DAZ aktuell

Mangelhafte Beratung

STUTTGART (diz). Das Verbrauchermagazin "plus" berichtet in seiner Ausgabe Nr. 11/1998 über einen Apothekentest in acht Großstädten Deutschlands, der die Beratungsleistungen der Apotheken untersuchte. Fazit des Magazins: "Die Beratung beim Fachmann ist mangelhaft."


Die Testkäufer verlangten in 96 Apotheken des Bundesgebiets zwei Grippe-Erkältungsmittel: Grippostad und Wick medinait. Die Kunden erklärten - so beschreibt "plus" seine Vorgehensweise, sie seien erkältet, müßten aber trotzdem fit bleiben. Darüber hinaus wiesen sie auf mögliche Probleme mit den Nasennebenhöhlen hin. Nach Ansicht der von "plus" als Beraterin hinzugezogenen Ärztin Dr. Ursula Sinterhauf, Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Klinische Pharmakologie und Therapie, Gießen, hätte das Apothekenpersonal den Kunden fünf wichtige Hinweise geben müssen. Die Testkäufer notierten nach jedem Besuch in der Apotheke, ob diese Kriterien erfüllt wurden.

Fünf Hinweise bei Kauf der Erkältungsmittel


Auf den Hinweis der Testkäufer, sie hätten Probleme mit den Nasennebenhöhlen, hätte in der Apotheke der Hinweis erfolgen müssen, einen Arzt aufzusuchen.
Da Wick medinait Alkohol und Grippostad Coffein enthält, sollte im Beratungsgespräch der Apotheke darauf aufmerksam gemacht werden, daß die Fahrtüchtigkeit herabgesetzt werden kann.
Weiterhin hätte das Apothekenpersonal darauf hinweisen sollen, daß Grippostad nicht abends einzunehmen sei, Wick medinait dagegen nur vor dem Zubettgehen.
Außerdem sollte Wick medinait höchstens drei Tage lang eingenommen werden - auch dieser Hinweis sollte bei der Abgabe dieses Präparats erfolgen.
Und schließlich sollte explizit erwähnt werden, daß Wick medinait Alkohol enthält und daher nicht bei Leberkranken und Alkoholkranken, Schwangeren und Kindern sowie Epileptikern und Hirngeschädigten angewendet werden sollte.

Besorgniserregende Ergebnisse


Der Apothekentest von "plus" kommt zu einem "besorgniserregenden" Ergebnis. Gerade 18% der Apotheken wiesen auf den Arztbesuch hin und nur rund 16% erwähnten, daß beide Medikamente die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigen könnten. Auf den Alkoholgehalt von Wick medinait machten nur 24% der Apotheken aufmerksam. Darüber hinaus hätten nach Ansicht von Frau Dr. Sinterhauf die Kunden darauf aufmerksam gemacht werden sollen, daß es wohl am besten sei, nicht beide Arzneimittel einzunehmen, da beide Mittel Kombinationspräparate seien und deshalb in Sachen Nebenwirkungen nur schwer einzuschätzen seien. Einen Hinweis darauf erhielten die Testkäufer allerdings nur in 15% der Apotheken. Sogar der Kommentar "Genau das Richtige" sei in manchen Apotheken erfolgt.
Das Fazit von "plus" lautet: "Bei der gesetzlich vorgeschriebenen Apothekenberatung liegt vieles im argen."
Das Magazin empfiehlt seinen Lesern, "nun die Flucht nach vorn" anzutreten und den Apotheker unmittelbar nach Nutzen und Risiken der Mittel zu befragen.

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