird dabei hauptsächlich durch CD4+- (Helfer-) und CD8+- (zytotoxische) T-Zellen vermittelt.
Das Immunsuppressivum Ciclosporin hemmt die Organabstoßungsreaktion, indem es die Aktivierung des Interleukin-2-Gens durch Hemmung der Calcineurin-Phosphatase-Aktivität verhindert. Interleukin 2 stimuliert während einer akuten Abstoßung die klonale Expansion von T-Zellen, die durch Alloantigene aktiviert wurden. Dadurch vermehren sich vor allem die T-Zellen, die das Transplantat schädigen oder zerstören können.

Basiliximab blockiert T-Zellrezeptor


Ein anderer Weg der T-Zell-Hemmung wird mit dem neuen chimären monoklonalen Antikörper Basiliximab beschritten, der zur Prophylaxe der akuten Transplantatabstoßung eingesetzt werden kann. Der Antikörper besteht aus einer variablen Region der Maus und einer konstanten Region (Fc) des Menschen. Durch die Chimärisierung wird die Halbwertszeit des Antikörpers verlängert und seine Immunogenität verringert.
Basiliximab blockiert die Alpha-Kette des Interleukin-2-Rezeptors der T-Zellen, des CD25-Rezeptors. Die Bindung von Interleukin 2 an seinen Rezeptor dient als Signal für die Proliferation der T-Zellen. Nur etwa 20 bis 30% der Lymphozyten tragen diesen Rezeptor in geringer Dichte auf ihrer Oberfläche. Bei einer Aktivierung vermehren sich diese T-Zellen rasch, was durch Basiliximab verhindert wird.

Klinische Prüfung


Basiliximab wurde in zwei klinischen Phase-III-Studien bei 722 nierentransplantierten Patienten in Europa, Kanada und den USA untersucht. Die Studien liefen über zwölf Monate, waren doppelblind, plazebokontrolliert und randomisiert. Die 363 Verumpatienten erhielten 40 mg Basiliximab (je 20 mg Tag 0 und Tag 4), 359 Patienten erhielten Plazebo. Beide Patientengruppen erhielten zusätzlich die Ciclosporin-Mikroemulsion (Sandimmun(r) Optoral) und Steroide als Basisimmunsuppression. Die Anzahl akuter Abstoßungen reduzierte sich bei den mit Basiliximab behandelten Patienten um 33% (p < 0,001) innerhalb der ersten sechs Monate und um 31% (p < 0,001) innerhalb von zwölf Monaten. Mit Basiliximab behandelte Patienten erhielten signifikant weniger Steroide in den ersten vier Wochen und hatten eine insgesamt geringere kumulative Immunsuppression im Vergleich zur Kontrollgruppe. Nebenwirkungen und Infektionen traten in der Verumgruppe nicht häufiger auf als in der Plazebogruppe.

Neue Entwicklungen


Ciclosporin wird nicht nur bei der Organtransplantation eingesetzt. Die Substanz kann auch die überschießende Immunreaktion bei der rheumatoiden Arthritis oder speziellen Hauterkrankungen bremsen. Auch Basiliximab wird derzeit in klinischen Studien bei verschiedenen entzündlichen Erkrankungen geprüft, beispielsweise bei der Uveitis, einer Entzündung der Uvea, die wahrscheinlich durch autoimmune Mechanismen ausgelöst wird.
Ein Immunsuppressivum in der Entwicklung ist das Rapamycinderivat SDZ RAD, ein Makrolid. Es zeichnet sich durch eine einfachere Formulierbarkeit und eine kürzere Halbwertszeit (24 bis 30 Stunden) als Rapamycin aus.
In Phase I der klinischen Prüfung befindet sich FTY 720, ein Strukturanalogon des Naturstoffs Myriozin. Diese Substanz führt zu einer selektiven und reversiblen Reduktion der Anzahl zirkulierender Lymphozyten, die sich in den Lymphknoten und Peyerschen Plaques anreichern. Dementsprechend ist die Anzahl von Lymphozyten, die das transplantierte Organ infiltrieren, deutlich reduziert. Quelle
Prof. Dr. Günter Kirste, Freiburg, Prof. Dr. Ulrich Frei, Berlin, Priv.-Doz. Dr Björn Nashan, Hannover, Prof. Dr. Max H. Schreier, Basel, Pressekonferenz "Simulect(r) verhindert akute Organabstoßung", Freiburg, 20. November 1998, veranstaltet von Novartis Pharma GmbH, Nürnberg.
Dr. Bettina Hellwig, Stuttgart

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