Rechtsprechung aktuell

Zytostatika-Richtlinie der Länder Teil 3

Erläuterungen und Kommentar

Von Reinhard Diedrich, Braunschweig


Da es sich bei den Zytostatika-Zubereitungen überwiegend um flüssige Zubereitungen handelt, behandelt die Richtlinie grundsätzlich auch nur diese Darreichungsformen. Bei der Herstellung von Kapseln können die sonst vorgeschriebenen Sicherheitswerkbänke mit Laminar Flow verständlicherweise nicht eingesetzt werden, da eine massive Kontamination der Bank zu befürchten ist. Statt dessen sind sog. "Glove Bags" einsetzbar. Dabei handelt es sich um einen Kunststoffsack mit eingearbeiteten Handschuhen. Nach Einbringen der Materialien und Verschließen der Folie wird der Sack aufgeblasen und bildet einen abgeschlossenen Schutzraum. Abgesehen von diesen Besonderheiten sind alle anderen Vorschriften entsprechend anzuwenden.

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Zu 5.2 Arbeitsunterlagen

Zu 5.3 Schutzkleidung


Auch bei nicht erkennbarer Kontamination sollten die Schutzhandschuhe grundsätzlich nach einer bestimmten Zeit gewechselt werden, da sie von einigen Substanzen innerhalb kurzer Zeit, insbesondere beim Auswischen des Arbeitsraumes mit Desinfektionsmitteln, durchdrungen werden können. Medizinische Einmalhandschuhe aus Naturlatex mit einer Schichtdicke von 0,15 mm werden z.B. von Isopropanol in 60s und von Wundbenzin in 12s durchdrungen. Wird die Schichtdicke z.B. auf 0,47 mm verdreifacht, ergibt sich z.B. für Aceton eine Verlängerung der Durchdringungszeit von 20s auf 10 Minuten. Spezielle Zytostatika-Schutzhandschuhe verfügen daher über unterschiedliche Materialstärken in den verschiedenen Bereichen, z.B. 0,45 mm in der Fingerspitzen, 0,27 mm in der Handfläche und 0,22 mm in der Manschette. Aber auch ohne Einsatz von Lösungsmitteln ist zu berücksichtigen, daß die für die Handschuhfertigung eingesetzten Rohstoffe wie z.B. Latex keinen vollständigen Schutz gegen Durchdringen von Substanzen bieten. Material- und fertigungsbedingt ist mit einer entsprechenden Fehlerrate zu rechnen [32].
Die Richtlinie nennt als Tragezeitraum der Schutzhandschuhe max. 20 Minuten. Der Wert ist relativ niedrig angesetzt und soll berücksichtigen, daß verschiedene Veröffentlichungen zu diesem Thema anstelle von speziellen Zytostatika-Schutzhandschuhen auch die Verwendung von zwei Paar Latexhandschuhen übereinander empfehlen. Ergibt sich aus den Informationen des Herstellers die Eignung der Handschuhe für einen längeren sicheren Einsatz, so kann die Tragedauer in der Betriebsanweisung entsprechend festgelegt werden.

Zu 5.4 Ablegen der Schutzkleidung

Herstellung


Zu 6.1 Kontrolle der Verschreibung

Zu 6.2 Herstellungsanweisung/-protokoll


Spezielle EDV-Programme erstellen nicht nur die geforderten Anweisungen und Protokolle samt Etiketten, sondern erlauben neben der Speicherung der Daten u.a. die Kontrolle der Verschreibung anhand verschiedener Therapieschemata sowie die arbeitstägliche Planung der verschiedenen Rezepturen.

Zu 6.3 Behältnisse


te}Zur Vermeidung von Transportschäden oder Kontamination des Raumes beim Fallenlassen der Behälter sind möglichst bruchsichere Primärbehältnisse einzusetzen. Glasflaschen sind daher nur zu verwenden, wenn Kunststoffbehältnisse nicht in Betracht kommen.
Als zusätzliche Sicherungsmaßnahme wird das Einschweißen von Primärbehältnissen empfohlen, um bei Leckagen eine Kontamination von Personen und Transportbehältern zu vermeiden.

Zu 6.4 Transport


rend des Transportes die geeigneten Vorsichtsmaßnahmen ergriffen werden können.

Entsorgung


Zu 7.1 Trennung der Abfälle

Zu 7.2 Abfallbehälter


Die kontaminierten Materialien sollten daher in die verwendete Arbeitsunterlage eingeschlagen und innerhalb der Werkbank in geeignete Beutel gefüllt werden, die dann außerhalb der Werkbank versiegelt werden sollten. Neben den einfachen Schweißgeräten werden auch spezielle Einschweißsysteme angeboten.

Zu 7.3 Kennzeichnung


von Abfallbehältnissen

  • Kategorie 1: bekanntermaßen krebserzeugend;
  • Kategorie 2: sollten als krebserzeugend angesehen werden;
  • Kategorie 3: geben wegen möglicher krebserzeugender Wirkung Anlaß zur Besorgnis (vgl. GefStoffV Anh. I Nr. 1 Abschnitt 1.4).


