Arzneimittel und Therapie

Chemotherapie auch in frühem Stadium sinnvoll?

Eine mehrmonatige Chemotherapie erhöht die Zehn-Jahres-Überlebensrate bei Frauen unter 50 Jahren um 7 bis 11%, bei älteren Frauen um 2 bis 3%. Bei der Entscheidung für oder gegen eine Chemotherapie müssen aber in jedem Fall das individuelle Krankheitsbild und die unerwünschten Wirkungen der Therapie berücksichtigt werden.


Ein Mammakarzinom im frühen Stadium wird in der Regel chirurgisch entfernt. Eine chemotherapeutische Nachbehandlung wird nicht in jedem Fall durchgeführt. Mikrometastasen können daher zu einem späteren Zeitpunkt zu einem Rezidiv führen. Einige Studien haben bereits gezeigt, daß eine Chemotherapie die Zehn-Jahres-Überlebensrate auch bei Brustkrebs in einem frühen Stadium verbessern kann. Unklar war aber bislang, welche Frauen von einer Chemotherapie profitieren und welche Zytostatika am geeignetsten sind.

Auswertung von 69 Studien


Um diese Fragen zu beantworten, wurden von einer onkologischen Arbeitsgruppe (Early Breast Cancer Trialists Collaborative Group) insgesamt 69 randomisierte Studien aus den Jahren 1990 bis 1995 ausgewertet. In 47 Studien mit rund 18000 Frauen wurde der Nutzen einer Chemotherapie (Chemotherapie versus keine Pharmakotherapie) untersucht, in 11 Studien mit 6000 Patientinnen die Dauer der Chemotherapie und in 11 Studien mit weiteren 6000 Frauen die Art der Chemotherapie (anthracyclinhaltige Kombinationen versus Cyclophosphamid/Methotrexat/Fluorouracil).

Weniger Rückfälle und längeres Leben durch Chemotherapie


Die Chemotherapie führte zu einer signifikanten Verminderung der Rückfallquote um 35% bei Frauen unter 50 Jahren und um 20% bei Frauen zwischen 50 und 69 Jahren. Da nur wenig alte Patientinnen an den Studien teilnahmen, konnten für Frauen über 70 Jahren keine Daten ermittelt werden.
Durch die Chemotherapie konnte die Mortalitätsrate ebenfalls gesenkt werden, und zwar bei Frauen unter 50 Jahren um 27%, bei Patientinnen zwischen 50 und 69 Jahren um 11%. Somit steigt nach einer Chemotherapie die Zehn-Jahres-Überlebensrate bei den unter Fünfzigjährigen ohne Lymphknotenbefall von 71% auf 78% und bei Lymphknotenbefall von 42% auf 53%.
Bei den älteren Patientinnen (zwischen 50 und 69 Jahren) erhöht die Chemotherapie die Überlebensquote um zwei Prozentpunkte von 67% auf 69% (ohne Lymphknotenbefall) beziehungsweise um drei Prozentpunkte von 46% auf 49% (bei Lymphknotenbefall). Der altersabhängige Nutzen der Chemotherapie scheint weitgehend unabhängig vom menopausalen Status, dem Östrogenrezeptorstatus und der Einnahme von Tamoxifen zu sein.

Keine Vorteile für eine längerfristige Chemotherapie


Die ausgewerteten Studien, in denen direkt unterschiedlich lange Therapiezeiträume miteinander verglichen werden, zeigen keine Vorteile für eine längerfristige Chemotherapie. Mit der üblichen drei- bis sechsmonatigen Therapie werden die günstigsten Ergebnisse erzielt.
Der Vergleich zwischen unterschiedlichen Therapieformen, z.B. Cyclophosphamid/Methotrexat/Fluorouracil versus anthracyclinhaltige Kombinationen (z.B. Doxorubicin/Fluorouracil/Cyclophosphamid oder Epirubicin/Fluorouracil/Cyclophosphamid), läßt vermuten, daß der Zusatz von Anthracyclinen die Mortalitätsrate und Rückfallquote senkt. Um diese Aussage jedoch bestätigen zu können, müssen noch weitere Studien ausgewertet werden.
Literatur
Early Breast Cancer Trialists Collaborative Group: Polychemotherapy for early breast cancer: an overview of the randomised trials. Lancet 352, 930-942 (1998).
Dr. Petra Jungmayr, Esslingen

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