Rechtsprechung aktuell

Zytostatika-Richtlinie der Länder

Durch Veröffentlichung im Bundesgesundheitsblatt 9/1998 (abgedruckt in dieser Zeitschrift, S. 108ff) wurde die Zytostatika-Richtlinie der Arbeitsgemeinschaft der Obersten Landesgesundheitsbehörden (AOLG) bekanntgemacht. Seit Inkrafttreten der ersten Länder-Richtlinien bestand der Wunsch nach einer bundeseinheitlichen Richtlinie, die dem Stand der Technik entspricht sowie die relevanten Bestimmungen der verschiedenen von der Zytostatika-Herstellung tangierten Vorschriften zusammenfaßt. Die nun vorliegende Richtlinie beschränkt sich grundsätzlich auf diese Zusammenfassung und geht nur in wenigen Punkten über bereits existierende Vorschriften hinaus. Zur Umsetzung der zahlreichen, teilweise auch divergierenden Bestimmungen aus den verschiedensten Regelwerken bedarf es einer Kommentierung. Die nachfolgenden Erläuterungen wollen daher sowohl den Apothekern als auch den Überwachungsbehörden weitere Informationen über Hintergründe und Interpretation der aufgeführten Vorschriften liefern.

Erläuterungen und Kommentar

Von Reinhard Diedrich, Braunschweig


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Zu 3.2.2 Raumfläche/-höhe


Berufsgenossenschaftlich anerkannten Verfahren bei Arbeiten in Zytostatikawerkbänken" (in der Richtlinie mit
BuBaV zitiert) unterschied noch nicht zwischen der Art der LuftfŁhrung. Die hier kommentierte Richtlinie unterscheidet demnach auch nicht, ob die Bank mit Luftrückführung (Umluft) betrieben wird oder ob die Luft über eine Absauganlage ins Freie abgeführt wird, und übernimmt die im "anerkannten Verfahren" aufgeführten Bestimmungen. Die inzwischen im Bundesarbeitsblatt 7-8/98 (DAZ 32/98, S. 76-77) veröffentlichte Fassung des "anerkannten Verfahrens" trägt jedoch den Titel: "Anforderungen an den Betrieb von Sicherheitswerkbänken mit Luftrückführung bei Arbeiten mit krebserzeugenden oder erbgutverändernden Zytostatika - behördlich und berufsgenossenschaftlich anerkanntes Verfahren nach ß 36 Abs. 2 GefStoffV". Der Anwendungsbereich ist daher auf die Anlagen im Umluftbetrieb beschränkt. Insbesondere die Bestimmungen hinsichtlich Raumabmessungen und Luftwechselzahl gelten
daher nicht für Anlagen mit Absauganlage. Grundsätzlich sind die Schutzbestimmungen des "anerkannten Verfahrens" jedoch auch bei diesen Anlagen entsprechend anzuwenden.
Bei der Festlegung der erforderlichen Mindestfläche des Arbeitsraumes von 10 m2 gehen die Anforderungen des "berufsgenossenschaftlich und beh√rdlich anerkannten Verfahrens" Łber die Mindestanforderungen des ß23 Abs.1 ArbStättV hinaus. Die vorgeschriebene Raumh√he von mindestens 2,50 m entspricht der Forderung der ArbStättV. Es kommt hier zwar in erster Linie auf das Volumen des Raumes an. Eine niedrige Raumhöhe, z.B. im Keller, kann jedoch nicht immer durch eine entsprechende gröŖere Fläche kompensiert werden. Da sich die Abluftöffnung in der Regel an der Oberseite der über 2 m hohen Werkbank befindet, könnte im Umluftbetrieb eine zu nahe darüber liegende Decke die Strömungsverhältnisse durch einen Luftstau beeinträchtigen [24]. Je nach der FlŇche der Abluftöffnung ergibt sich bei einem bestimmten Abluftvolumenstrom eine unterschiedlich groŖe Luftgeschwindigkeit. Geräte mit kleiner Abluftöffnung weisen eine hohe Luftgeschwindigkeit auf und erzeugen bei niedrigem Abstand zur Decke naturgemäß eher turbulente Strömungen. Die erforderliche Raumhöhe ist daher auch von der Höhe und Dimensionierung der Luftaustrittsöffnung am Abluftfilter abhängig. Diese Zusammenhänge verdeutlichen, wie wichtig die Abnahmeprüfung vor Ort durch einen möglichst unabhängigen Sachkundigen ist.