Hinsichtlich der Toxizität ist von der höchsten zu erwartenden Gefahr auszugehen. Da eine Auftrennung nach Kategorien in der Apotheke praktisch nicht möglich ist, ergibt sich für die Kennzeichnung der Behälter stets
"T; R45 Kann Krebs erzeugen". Die weitere Kennzeichnung der Behälter richtet sich dann nach §7 GefStoffV (Zubereitungen), da es sich beim Abfall in Apotheken überwiegend um
Mischungen verschiedener Substanzen handeln dürfte. Als Kennzeichnung des Inhaltes kann statt einer Aufzählung von Stoffen z.B. "Zytostatika-Abfall" angegeben werden.

Zu 7.4 Filterwechsel


Der Wechsel der möglicherweise kontaminierten Filter darf verständlicherweise nur durch Sachkundige erfolgen. Es handelt sich dabei entweder um Wartungspersonal der Herstellerfirma oder unabhängiger Firmen.
Die ausgebauten Filterelemente sind als Sondermüll ordnungsgemäß zu entsorgen, was dem Betreiber nachzuweisen und von ihm zu dokumentieren ist.
Die DIN 12980 schreibt vor, daß die Filter kontaminationsarm gewechselt werden können. Dies wird meist dadurch erreicht, daß neben der Verwendung eines Vorfilters anstelle eines großen Hauptfilters eine entsprechende Anzahl kleinerer Filter eingesetzt sind, die in die üblichen Sondermüllbehälter passen. Derzeit gibt es nur zugelassene Behälter bis ca. 70 Liter Fassungsvermögen, da die Öffnungen der Verbrennungsanlagen ca. 50 x 50 cm bis 80 x 80 cm groß sind. Übersteigen die Filterabmessungen eine bestimmte Größe, müssen die Filter zersägt werden, was bei den mikrobiologischen Sicherheitswerkbänken die Regel sein dürfte. Dies erfordert einen hohen sicherheitstechnischen Aufwand vergleichbar einer Asbestentsorgung [28].
Geht man von der Vorstellung aus, daß bei ordnungsgemäßem Handling bei der Herstellung und beim Arbeiten im nahezu vollständig geschlossenen System eigentlich keine Kontamination der Filter vorliegen dürfte, diese jedoch nie ausgeschlossen werden kann, ist diese Entsorgung enorm aufwendig. Selbst wenn die DIN 12 980 die kontaminationsarme Entsorgung nicht bereits vorsähe, kann jeder Apotheke nur dringend geraten werden, ausschließlich Geräte mit Filtern zu kaufen, die ohne weitere Manipulationen entsorgt werden können (vgl. TRGS 525). Vermeintlich günstige Schnäppchen auf dem Gebrauchtmarkt entpuppen sich ggf. später als teures Geschäft.

Zu 7.5


Verschrottung von Altgeräten
außerhalb der Zytostatikaherstellung wieder montiert. Verständlicherweise kann dies nicht vor Ort in der Apotheke, sondern nur in Spezialbetrieben durchgeführt werden.

Reinigungs- und Desinfektionsverfahren


Bei der Zytostatika-Herstellung kann nur das Herstellungspersonal das Risiko einer Kontamination durch die Reinigungsarbeiten abschätzen, nicht jedoch das Reinigungspersonal. Die Reinigung der Werkbank-Arbeitsflächen soll daher immer durch das Herstellungspersonal erfolgen. Dies gilt auch für außergewöhnliche Verschmutzungen des Arbeitsraumes, z.B. durch Bruch der Behältnisse. Erst nach Beseitigung von Scherben mit Tiegelzangen o.ä., Aufnehmen der Flüssigkeit mit Zellstoff oder speziellen Adsorptionsmitteln, Aufnehmen von Pulvern mit angefeuchteten Hilfsmitteln und ausreichender Dekontamination sollte das Reinigungspersonal die weitere Säuberung des Raumes durchführen.
Das obligatorische Auswischen der Arbeitsfläche zur Desinfektion wird in der normalen Schutzkleidung (siehe 5.3) durchgeführt. Weitergehende Reinigungsarbeiten erfordern wegen des damit meist verbundenen Einsatzes verschiedener Flüssigkeiten eine entsprechend ergänzte persönliche Schutzausrüstung.
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Bezugsquellen
VBG-Nr. Berufsgenossenschaft BGW oder Carl Heymanns Verlag KG, Luxemburger Straße 449, 50939 Köln.
GUV-Nr. zuständiger Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand.
ZH1-Nr. Carl Heymanns Verlag KG (s.o.).
DIN-Normen Beuth Verlag GmbH, Burggrafenstraße 6, 10787 Berlin.
Anschrift des Verfassers: Dr. Reinhard Diedrich, Inselwall 1, 38114 Braunschweig

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