Feuilleton

Die schönsten Naturfotografien der Welt


Grund genug, das Foto mit der gesellschaftskritischen Botschaft und 84 weitere von insgesamt über 20000 Bildern aus 68 Ländern auf Wanderschaft zu schicken. Dank einer Initiative der Zeitschrift "natur" und dem Sponsoring der Bayer AG, Geschäftsbereich Pflanzenschutz, ist die Wanderausstellung noch bis zum 30.September im Museum für Naturkunde in Chemnitz zu sehen. Eine Auswahl von etwa 50Motiven aus 15Kategorien soll für die Schönheit der Natur sensibilisieren und gleichermaßen auf ihre Bedrohung durch die Menschen hinweisen.
Tapani Räsänen aus Finnland wurde zum "Naturfotograf des Jahres 1997" gekürt. Der Berufsfotograf beobachtet und fotografiert seit elf Jahren Seeschwalben. Eigentlich verstößt sein preisgekrönter Schnappschuß eines fischenden Vogels gegen die goldenen Regeln seiner "Zunft": Das Gegenlicht der Abendsonne verwandelt die winzigen Wassertropfen in "flüssiges Gold", aus dem sich die Konturen der auffliegenden Seeschwalbe kontrastreich hervorheben.
Auch David B. Fleetham, dessen Aufnahme in der Kategorie "Bedrohte Wildnis" "lobend erwähnt" wurde, dokumentierte mit der Kamera eine Begegnung mit der Natur, wie sie das menschliche Euge so intensiv und nachhaltig wohl kaum wahrnehmen kann. Anders als sein finnischer Kollege blieb der Kanadier indessen nicht in sicherer Distanz. Von einem Schutzkäfig aus beobachtete und fotografierte er einen Weißen Hai so lange, bis dieser auf ihn zuschwamm und die Kamera in den Käfig zurückstieß.
Der Zufall setzte hingegen auf dem Porträt eines dösenden Kaimans, den André Bärtschi am Ufer des Rio Távara in Peru beobachtete, einen kuriosen Akzent: Plötzlich ließ sich ein farbenprächtiger Falter auf dem Kopf der Panzerechse nieder, um an der salzigen Tränenflüssigkeit zu nippen. Die blumenpflückende Vervetmeerkatze, der Heinrich van den Berg in den Mangrovensümpfen der Ostküste von Südafrika begegnete, erinnert hingegen ein wenig an menschliche Gewohnheiten.
Außer dramatischen und kuriosen Momentaufnahmen zeigt die sehr sehenswerte Schau auch Einblicke in die "Intimsphäre" der Natur. Nicht der aufdringliche Voyeurismus von "Paparazzi", sondern Respekt vor den Objekten, das intensive Studium ihrer Lebensgewohnheiten sowie eine beinahe unerschöpfliche Geduld spiegeln sich in diesen Motiven wider. David N. Olsen beispielsweise beobachtete am Großen Salzsee in Utah drei Monate lang die Tierwelt. Dabei gelang ihm unter anderem eine Aufnahme vom zärtlichen Spiel zweier Fuchswelpen.
Auch Fotos mit floralen Motiven und Landschaften wurden an die Jury eingesandt. Mancher Fotograf entdeckte ihre Ästhetik eher zufällig auf der "Jagd" nach Tieren. Jan Vermeer etwa hatte auf einer Expedition in Guyana ursprünglich auf Riesenottern gewartet - und fotografierte die fragile Blüte einer Victoria amazonica, deren Konturen sich im trüben Wasser eines Teichs spiegeln.
Auch Aufnahmen von farbenprächtigen und bizarren Lebewesen aus der tropischen Unterwasserwelt sind in der Ausstellung präsent. Außer einem sensiblen Blick für Motive müssen die Fotografen sich zuweilen manche technische Raffinesse einfallen lassen, damit die Kunstwerke der Natur auf dem Foto im rechten Licht erscheinen. Manfred Pfefferle gelang die Aufnahme einer nachtaktiven Röhrenkoralle, weil sie durch das Dämmerlicht 49Meter unter dem Wasserspiegel des Roten Meeres getäuscht wurde. Jedesmal nach dem Auslösen des Blitzgeräts mußte der Fotograf freilich ein Weilchen warten, bis das Tier seine Fangarme wieder ausbreitete. Eine nervenaufreibende Prozedur, die ebenfalls mit einer "lobenden Erwähnung" belohnt wurde.
Geöffnet dienstags bis freitags von 9.00 bis 12.00 Uhr und 14.00 bis 17.00 Uhr, mittwochs bis 19.30 Uhr. Samstags, sonntags und feiertags durchgehend von 11.00 bis 17.00 Uhr.
Vom 16.Oktober bis zum 2.November wird die Ausstellung in Lünen, Galerie zum Hansesaal, und vom 14.Dezember 1998 bis zum 18.Januar 1999 in München, Forum der Technik im Deutschen Museum, Museumsinsel1, gezeigt.
Das Begleitbuch "Wildlife Photographer of the Year" enthält Farbreproduktionen von sämtlichen ausgezeichneten Aufnahmen und kann über die Buchhandlung des Deutschen Apotheker Verlags, Postfach 101061, 70009 Stuttgart, bezogen werden. 160 Seiten, 75DM. Reinhard Wylegalla

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