Ein weiterer Grund für die Festlegung der Mindestraumabmessungen ist die Sicherstellung eines zugfreien Arbeitens bei groŖem bewegtem Luftvolumen. Die tatsächlich erforderliche Raumgröße korreliert mit den Leistungsdaten der Sicherheitswerkbank und der Anzahl der gleichzeitig im Raum tätigen Personen. Nach ß23 Abs.4 ArbStättV muß nämlich für jeden ständig Anwesenden als Mindestluftraum 12 m3 bei überwiegend sitzender und 15 m3 bei überwiegend nicht sitzender Tätigkeit vorhanden sein. Bei einem Luftraum des o.a. Muster-Labors von 20 m3 wäre dieses für eine sitzende Person ausreichend, jedoch nicht für die unterstützende Tätigkeit einer zweiten Person. Dieses würde einen Luftraum von mindestens 27 m3 bzw. ein Raumvolumen von ca. 32 m3 bzw. eine Fläche von ca. 13 m2 erfordern.
Da 25 bis 30% des innerhalb der Bank geförderten Luftvolumens als Abluftstrom die Werkbank verläßt bzw. entsprechend als Zuluftstrom durch die Arbeitsöffnung in die Bank gezogen wird, kommt es im Umluftbetrieb zu einem Luftkreislauf innerhalb des Laborraumes. Bei Abluftströmen von ca. 130 bis 800 m3/h ist ein entsprechendes Raumvolumen - genauer Luftvolumen - erforderlich, um ungestörte Strömungsverhältnisse zu gewährleisten.
Unabhängig davon, ob dieses Volumen abgesaugt und ein entsprechendes Volumen wieder zugefŁhrt wird oder ob die Luft im Raum zirkuliert, führt die Luftbewegung zu einer Strömung mit einer bestimmten Luftgeschwindigkeit. Für ein zugfreies Arbeiten soll diese nicht größer als 0,2 m/s sein. Nach dem "berufsgenossenschaftlich und behördlich anerkannten Verfahren" soll für eine Werkbank im Umluftbetrieb der Quotient (Luftwechselzahl LWZ) aus Abluftvolumenstrom der Werkbank durch das Raumvolumen des Aufstellungsraumes den Wert 8/h nicht übersteigen. Hierbei ist unter Raumvolumen das Rohbauvolumen abzüglich aufgestellter oder eingebauter Schränke, der Werkbank usw. zu verstehen, also das maximal an der Zirkulation beteiligte Luftvolumen. Geht man von den Mindest-Anforderungen aus, so hat der Arbeitsraum ein Rohbauvolumen von 25 m3. Auf die Werkbank und das nötige Inventar sollen in dieser Modellrechnung 5 m3 entfallen. Somit verbleibt ein Luftvolumen von 20 m3, das an der Zirkulation beteiligt ist. Bei einer maximalen Luftwechselzahl von 8/h dürfte die Werkbank also einen maximalen Abluftstrom von 160 m3/h haben und damit zu den kleinsten angebotenen Typen gehören. Bestände die Möglichkeit, z.B. eine gebrauchte Werkbank mit einem Abluftstrom von 400 m3/h zu erwerben, erforderte dies ein Luftvolumen von 50 m3 zuzŁglich ca. 5 m3 Inventar, also ca. 55 m3 Raumvolumen. Als Fläche wären also ca. 22 m2 erforderlich.
Für Werkbänke mit Absauganlagen gelten gemäß dem einleitenden Absatz die Bestimmungen hinsichtlich LWZ nicht.
In jedem Fall sollten vor Einleiten von UmbaumaŖnahmen diese Fragen mit dem Hersteller der Werkbank bzw. einem Sachkundigen besprochen werden.

Zu 3.2.3 Bewegungsfreiheit

Zu 3.3 Zutrittsbeschränkung

Zu 3.4 Möblierung


zu dokumentierenden Raum-/Einrichtungsplan machen daher eine erneute Prüfung hinsichtlich der ordnungsgemäßen Funktion der Sicherheitswerkbank durch einen Sachkundigen erforderlich, der deshalb auch bei Routineprüfungen den vorgefundenen Zustand mit der dokumentierten Raumskizze vergleicht.

