Arzneimittel und Therapie

Neuer Therapieansatz durch Androgenrezeptorblockade

Durch die Behandlung mit dem Antiandrogen Flutamid konnte die Überlebenszeit von Patienten mit einem Pankreaskarzinom verdoppelt werden. Dieses Ergebnis bekräftigt die Vermutung, daß Testosteron das Wachstum eines Pankreaskarzinoms beschleunigt.


Das Pankreaskarzinom gehört zu den Tumorarten mit sehr schlechter Prognose. Die meisten Patienten sterben innerhalb von sechs Monaten nach der Diagnose, eine Überlebenszeit von mehr als zwölf Monaten ist selten. Möglicherweise spielt Testosteron eine wichtige Rolle beim Wachstum eines Pankreaskarzinoms. Im malignen Gewebe der Bauchspeicheldrüse finden sich Androgenrezeptoren sowie die Enzyme Aromatase und 5-Alpha-Reduktase, welche Testosteron entweder in Östradiol oder 5-Alpha-Dihydrotestosteron umwandeln. Im Tierversuch konnte bereits gezeigt werden, daß Testosteron das Tumorwachstum eines Adenokarzinoms der Bauchspeicheldrüse forciert und umgekehrt ein Antiandrogen das Tumorwachstum verlangsamt. In einer englischen Studie wurde nun untersucht, ob die Androgenrezeptorblockade auch das Tumorwachstum beim Menschen beeinflussen kann.

Studie mit 49 Patienten


An der doppelblinden, prospektiven, randomisierten und plazebokontrollierten Studie nahmen 49 Patienten (26 Männer und 23 Frauen im Durchschnittsalter von 68 Jahren) mit einem klinisch diagnostizierten Pankreaskarzinom teil. 24 Patienten wurden mit dem Androgenrezeptorblocker Flutamid (3mal täglich 250 mg) behandelt, die 25 Teilnehmer der Vergleichsgruppe erhielten ein Plazebo. Das Hauptkriterium der Studie war die Überlebenszeit, ferner wurden die unerwünschten Wirkungen der Therapie festgehalten.

Deutlich längere Überlebenszeit durch Flutamid


In verschiedenen statistischen Analysen wurde die Überlebenszeit der Studienteilnehmer ermittelt. Eine Analyse aller Patientendaten zeigte, daß nach sechs Monaten vierzehn Patienten der Flutamid- und zehn der Plazebogruppe noch lebten. Nach Ablauf eines Jahres waren noch acht Patienten der Flutamid- und ein Patient der Plazebogruppe am Leben. In einer weiteren Analyse wurden die Patienten ausgeschlossen, die aufgrund ihrer schnell fortschreitenden Krankheit weniger als sechs Wochen behandelt worden waren. Diese Auswertung ergab, daß nach sechs Monaten noch 88% der Flutamid- und 50% der Plazebogruppe; nach einem Jahr noch 50% der Flutamid- und 5% der Plazebogruppe lebten.
Die mittlere Überlebenszeit betrug für alle Patienten der Flutamidgruppe acht Monate, für die Patienten der Plazebogruppe vier Monate. Schließt man hier wiederum die Patienten aus, die weniger als sechs Wochen behandelt worden waren, so lag die mittlere Überlebenszeit nach einer Flutamidbehandlung bei zwölf Monaten, nach einer Plazebotherapie bei fünf Monaten.
Unter der Flutamidgabe traten leichte gastrointestinale Störungen und Brustbeschwerden bei einigen Männern auf. Diese unerwünschten Wirkungen waren indes gering und beeinträchtigten die Patienten nur minimal. Gerade bei Erkrankungen mit schlechter Prognose sind Therapiekonzepte, die die Lebensqualität des Patienten nur geringfügig beeinträchtigen, besonders wichtig.
Literatur
Greenway, B.: Effect of flutamide on survival in patients with pancreatic cancer: results of a prospective, randomised, double blind, placebo controlled trial. Br. Med. J. 316, 1935-1938 (1998).
Dr. Petra Jungmayr, Esslingen

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