Zu 3.5 Fenster/Türen


Um auch das Öffnen während des Herstellungszeitraumes zu unterbinden, sollten die bereits unter 3.3 beschriebenen Maßnahmen umgesetzt werden.

Zu 3.6 GMP-gerechte Raumgestaltung


Dies führt zwangsläufig zu der kontrovers diskutierten Frage, inwieweit die GMP-Leitlinien auf die Apotheke, insbesondere die Rezeptur-Herstellung übertragbar sind. Bei den Jahrestagungen der Pharmazeutischen Überwachungsbeamtinnen und -beamten in Schwerin 1997 und in Berlin 1998 bestand Einvernehmen, daß die Arzneimittelsicherheit unteilbar ist, d. h. daß für gleiche Tätigkeiten auch gleiche Reinraumanforderungen gelten müßten. Vergleicht man das Kontaminationsrisiko einer Einzelherstellung mit der einer Charge, ergeben sich jedoch deutliche Unterschiede. Zytostatika-Lösungen werden in Apotheken aus bereits sterilen Fertigarzneimitteln im nahezu geschlossenen System zubereitet und zum umgehenden Gebrauch abgegeben, während in der Industrie im Chargenbetrieb das Risiko einer Kontamination während des Herstellungsprozesses größer ist und sich eine Kontamination durch die längere Lagerdauer entsprechend ausbreiten könnte.
Man kann also darüber diskutieren, an die Einzelanfertigung andere Reinraumanforderungen zu stellen als an die Chargenherstellung. Vergleicht man den Werdegang der PharmBetrV und der ApBetrO anhand der Amtlichen Begründungen, wird deutlich, daß der Gesetzgeber hinsichtlich der Umsetzung der GMP-Regeln differenziert. In die PharmBetrV werden die Richtlinien nahezu mit gleicher Terminologie übernommen. Weiterhin ging der Bundestag davon aus, daß die GMP-Grundregeln prinzipiell auch bei der Herstellung von Arzneimitteln in Krankenhausapotheken beachtet werden (BT-Drucks. 7/5025).
Der Gesetzgeber hat also in dieser Hinsicht die Übertragbarkeit der GMP-Richtlinien auf die Apotheken differenziert gesehen, ordnet namentlich die Krankenhausapotheken eher den pharmazeutischen Unternehmen zu und erwähnt die öffentliche Apotheke nicht. Bei der nachfolgenden Änderung der ApBetrO 1987 wurden gemäß Amtlicher Begründung die GMP-Vorschriften in die ApBetrO übernommen, soweit für die Apotheken ein vergleichbarer Regelungsbedarf bestünde.
Diesem Ziel wurde hinsichtlich der Herstellung, insbesondere der damit verbundenen Prüfung und Dokumentation abgestuft Rechnung getragen, indem unterschiedliche Anforderungen an Rezeptur, Defektur und Großherstellung gestellt werden. Als Begründung wurde angeführt, daß das Risiko für den Verbraucher mit der Menge der hergestellten und in Verkehr gebrachten Arzneimittel wachse. Für die Großherstellung im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebes würden daher die auf der GMP-Richtlinie basierenden Vorschriften für die Herstellung und Prüfung von Arzneimitteln aus der PharmBetrV übernommen.
Hinsichtlich der Anforderungen an die Betriebsräume sieht §4 ApBetrO vor, daß darin die qualitätsgerechte Herstellung möglich sein muß. Die Bundesrat-Begründung vom 9. August 1994 führt hierzu aus: "Der Forderung nach qualitätsgerechter Herstellung von Arzneimitteln im industriellen Rahmen wird u.a. durch die verbindliche Einführung der GMP-Regeln Rechnung getragen. Wenn auch eine wortgetreue Einhaltung der GMP-Forderungen für den Apothekenbetrieb weder realisierbar noch notwendig erscheint, ist es nicht sachgerecht, in bezug auf die Apothekenbetriebsräume grundsätzlich auf angemessene Forderungen zu verzichten. Die vorgeschlagene Formulierung ermöglicht es den Aufsichtsbehörden, entsprechende Forderungen durchzusetzen, läßt aber andererseits den notwendigen Spielraum für deren praktische Realisierung offen."
Es ist also seitens des Gesetzgebers bewußt hinsichtlich des Herstellungsumfanges differenziert worden, wobei im industriellen Maßstab bzw. im Rahmen der Großherstellung in Apotheken die GMP-Richtlinien volle Anwendung finden, im Bereich der Defektur und erst recht der Rezeptur grundsätzlich soweit realisierbar und notwendig. Für die Überwachungsbehörden eröffnet dies den Ermessensspielraum, hinsichtlich der Reinraumanforderungen zwischen Apotheken mit nur geringem Herstellungsumfang und z.B. Krankenhausapotheken mit nahezu arbeitstägiger Zytostatika-Herstellung zu differenzieren.
Fachlich gestützt wird diese Auffassung durch die Bestimmungen der USP (5.Suppl., USP-NF General Information/Sterile Drug Products for Home Use [1206] S. 3535-3547). Danach wird der Herstellung steriler Arzneimittel in der Apotheke ein spezielles Kapitel gewidmet. Im Unterschied zur obigen Differenzierung entsprechend dem Herstellungsumfang wird hier zunächst in low-risk- und high-risk-Bedingungen eingeteilt. Die Herstellung von Zytostatika-Zubereitungen fällt danach unter "low-risk", wenn:

  • das Endprodukt aus handelsüblichen, sterilen Arzneimitteln zusammengesetzt ist,
  • die Zubereitung nur einfache und relativ wenige aseptische Manipulationen erfordert, die unverzüglich durchgeführt werden,
  • Überleitungssysteme für geschlossene Systeme verwendet werden.


Die weiteren vorgeschriebenen Bedingungen entsprechen den Bedingungen dieser Richtlinie, differenzieren jedoch hinsichtlich der Umgebungsbedingungen im Herstellungsraum in high- und low-risk:

  • Die Luftqualität innerhalb der Werkbank sollte der Class 100 (bzw. A) entsprechen.
  • Die Umgebungsbedingungen im Herstellungsraum sollten nachweisbar besser sein als in den Nachbarräumen.
  • Die Zuluft zum Raum sollte frisch, hepa-gefiltert und konditioniert sein.
  • Für high-risk-Herstellungen sollte die Luft im Herstellungsraum Class 10000 (bzw. C) entsprechen.
  • Für low-risk-Herstellungen sollte die Luft im Herstellungsraum Class 100000 (bzw. D) entsprechen.


Damit eröffnet die USP die Möglichkeit, z.B. Zytostatika in einem zwar kontrollierten Raum, aber nicht unbedingt einem Reinraum der Kategorie B herzustellen.
Sofern

  • die Arbeiten im Herstellungsraum auf die Arbeiten beschränkt bleiben, für die kontrollierte Bedingungen erforderlich sind,
  • die Behältnisse mit den Ausgangsmaterialien außerhalb des Herstellungsraumes ausgepackt und desinfiziert werden,
  • der Wirkstoff in geschlossenen Behältnissen in die Werkbank eingebracht wird,
  • die Stopfen vor dem Durchstechen desinfiziert werden,
  • mit speziellen Überleitungsgeräten im nahezu geschlossenen System gearbeitet wird,


ist das Risiko einer Kontamination des Produktes durch in der Raumluft befindliche Mikroorganismen relativ gering. Eine Reduzierung der Reinraum-anforderungen in der Umgebung der Werkbank auf einen "reinen Raum" (entsprechend Klasse D) scheint daher unter diesen Bedingungen - wie in der USP beschrieben - vertretbar.
Werden also nicht so hohe Anforderungen an die Partikel- bzw. Keimbelastung der Luft gestellt wie z.B. in Räumen für die (high-risk-)Infusionsherstellung, können die Anforderungen an die Filterbestückung der Belüftungsanlage gesenkt werden (vgl. 3.2.1).
Die Diskussion zu dieser Thematik ist jedoch noch nicht abgeschlossen. Es soll nicht unerwähnt bleiben, daß innerhalb Europas auch staatliche oder Verbands-Richtlinien existieren, die deutlich restriktiver gehalten sind. Demnächst wird eine neue PIC-Arbeitsgruppe sich der "hospital pharmacy" und damit auch der Vereinheitlichung der Anforderungen an die Zytostatika-Herstellung annehmen.
Während die Diskussion hinsichtlich der Reinraumanforderungen noch offen ist, sind die Anforderungen an die Raumhygiene relativ klar. Wand-, Decken- und Bodenmaterialien des "reinen Raumes" sollten nach GMP-Gesichtspunkten ausgewählt werden und leicht zu reinigen und zu desinfizieren sein. In Betracht kommen nur glatte, fugenfreie Flächen, die abwaschbar sein müssen, z.B. scheuerfester Anstrich mit einer Latexfarbe nach DIN 53778 SG oder SM. Rauhfasertapeten scheiden daher aus. Kacheln sollten wegen der vorhandenen porösen Fugen nicht verwendet werden. Der Bodenbelag sollte an den Wänden hochgezogen sein und eine Hohlkehle bilden. Die Eignung bereits vorhandener Wand- und Bodenbeläge kann leicht durch stark färbende, ungefährliche Substanzen aus dem Reagenziensatz abgeschätzt werden. Lassen sich die als Pulver oder Lösung aufgebrachten Substanzen nicht restlos entfernen, ist dies auch für die ggf. austretenden Partikel des Zytostatikums oder im Unglücksfall bei Bruch von Behältnissen anzunehmen.
Zur Kontrolle der "reinen" Arbeitsbedingungen sind in der Apotheke die sonst vorgesehenen Partikelzählungen mit eigenen Mitteln nicht durchführbar. Realisierbar sind dagegen Sedimentationstests, bei denen mit Kulturmedium gefüllte Petrischalen z. B. in der Zytostatika-Werkbank geöffnet aufgestellt und nach Bebrütung ausgewertet werden. Ebenso sollten Abklatschtests von Oberflächen durchgeführt werden. Besonders aussagekräftig sind Tests, bei denen die herstellende Person alle
fünf Finger auf die Medienoberfläche drückt.

Ausstattung


Zu 4.1 Sicherheitswerkbank
Die aus der Kerntechnik oder der Herstellung radioaktiver Arzneimittel bekannten Isolatoren könnten als Sicherheitswerkbänke der Klasse 3 alternativ zur mikrobiologischen Sicherheitswerkbank (Klasse 2) bzw. Zytostatika-Werkbank eingesetzt werden [25, 26]. Im Gegensatz zur Sicherheitswerkbank (Klasse 2) handelt es sich
um einen geschlossenen Arbeitsraum, dessen durchsichtige Vorderwand mit Handschuhen versehen ist (Glove Box). Da keine ungefilterte Luft in den Arbeitsraum gelangen kann, erübri-
gen sich besondere Schutzmaßnahmen wie spezielle Raumluftfiltration und Schutzkleidung. Nachteilig sind neben einem nicht gewährleisteten Verschleppungsschutz die noch höheren Investitionen und der Umstand, daß die Handschuhe und Armstulpen auch für die Zytostatika-Wirkstoffe eine gewisse Permeabilität aufweisen. Ein schneller, routineartiger Wechsel wie mit Einmalartikeln an einer Sicherheitswerkbank ist hier jedoch nicht realisierbar, weshalb das Tragen eines zweiten Paars Handschuhe empfohlen wird. Durch die eingeschränkte Bewegungsfreiheit der Arme ist die Handhabung beschwerlicher, was häufigere Pausen erforderlich macht.

Zu 4.2 Werkbänke nach


DIN 12950 und DIN 12980
Die verwendeten Zytostatika-Werkbänke müssen nach DIN 12980 typgeprüft sein. Für den Apothekenbetrieb kommen Zytostatika-Werkbänke Typ H nach DIN 12980 in Betracht, bei denen sowohl der Laminar-Flow als auch die Abluft durch Hochleistungsschwebstoffilter mindestens der Klasse S gereinigt werden. Der Typ V weist lediglich Filter für die Abluftreinigung auf, während der Laminar-Flow ungefiltert bleibt. Für das Arbeiten am offenen Produkt ist dieser Typ daher nicht geeignet und kann daher nur beim Anwender zur Vorbereitung für die Applikation eingesetzt werden. Die verwendeten Filterelemente haben einen Mindestabscheidegrad von 99,97% bei einer Partikelgröße von 0,3-0,5 mm (Klasse S), einige sogar von 99,995% (EU 14 bzw. H 14). Sie übertreffen damit den Abscheidegrad der HEPA-Filter (High Efficiency Particulate Air Filter) um das 10- bis 100fache und werden daher als ULPA-Filter (Ultra Low Penetration Air Filter) bezeichnet.
Das "berufsgenossenschaftlich und behördlich anerkannte Verfahren" sieht für die im Umluftbetrieb arbeitenden Werkbänke vor, daß die bereits installierten mikrobiologischen Sicherheitswerkbänke der Klasse 2 nach DIN 12950 Teil 10, die eine gleichwertige Sicherheit hinsichtlich des Rückhaltevermögens bieten, während einer Übergangsfrist von fünf Jahren ab Inkrafttreten der DIN 12980 weiterbetrieben werden dürfen. Diese kontrovers diskutierte Forderung trägt dem Gedanken Rechnung, daß Schutzeinrichtungen dem geltenden Stand der Sicherheitstechnik entsprechen sollen. Wäre der Unterschied hinsichtlich der Schutzwirkung zwischen beiden Werkbanktypen signifikant, wäre keine Übergangsfrist in Betracht gekommen. Gemäß Einleitung zu 3.2.2 gilt die Bestimmung nicht für Werkbänke mit Absauganlagen, d. h., hier dürfen die mikrobiologischen Sicherheitswerkbänke weiterbetrieben werden.
Hinsichtlich der Frage, ob eine mikrobiologische Sicherheitswerkbank nach DIN 12950 Teil 10 auf eine Zytostatika-Werkbank nach DIN 12980 umgerüstet werden kann, muß der Lieferant bzw. Hersteller der Werkbank befragt werden. Sofern technisch überhaupt realisierbar, bedingt die Installation eines Vorfilters und/oder Umrüstung auf kleinere Filter, die nicht mehr zersägt werden müssen, nach Punkt 5.2 der DIN 12980 eine Typprüfung des Gerätes durch eine geeignete Institution. Zum erheblichen Aufwand für die ordnungsgemäße Entsorgung der alten Filter (siehe unter 7.4) kämen die Kosten für die Umrüstung und die erforderliche Typprüfung. Sofern die mikrobiologische Sicherheitswerkbank bereits wirtschaftlich abgeschrieben ist, scheint eine derartige Umrüstung nicht rentabel. Es bietet sich an, solche Werkbänke nach Filter-Erneuerung und Dekontamination (siehe unter 7.5) für die Herstellung anderer Parenteralia weiter zu benutzen.

Zu 4.3 Geräte älteren Prüfstandes


Bei typgeprüften Zytostatika-Werkbänken gemäß Prüfgrundsatz GS-GES-04 ist zu beachten, daß der Prüfgrundsatz GS-GES 04 aus dem Jahr 1988 den gestiegenen Anforderungen nicht mehr gerecht wurde. Die Anforderungen sahen keinen Verschleppungsschutz, keinen kontaminationsarmen Filterwechsel, keine regelmäßige Überprüfung während des Betriebs und keine komplette Überwachungseinrichtung vor. Diese erste Norm wurde bereits überarbeitet und die Prüfanordnung umgeschrieben. Durch das Erscheinen der DIN 12980 ist der Prüfgrundsatz GS-GES-04 überholt.

Zu 4.4 Fortluft/Umluft


An dieser Stelle muß dem Irrtum entgegengetreten werden, daß die Erfüllung der DIN 12950 Teil 10 oder DIN 12980 seitens der Werkbank bereits zum Umluftbetrieb berechtige. So haben auch die derzeit im Betrieb befindlichen Zytostatika-Werkbänke als rechtliche Grundlage für den zugelassenen Betrieb die Forderungen des anerkannten Verfahrens einzuhalten, sofern sie im Umluftbetrieb gefahren werden. Dies dürfte in den meisten öffentlichen Apotheken die Regel sein. Aber auch für die im Fortluftbetrieb gefahrenen Anlagen ist das Verfahren sinngemäß anzuwenden, da gem. §15 VBG 113 dem Stand der Sicherheitstechnik entsprechend gearbeitet werden muß.
Da sich die Anforderungen des anerkannten Verfahrens verständlicherweise auf den derzeitigen Kenntnisstand beziehen, sind ggf. später Anpassungen an den dann geltenden Stand der Sicherheitstechnik erforderlich. So wird nach wie vor die Problematik des Dampfdruckes von Zytostatika-Wirkstoffen kontrovers diskutiert. Da die Schwebstoffilter der Werkbänke lediglich Partikel zurückhalten, könnten Stoffe mit entsprechendem Dampfdruck im Umluftbetrieb wieder in die Raumluft gelangen. Die toxikologische Relevanz dieser potentiellen Belastung steht derzeit noch aus.

Zu 4.5 Betrieb von Fortluftanlagen


Die Abluft ist daher mittels einer Esse über der Werkbank durch einen zusätzlichen Ventilator im Abluftsystem abzusaugen, wobei auch ein Anteil der Raumluft mit abgeführt wird. Der durch diesen Ventilator bedingte Unterdruck bewirkt, daß keine Abluft durch Leckstellen wieder in den Arbeitsraum gelangen kann. Es handelt sich bei einer solchen nicht festverrohrten Anlage um eine sog. entkoppelte Fortluftanlage. Der Nachweis auf rückwirkungsfreien Betrieb dieser Anlage muß vor Ort erbracht werden. So darf sich die von der Werkbank abgeblasene Luft nicht aufstauen, was auch bei Ausfall eines zusätzlichen Ventilators im Abluftsystem funktionieren muß. Die Bauart der Esse hat Auswirkungen auf die Strömungsverhältnisse der Werkbank [29]. Eigenbauten oder die Kombination von Werkbank und Esse verschiedener Hersteller bergen daher ein entsprechendes Risiko.
Störfälle (z.B. Über- oder Unterschreitung des Soll-Volumenstroms um 15%) müssen von entsprechenden Warneinrichtungen optisch und akustisch angezeigt werden, damit das herstellende Personal sofort gewarnt ist und die Tätigkeit unverzüglich einstellen kann.

Zu 4.6 Prüfung der Werkbank


Wie wichtig die Prüfung vor Ort ist, zeigt die Erfahrung von Prüfern. Es wird berichtet, daß 60 bis 70% der
am Aufstellungsort geprüften Modelle nicht den sicherheitstechnischen Mindestanforderungen gerecht werden, obwohl es sich um typgeprüfte und zertifizierte Geräte handelte [30].
Die Prüfungsart 4 besteht aus einer regelmäßigen Überprüfung des Gerätes während des Betriebes [30, 31]. Sofern der Hersteller hier keine kürzeren Fristen festlegt, ist die Werkbank mindestens einmal jährlich durch Sachkundige auf Funktionsfähigkeit zu überprüfen. Aus den oben angeführten Gründen sind bei dieser Prüfung auch zwischenzeitlich eingetretene Veränderungen der Raumbedingungen zu berücksichtigen. Diese wiederkehrenden Prüfungen müssen mindestens den gemäß Prüfungsart 4 in DIN 12980 beschriebenen Umfang haben, was nach dem "berufsgenossenschaftlich und behördlich anerkannten Verfahren" auch für Werkbänke nach DIN 12950 Teil 10 oder nach GS-GES 04 (3/94) gilt. Je nach Typ und Größe der Werkbank nehmen die Prüfungen mindestens 4 bis 8 Stunden in Anspruch. Wesentlich kürzere Prüfungen lassen Zweifel an der notwendigen Vollständigkeit der Prüfung aufkommen [30].
Das anerkannte Verfahren führt als Überprüfungsbefugten den "Sachkundigen" auf. Dabei handelt es sich z.B. um Techniker der Herstellerfirma. Die Bezeichnung "Sachkundiger" ist keine geschützte Bezeichnung und setzt keine bestimmte Ausbildung voraus. Im Interesse des Betreibers sollten alle Überprüfungen möglichst von unabhängigen Sachverständigen durchgeführt werden.

Zu 4.7 Sicherheitsmängel der Werkbank

Zu 4.8 Dokumentation

Technische Schutzmaßnahmen/ Persönliche Schutzausrüstung

Zu 5.1 Schutzausrüstung

Zu 5.2 Arbeitsunterlagen

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